Montag, 25. Dezember 2017

Weihnachtsgrüße 2017

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Einen herzlichen Weihnachtsgruß an alle Leserinnen und Leser meines blogs!


Ich habe darüber nachgedacht, was für mich die drei Kernaussagen von Weihnachten sind und möchte sie hier vorstellen:

1.

Im Lukas-Evangelium singen die Engel auf dem Felde bei den Hirten
"Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens."

Mögen sich Theologen über die Auslegung der Worte "seines Wohlgefallens" streiten, ob da nur eine Auswahl von besonders "braven" Menschen gemeint ist - für mich ist dies die Verheißung von Frieden unter allen Menschen auf Erden ohne jeglichen Ausschluss, ein Grundrecht für alle Lebenden auf diesem Planeten ohne jedes "wenn und aber". Eine Erfüllung der Sehnsucht der überwältigenden Mehrheit der Menschheit und ein Aufruf an alle Kriegsparteien, eine friedliche Lösung ihrer Konflikte zu suchen und statt der Vernichtung von Leben und Gütern ihre Kräfte auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen zu richten.

2.

Die Hirten eilen zum Jesuskind und beten es an.

Diese ganze Geschichte spielt sich unter den Ärmsten der Armen ab. Die Bedingungen der Geburt Jesu sind armselig, ja erbärmlich, seine Eltern werden wie Obdachlose behandelt. Und Hirten in der damaligen Zeit gehörten nach meinem Wissen ebenfalls zur ärmsten Bevölkerungsgruppe mit den schlechtesten Arbeits- und Lebensbedingungen, die "outcasts" der damaligen Zeit.  Sie sind die Helden der Weihnachtsgeschichte, nicht die Reichen und Mächtigen! Diese haben sich erst später in der Geschichte des Christentums der Religion bemächtigt und sie zu ihren Gunsten zu nutzen versucht (und oft auch verstanden...). Ist dies nicht eine zwar gewaltfreie, aber dennoch revolutionäre  Ansicht über die  wahren Träger des Weltgeschehens?

3.

Maria und Josef müssen mit Jesus nach Ägypten fliehen, weil König Herodes um seine Macht fürchtet und den vermeintlichen Nebenbuhler töten will.

Jesus ist der erste Migrant in der Geschichte des Christentums! Demzufolge ist eine grundlegende Forderung des Christentums, Menschen in seiner Situation zu helfen und ihnen Lebenschancen einzuräumen! Hätten das die Ägypter seinerzeit nicht getan, gäbe es heute kein Christentum!

Darum ist es für mich heute fast eine Blasphemie, wenn  Menschen in Europa Flüchtlingen unter Berufung auf die "Bewahrung des christlichen Abendlandes" den Zutritt verwehren wollen und ein angeblich so durch und durch christliches (katholisches) Land wie Polen keinerlei Flüchtlinge aufnehmen will! Haben die Mächtigen in diesem Land wirklich die Bibel richtig gelesen oder haben sie sich eine Sonderausgabe geschaffen, in der unangenehme Wahrheiten  nur geschwärzt vorkommen? Papst Franziskus hat in seiner diesjährigen Weihnachtsansprache einen besseren Umgang mit Flüchtlingen angemahnt. Ich bin nicht katholisch, aber diesen Papst finde ich bewunderungswürdig wegen seines nicht erlahmenden Einsatzes für Frieden und Gerechtigkeit auf dieser Welt. Und dies trotz riesiger Widerstände und offensichtlich zum großen Missfallen z.B. eines erheblichen Teils des konservativen polnischen Klerus. Hoffentlich hat Franziskus noch lange die Kraft dafür!

Sonntag, 17. Dezember 2017

Wehmütige Gedanken an Polen, II. Teil

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Am 15.12.17 habe ich an dieser Stelle bereits "wehmütige Gedanken an Polen" veröffentlicht. Heute noch eine ganz wichtige Ergänzung, die ich bei meinen ersten Ausführungen ausgeblendet hatte: Zwanzig Jahre lang nach der Wende habe ich an einer Fachschule unterrichtet, deren Namensgeber Janusz Korczak ist! Ein ganz wesentlicher Abschnitt in meinem Leben! Allerdings verbinde ich mit seinem Namen zuerst Begriffe wie "jüdischer Pädagoge und Schriftsteller", "großer Reformpädagoge", "Heilpädagogik", "Waisenhaus mit Mitbestimmung der Kinder", "unsägliche Leiden der jüdischen Bevölkerung unter dem Nazi-Terror", "Treue bis in den Tod", erst dann "Polen" und "Warzawa", obwohl wir mit unserem Kollegium dort waren, alle einschlägigen Orte besucht haben und über eine liebe Kollegin polnischer Herkunft gute Kontakte zu einer Warschauer Hochschule pflegten.

