Sonntag, 23. Juli 2017

Plauderei in Echtzeit

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Heute war ich sehr fleißig. Ich habe mir unerledigte Post und unbeantwortete Emails vorgenommen und war anschließend stolz auf mich, so viel abgearbeitet zu haben. Und hatte die Hoffnung auf eine Verschnaufpause und eine Weile Ruhe. Weit gefehlt! Als ich mein Email-Fach etwas später wieder aufmachte, hatte ich bereits mehrere Antworten erhalten, immer verbunden mit der Aufforderung, etwas zu bearbeiten und zu reagieren.

Das ist ja fast wie "ping-pong" und zwingt zu ständiger Reaktion, wenn man nicht ein Spielverderber ist und aus diesem Kreislauf aussteigt und Emails erst nach einer Woche beantwortet. Und das kann schiefgehen! Da hat mir die Referentin eines sehr anregenden Vortrags ihre Power-Point-Präsentation über einen besonderen Webseiten-Dienst per Link zugänglich gemacht. Als ich mir das in Ruhe angucken wollte, musste ich feststellen, dass ihre Präsentation nur 10 Tage zugänglich gewesen und bereits wieder gelöscht worden war. Wie einfach waren da noch die altmodischen  Zeiten mit den Briefen in unbegrenzter Haltbarkeit...

Ich finde das Tempo, das auf diese Weise allen per Email Kommunizierenden abverlangt wird, beängstigend und überfordernd auf meine alten Tage. Wahrscheinlich ist es auch dieses Erleben, was viele Menschen heute über die enorme Arbeitszeitverdichtung klagen lässt.

Dazu  habe ich vor Kurzem einmal die folgende "Geschichte" erzählt bekommen, ich weiß nicht mehr genau von wem und wann, aber sie ging in etwa so: Jemand schreibt an eine Firma/Institution einen Brief und bringt ihn zum Briefkasten. Wenn es noch rechtzeitig war, leert die Post den Kasten noch am selben Tag und stellt den Brief am Folgetag zu, sonst dauert es eben einen Tag länger. In der Firma/Institution verteilt die Poststelle die Briefe an die einzelnen Büros. Dort angekommen, wird der Brief von der zuständigen Sekretärin geöffnet und in die Postmappe ihres Chefs gelegt. Spätestens am nächsten Tag blättert dieser die neuen Unterlagen durch, macht sich vielleicht ein paar Notizen, gibt dann entweder den Brief zur weiteren Bearbeitung an einen anderen Mitarbeiter weiter oder denkt selbst noch einmal in Ruhe über eine Antwort nach. Am nächsten Tag diktiert er diese seiner Sekretärin, die ihn dann abschreibt und am Abend zur Poststelle weiterreicht. Diese versendet den Brief am Folgetag und einen  weiteren Tag später hat der Anfragende die Antwort in seinem Briefkasten. Ich habe etwas den Überblick verloren, aber alles in allem könnte schon eine Woche verstrichen sein - und vielleicht ist das sogar ein gutes Tempo! Wenns ganz eilig gehen soll, wird statt eines Briefes vielleicht ein Telegramm geschickt, aber viel mehr Einsparmöglichkeiten gibt es nicht.

Himmel, waren das noch gemütliche Zeiten... Nach heutigem Maßstab wahrscheinlich völlig unrentabel - aber nervenschonend! Und früher hat es meistens auch geklappt... Gut, dass ich mittlerweile Rentner bin, aber auch mich erwischt der neue Zeitgeist s.o.! 

Donnerstag, 13. Juli 2017

"Ich hasse nicht zurück"

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Nach den eher traurig und pessimistisch stimmenden Einträgen der letzten Tage möchte ich heute ein ganz kurzes Zitat bringen: aufbauend, erhellend und ein Geschenk für alle, die einen konstruktiven Dialog mit anderen Menschen wünschen und eingehen wollen:


"Wissen Sie, ich hasse einfach nicht zurück ..."
Gregor Gysi

Dieses erfrischende, witzige und menschenfreundliche Zitat verdanke ich der Buchbesprechung von Erich Ruhl im Publik-Forum 1/2016 über das Buch

Stephan Hebel: Gregor Gysi - Ausstieg links? Eine Bilanz. Westend-Vlg.

Mittwoch, 12. Juli 2017

Die Türkei, ein Land, dessen Demokratie im Sterben liegt

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Gestern war ein Themenabend in Arte über die Türkei unter Erdogan.

Was soll man über ihn sagen? In der Weltgeschichte und in der Gegenwart gab und gibt es zahlreiche Herrscher, die einem Psychiatrie-Lehrbuch "entsprungen" sein könnten. Über seinen ausgeprägten Narzissmus wird es sicherlich schon einige Studien geben, sonst muss man sich nur den Palast ansehen, den er sich hat erbauen lassen (in der Tradition der Pharaonen und ihrer Pyramiden). Schlimmer finde ich aber auch wieder in seinem Fall, wie ein großer Teil der Bevölkerung auf ihn reagiert, so dass er als "Rattenfänger" Menschen um sich scharen kann, die ihren Verstand ausschalten, ihm bedingungslos folgen und dabei Andersdenkende in größte Gefahr bringen. Wieder ein Beleg für "Dummheit" als prägendes Element in der Menschheitsgeschichte...

