Dienstag, 5. Mai 2009

Was wäre, wenn ...

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Was wäre, wenn ich wüsste, dass ich nur noch einen Tag / eine Woche / ein Jahr zu leben hätte? Das war eine Frage, die ich vor vielen Jahren meinen Teilnehmer/Innen in einem VHS-Kurs in Berlin-Zehlendorf gestellt habe. Diese Frage war nicht meine Idee, sondern stammte aus einer der vielen Quellen, die ich zur Vorbereitung des denkwürdigen Kursthemas „Tod und Sterben“ gelesen hatte. Alle waren betroffen, ich selbst vielleicht mit am meisten, denn dieses Thema war „über mich gekommen“, ein Bekannter hatte mir wegen wichtiger anderer Termine seinen Kurs abgetreten.

Das ist lange her, es muss in den 80ger Jahren gewesen sein. Unsere damaligen Antworten kenne ich deshalb nicht mehr, diese Frage als Idee hat mich aber seither nicht mehr verlassen und kehrt von Zeit zu Zeit wieder zurück, fordert von mir Rechenschaft über das, was ich an Wichtigem aber auch an Träumen liegen gelassen habe. Was sollte ich davon noch verwirklichen, ehe es zerrinnt? Vielleicht bleiben mir ja noch Jahre, aber wer weiß, in welchem Zustand? (Alzheimer lässt grüßen, sollte es mich jemals „erwischen“, verstünde ich das als eine der schlimmsten Drohungen für mein Selbstwertgefühl, auch wenn Betroffene von einer bestimmten Stufe an wohl nicht mehr realisieren, was mit ihnen los ist und dann nicht mehr unter diesen Veränderungen leiden.)

Wenn mich manchmal eher trübsinnige Gedanken aufsuchen, hilft mir die Frage weiter, Ideen für Treffen mit meinen Verwandten und Freunden zu entwickeln und etwas Kreatives zu tun, ebenso etwas zu lesen und dazuzulernen. Mein Blog ist da ein sehr hilfreiches Mittel.

Beim Nachdenken über das Thema fällt mir auch wieder ein, wem ich besondere Anregungen zu meinem Kurs zu verdanken hatte. Es ist der von mir hoch geschätzte Horst-Eberhard Richter, der seinerzeit in seinem Buch „Sich der Krise stellen“ (1981, rororo7453) „Vom Umgang mit der Angst“ schreibt und deutlich macht, dass „Sterbeangst in Wirklichkeit eine Art von Lebensunfähigkeit“ darstellt, primär „eine Angst vor dem Leben selbst oder, genauer, vor der Leere eines Lebens, dem man den Sinn entzogen hat“, sei (S. 141 und 142).

Was kann die Eingangsfrage also besser bezwecken, als Sinn zu suchen und zu verwirklichen! Er liegt bei den Mitmenschen buchstäblich vor den Füßen!

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