Gut, wie dem auch sei! Jedenfalls ist dies für mich eine weitere starke Verbindung mit Polen und dessen Geschichte, mit der jüdischen Kultur und den ungewöhnlichen Persönlichkeiten, die sie hervorgebracht hat. Und ein unauslöschlicher Impuls, mich gegen jeglichen Antisemitismus und artverwandte Hasslehren gegenüber Minderheiten und gegen jegliche nazistische "Heilslehren" und überbordenden Nationalismus mit Abscheu zu wenden.  

Freitag, 15. Dezember 2017

Wehmütige Gedanken an Polen

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Wenn ich wieder einmal Nachrichten lese, in denen von Maßnahmen der jetzigen polnischen Regierung die Rede ist, ihre Herrschaftsansprüche im Inneren gegen alle bisherigen demokratischen Regeln für die Zukunft abzusichern und gleichzeitig Emotionen gegen die Zusammenarbeit, ja Freundschaft mit Deutschland zu schüren und eine neue "Eiszeit" vorzubereiten, bin ich im ersten Augenblick in einem Zustand ungläubigen Staunens über solche merkwürdigen und in meinen Augen unwürdigen Ereignisse. Und dann noch die Bilder von riesigen Aufmärschen von Rechtsradikalen in Warschau, an denen die Regierung nichts auszusetzen hat und damit ihre Akzeptanz eines solchen Gedankenguts zeigt:  Ich reagiere mit einer Mischung von Zorn und Trauer - und Wehmut.

Das ist eine Gefühlslage, die mich in letzter Zeit häufiger überkommt, wenn  ich die jetzige Welt mit ihren "bescheuerten" Auswüchsen (ich habe beim Nachdenken keinen besseren Begriff gefunden) sehe und mit derjenigen  in meiner Vergangenheit vergleiche. Diese war durchaus auch beängstigend und wahrscheinlich sogar bedrohlicher für uns Deutsche als heute, wenn ich noch an den "kalten Krieg" und die gegenseitige Atombedrohung denke (die aber noch immer nicht grundlegend abgebaut ist ... , vgl. meinen Beitrag v. 11.12.17). Aber es gab immer wieder und immer häufiger Lichtblicke in diesem Nebel, die eine Besserung verhießen - und auch brachten. Ich denke an Willy Brandts Kniefall vor dem Warschauer Ghetto-Denkmal, die beginnende Annäherung zwischen den Blöcken und die friedliche Revolution in der DDR. Gewaltig! Und Hoffnung machend! Das ist jetzt aber eine Weile her und z. Zt. erlebe ich eher ein "Rollback" in verfahrene Weltenlagen - auf jeder Ebene. Deprimierend! Daher in Erinnerung an frühere Aufbruchstimmungen die Wehmut...

Meine Wehmut gegenüber der Lage in Polen hat dabei eine lange Vorgeschichte. [Wenn ich jetzt polnische Ortsnamen in "deutscher" Umschreibung benenne, so hat dies lediglich etwas mit meiner Bequemlichkeit und Vergesslichkeit zu tun. Ich muss nirgendwo nachgucken, ob ich die für mich oft nicht ganz einfache korrekte polnische Schreibweise getroffen habe, die ich mir vielleicht nicht richtig eingeprägt habe. Ich weiß aber durchaus, dass "Posen" richtig "Poznan" heißt und "Krakau" "Krakow"!] Sie beginnt mit den immer wiederkehrenden Berichten meiner Mutter (vielleicht versuchte sie auf diese Weise, ihre damalige Traumatisierung abzuarbeiten ...) von ihrer Flucht 1945 mit meinen beiden Brüdern und ihren Eltern aus dem damaligen Landsberg a.d. Warthe (heute Gorzow W.) auf großen Umwegen bis hin nach Berlin. Ergänzt wurde das meistens durch die Erwähnung, dass ihre Mutter im damaligen Meseritz geboren sei und deren Vater "Kastellan" in einem großen Gericht in Posen gewesen war. Dies ergänzte sie, mit leuchtenden Augen, durch ihren Bericht von einem Besuch bei Onkel und Tante im damaligen Drossen, nicht weit von Frankfurt/O. auf der anderen Seite der Oder in der sog. "Neumark" gelegen. Der Onkel leitete eine Art von Musikkapelle, für die er "Lehrlinge" ausbildete. So etwas dürfte es heute nicht mehr geben! Drossen grenzt an einen kleinen See, in dem meine Mutter gerne badete und sich einmal bei einem Gewitter aus dem Wasser retten musste, wie sie immer ausführlich erzählte. In diesem See habe ich jetzt auch gebadet! Dort liegt nämlich eine "Pension" bzw. ein Schönheits-  und Wellness-Hotel, das meine Frau entdeckt hat und gerne besucht, wenn sie einmal zwei oder drei Tage "familienfrei" hat!