Im Abspann eines der Filme kam die bemerkenswerte Feststellung:

Die Türkei, ein Land, dessen Demokratie im Sterben liegt

Peter Härtling ist tot

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Am Montag ist Peter Härtling im 84. Lebensjahr gestorben.

Ich kenne ihn am meisten durch seine wunderbaren Kinderbücher ("Das war der Hirbel", "Ben liebt Anna", "Krücke", "Sofie macht Geschichten", "Alter John" und wie sie alle heißen). In einer unnachahmlichen Weise in schlichter, dabei sehr genauer Sprache schildert er darin Kinder in Situationen, die existentiell geprägt sind: Behinderung, erste Liebe, Hilfe durch Menschen in ungewöhnlichen Lebensumständen, "auffällige" Kinder, Sterben und Tod naher Menschen. Nie mit einem Zeigefinger oder erkennbarem pädagogischen Programm. Die Geschichten sprechen für sich.

Ich weiß, dass dies nur eine Seite seines Schaffens war. Allerdings habe ich Anderes nur wenig gelesen. Mit einer Ausnahme: "Nachgetragene Liebe", der Versuch von Peter Härtling, seinem schon lange verstorbenen Vater nahe zu kommen, indem er entscheidende Lebenssituationen von ihm nachzuvollziehen sucht. Ebenfalls ein wunderbares Buch, das mir sehr geholfen hat, meine eigene Vatergeschichte zu klären und meine guten Gefühle meinem Vater gegenüber zu entdecken. Danke, lieber Peter Härtling!

In den "Pantheon" berühmter Geister ist Peter Härtling sicherlich schon aufgenommen und wird in ihm bleiben, solange er Menschen im Gedächtnis ist. Ich wünsche ihm eine lange Zeit dort, er hat es verdient!! Was ich aber wirklich traurig finde, ist, dass mich mit ihm ein weiterer "Lebensbegleiter" und Zeitgenosse verlassen hat, der irgendwie mein Erleben und Denken stets mitgeprägt hat. Es wird langsam einsamer um mich und ich muss mir vergegenwärtigen, dass ich nicht mehr "jugendfrisch" bin... Gleichzeitig: Solche alten "Bekannten" wir Peter Härtling sind mir vertraut und ich habe einen unmittelbaren Zugang zu ihren Werken und Aussagen. Bei vielen Heutigen fremdele ich dagegen und halte Abstand zu ihnen, falls ich sie überhaupt kenne. 

Montag, 10. Juli 2017

Agents provocateurs in Hamburg?



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Krawalle in Hamburg: Die Autonomen als Helfenshelfer der Reaktion?

Für eine „Plauderei“, wie ich sie als Neuerung in meinem Programm seit dem 8.7.17 führen möchte, ist das Thema zu ernst. Ich möchte aber meinem Zorn – und meiner Ratlosigkeit Ausdruck verleihen, was den G 20 – Gipfel und die gewalttätigen Auseinandersetzungen dort betrifft.

Meinen Zorn darüber, wie es die – im Vergleich zur Gesamtzahl der Demonstranten – relativ geringe Zahl von sog. „Autonomen“ geschafft hat, durch ihre Aktionen die gesamte öffentliche Aufmerksamkeit und Ablehnung auf sich zu ziehen und die Zeitungen und Nachrichtensendungen zu füllen.

Das Anliegen aller anderen Gruppierungen kam dadurch überhaupt nicht mehr zum Tragen und wurde auch völlig in der öffentlichen Meinung diskreditiert. Der Rabatz der Autonomen färbte alle Wahrnehmungen ein und ließ sicherlich nur noch bei wenigen besser informierten Zeitgenossen Raum dafür, Argumente abzuwägen und Kritik zu bedenken. Es gab ja schon Äußerungen in Zeitungen, dies alles mit „Terror“ zu vergleichen. Wenn dieser Begriff erst einmal gefallen ist, gibt es danach keinerlei Spielraum mehr für sachliche Argumente.

Was waren da alles für Potentaten in Hamburg vertreten, die uns alle das Fürchten lehren könnten, Trump und Erdogan an vorderster Front, aber sicherlich nicht sie allein! Wie sehr werden soziale Spannungen in aller Welt übergetüncht, wie wenig (bis keine) Kritik und Steuerung wird der Herrschaft des Geldes entgegengesetzt! Wie wenig wird Krieg und Atombewaffnung geächtet und Waffenhandel unterbunden! Das ist meine kurze Schlagwortsammlung für berechtigte Kritik, die andere Demonstranten  nach Hamburg geführt hat. Und deshalb mein Zorn, weil diese Kritik durch die Krawalle in der Öffentlichkeit nicht mehr angekommen sind und, wie gesagt, nachhaltig diskreditiert wurden. Alle in einen Topf …

Und jetzt meine Ratlosigkeit: Was soll das alles? Hat das überhaupt noch einen politischen Hintergrund, wenn marodierende Grüppchen durch die Stadt ziehen? Vielleicht gibt es einen „Racherausch“ und befriedigende Machtgefühle angesichts der erheblichen  Wirkungen  solcher Taten, aber aus einem politischen Kalkül heraus? Oder muss ich wieder einen meiner „Lieblingsbegriffe“ anwenden und die riesengroße Dummheit hinter diesem Verhalten anmerken, die zu völlig anderen Resultaten führt als vielleicht am Anfang einmal theoretisch benannt? Die sozialpsychologische Wirkung solcher “Taten“ könnte man wahrscheinlich in jedem einschlägigen psychologischen Lehrbuch vorab nachlesen, das zu leugnen bedarf schon  einer großen Portion Einfalt (und die Autonomen sind doch wohl in ihrer Eigenwahrnehmung intelligente Menschen …).

Da bleibt dann für mich fast nur noch ein Erklärungsmodell, denn Menschen handeln immer zielgerichtet und verfolgen Absichten/Interessen mit ihrem Verhalten: Wenn man das Pferd vom Schwanz her aufzäumt, kann man erkennen, wem das ganze „Theater“ nützt: Der „Reaktion“ bzw. all den Kreisen, die ein erhebliches Interesse daran haben, die Kritik am G20 – Gipfel beiseite zu wischen und Argumente dafür zu gewinnen, Überwachung und Restriktionen in unserem Land noch mehr zu verschärfen. Die ersten Politiker haben sich schon in diesem Sinne in Position gebracht und der Wahlkampf für die Bundestagswahl rollt an. Für alle, denen unsere bürgerlichen Freiheiten immer noch zu weit gehen, war dies eine „Steilvorlage“!! Also: waren agents provocateurs in Hamburg beteiligt? Und wer hat diese Leute „gesponsert“? Wenn man so mitkriegt, wie Geheimdienste in den verschiedensten Ländern und Gremien „mitmischen“, wäre so eine Fremdsteuerung ja kaum noch verwunderlich.

In Medien habe ich solche bösen Fragen bisher noch nicht gelesen. Aber so ungewöhnlich bin ich in meinen Gedanken sonst eigentlich nicht, vielleicht haben ja auch andere schon ähnlich gedacht. Vorbeugen möchte ich aber dem Vorwurf, ich mischte jetzt bei den „Verschwörungstheoretikern“ mit, denn üblicherweise verschleiern diese die realen Machtverhältnisse, während ich sie gern erkennen würde.

Samstag, 8. Juli 2017

Plauderei am 8.7.2017: Einkaufswagen bei ALDI

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Was für ein Thema! Aber soeben war ich mit meinem Sohn bei unserem üblichen Wochenendeinkauf. Wie gewohnt, mussten wir einen Augenblick vor dem Einkaufswagen-Parkplatz warten. Denn da brachte gerade jemand seinen Wagen zurück und holte sich sein Pfand. Dann gingen wir an den gerade zurückgegebenen Wagen, steckten unsererseit einen € als Pfand hinein und trollten uns in den Laden. Unzählige Male geschieht das an jedem Einkaufstag vor jedem beliebigen  Markt. Alle machen mit, keiner findet was daran, offensichtlich funktioniert es auch im Sinne der Ladenbesitzer, die keine fehlenden Wagen mehr im Umfeld zusammensuchen müssen.

Und trotzdem war es schon einmal anders, irgendwie kommunikativer und sozialer, es ist aber bestimmt schon zwanzig oder mehr Jahre her: Da nahmen die neuen Kunden nämlich ihren Vorgängern die Wagen ab, die diese zurückstellen wollten. In der Anfangszeit klappte es wohl sogar noch, dass dann auch Pfandmünzen oder Pfandmarken ausgetauscht wurden. Immerhin musste man dann einen anderen Menschen kurz ansehen, vielleicht auch einen Satz wechseln, im günstigsten Falle kurz anlächeln. Ob so oft statt des € dann nur ein wertloser Chip im Wagen war, dass keiner mehr seinem Vorgänger vertrauen und ihn durch eine eigene Münze auslösen mochte? Wer weiss, jedenfalls ist diese kleine Interaktion zwischen den Menschen mittlerweile wegrationalisiert, ersatzlos.    

"Plaudereien"

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Irgendwie läuft das immer wieder schief mit meinem blog: Einen kurzen Zeitraum über bin sehr aktiv, dann mache ich eine Pause, in der mein Themenreservoir und Zitatenvorrat so anschwillt, dass ich mich kaum an einen Neuanfang herantraue. Schade, finde ich selbst, denn Schreiben tut mir gut, klärt meinen Kopf und war schon immer das von allen Tätigkeiten, was ich am besten kann.

So habe ich mich entschlossen, meinen Anspruch an mich zu senken: Es muss nicht immer eine brillante Idee sein oder ein herausragendes Zitat. Mittelmaß genügt auch zur Not, wenn ich es dann, durchaus auch in kurzer Form, tatsächlich aufschreibe. Denn, ganz egoistisch: Schreiben tut mir gut! Diese Funktion sollen jetzt meine "Plaudereien" übernehmen. Mal sehen, wie lange ich das durchhalte ...