Das alles berichtete meine Mutter stets ohne alles Ressentiment und im Bewusstsein, dass diese Landstriche nie wieder zu Deutschland gehören würden. Sie wollte nicht einmal mehr eine Besuchsreise dorthin machen, was sie im hohen Alter nach der Wende durchaus noch hätte tun können. Diesen Besuch hat ihr mein älterer Bruder abgenommen, 1939 in Landsberg geboren und offensichtlich mit großem Interesse an den Orten seiner frühen Kindheit. Er erkundete Ende der 60-er Jahre, dass es an der Universität Hamburg einen "Arbeitskreis Polen" gab, der jedes Jahr eine Busreise nach Polen unternahm. Voller Begeisterung berichtete er davon nach seiner Rückkehr; ich habe dann in den folgenden drei Jahren auch immer mitgemacht. Die Route führte durch alle großen polnischen Städte - und immer auch nach Auschwitz. Bewundert habe ich die polnische Aufbauleistung nach dem Krieg, besonders den entbehrungsreichen Wiederaufbau der historischen Innenstädte von Warschau und Danzig, auch in Breslau, unbehelligt davon, wer früher einmal hier "Besitzer" war. Wir wurden überall freundlich und offen empfangen und spürten kaum Vorbehalte uns gegenüber. Bezeichnend dafür war Tadeusz, bereits im Rentenalter, den mein Bruder bei seinem ersten Besuch in Warzawa kennengelernt hatte. Er zeigte uns die Gedenkstätten in der Stadt, wusste aber strickt zu unterscheiden zwischen den fürchterlichen "Hitlerowski" und uns deutschen Freunden, die er zu sich in seine Wohnung hoch oben in einem Hochhaus direkt gegenüber dem Kulturpalast einlud. Für die Stimmungslage in Polen sprachen auch unsere Reiseerfahrungen: Die Grenzkontrollen beim Übergang durch die DDR waren eine Tortur, wir durften ja noch nicht einmal aus dem Bus heraus und wurden peinlich genau überprüft. Welch ein Aufatmen, wenn wir dann den polnischen Grenzpunkt erreichten! Hier wurde nicht mehr "gepingelt" und wir durften uns auch die Füße vertreten. Eine ganz andere Welt! Klar, es gab in Polen politisch sehr schwierige Zeiten und wir haben - solidarisch mit der Solidarnosc! - um einen guten Ausgang gebangt, aber nach der Wende taten sich dann noch weitere, ganz einfache Möglichkeiten auf, vom kleinen Grenzverkehr bis hin zu Ferienreisen nach Polen.

Verstärkt hat dies alles, dass auch die Verwandten meiner Frau väterlicherseits Flüchtlinge wie meine Eltern nach 1945 sind, ebenfalls aus der Neumark, nur nicht wie in meinem Fall in Schleswig-Holstein "gelandet", sondern in Frankfurt/O. und Umgebung. Wir haben die alten "Familien"-Orte jenseits der Oder mehrfach besucht, waren ebenso in dem wunderschönen Lagow und haben auch größere Reisen nach Krakow und an die Masurischen Seen gemacht, alles ganz selbstverständlich, in einer freundlichen Atmosphäre. Wenn ich in meinen Erinnerungen "krame", fällt mir eine ähnliche Leichtigkeit nur ein, wenn ich an Reisen und Besuche in Holland oder Dänemark denke.

Diese langjährige Selbstverständlichkeit  erscheint jetzt in Frage gestellt, deshalb meine Traurigkeit, mein Kummer. Wissen eigentlich die Herrschenden in Polen, was sie ihrer Bevölkerung und den Menschen in Europa antun? Fühlen sie sich für die Pflege solcher gewachsenen Strukturen nicht verantwortlich? Was gewinnen sie stattdessen - wirklich oder vermeintlich?

Am 17.12.17 habe ich eine Ergänzung zu diesem Text hinzugefügt!

  

Montag, 11. Dezember 2017

Zorn und Scham angesichts der diesjährigen Verleihung des Friedensnobelpreises

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ICAN, die Internationale Kampagne zur Abschaffung von Atomwaffen, hat den diesjährigen Friedensnobelpreis verliehen bekommen! Eine wunderbare Wahl, angesichts der weiterhin schwerwiegenden, ja überlebenslebensgefährdenden Bedrohung des gesamten Lebens auf der Erde!!

Mich packt aber der Zorn, mit welcher Gleichgültigkeit die "besitzenden" Atommächte nicht nur die vorliegenden internationalen Verträge nicht unterzeichnen, sondern auch noch diese unbequeme Verleihung durch Protest und Nichtachtung auszuhebeln suchen.

Und ich schäme mich, dass Deutschland, d.h. seine offiziellen Repräsentanten, sich diesem Boykott des UN-Vertrags zum Verbot von Atomwaffen angeschlossen hat.