Dienstag, 29. Dezember 2009

Lieblingszitate LXXXX

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Von einer guten alten Freundin erhielt ich eine Grußkarte mit der Aussage von ERICH KÄSTNER, die betroffen macht, gleichzeitig aber auch direkt zum Jahreswechsel passt:


Bald trifft das Jahr der zwölfte Schlag.
Dann dröhnt das Erz und spricht:
"Das Jahr kennt seinen letzten Tag,
und du kennst deinen nicht."

ERICH KÄSTNER

Eine genauere Quellenangabe habe ich nicht.

Mittwoch, 23. Dezember 2009

Meine Weihnachtsgrüße

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Allen meinen Leserinnen und Lesern möchte ich die besten Grüße zu Weihnachten und zum Neuen Jahr senden!


Wem Weihnachten im christlichen Sinne etwas bedeutet, dem werden die Worte der Engel aus der Verkündigungsgeschichte dieses Fest immer wieder mit Leben erfüllen. Seitdem ich als junger Mann einmal die H-Moll-Messe von J. S. Bach mitgesungen habe, haben sie sich in mein Gehirn auf Latein eingegraben: Et in terra pax hominibus bonae voluntatis! Und durch die Geburt eines Kindes die Chance auf einen Neubeginn!


Allen, denen Weihnachten hingegen zwar noch ein geläufiger Brauch ist, jedoch entkleidet von religiösen Bedeutungen, mögen diese Tage aber - dies Ihnen als mein Wunsch! - möglichst durch das Zusammensein mit lieben Menschen doch noch einen besonderen Gehalt haben, nicht nur die Teilhabe am üblichen Konsumrausch und vielleicht noch die Erinnerung an (hoffentlich gute) eigene Kinderweihnachten! Daneben auch die Chance, das Jahr in Ruhe ausklingen zu lassen.


Ich kenne niemanden, den Weihnachten gar nicht berührt, sei es in positver als auch in negativer Weise. Mögen alle gut über diese Tage hinwegkommen!


Ich habe in den letzten Tagen nur wenig Gelegenheit gehabt, etwas für meinen blog zu schreiben. Denn es sind jetzt Ferien und meine ganze Familie ist beisammen, d.h. meine sonstigen „freien Vormittage“, an denen ich gerne etwas geschrieben habe, finden erst wieder nach Schulbeginn statt! Ich sammle aber Themen und Eindrücke und habe damit bereits viel Material für zukünftige Einträge!

Freitag, 18. Dezember 2009

Noch einmal "Einwanderer ins Internet"

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Am 2.12.2009 veröffentlichte ich hier meinen Leserbrief an das Publik-Forum mit dem Titel "Auch ich bin ein Einwanderer ins Internet". Er wurde dort in der Ausgabe 24/09 v. 18.12.09 in folgender gekürzter Version abgedruckt:

Digitaler Einwanderer

Ich bin kein "digital native". Durch mein Psychologie-Studium in den 70er- Jahren bin ich vorgeprägt von Erwartungen an ein gutes Gespräch, in dem im Sinne von C.R.Rogers Echtheit und Empathie einen Platz haben müssten. Mit einer ausufernden elektronischen Kommunikationsform ohne Mimik, Gestik und spürbare Gefühlsäußerungen verhungere ich emotional und fühle mich reduziert. Was für eine schizoide Welt! Sie wird aber wahrscheinlich immer stärker werden. Wie gut, dass auch Publik-Forum dagegenhält und immer wieder zeigt, welche lebenswerten Ziele und Bewegungen es auch unterhalb einer solchen glatten Kommunikationsoberfläche noch gibt!

Jürgen Lüder, Fürstenwalde

Lieblingszitate LXXXIX

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Dieses schöne Zitat sehe ich in unmittelbarem Zusammenhang mit meinem blog v. 12.12.09.


Wer den Nächsten
nicht findet,
verliert sich selbst.

KARL RAHNER


Gefunden als "Schlussstein" im Publik-Forum 24/09 v. 18.12.2009.

Lieblingszitate LXXXVIII

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Frisch „ausgepackt“ ein paar sprachlich lockere, dafür aber inhaltlich nachdenklich machende Zeilen, eine schöne Anregung auch zur Bewertung von Weihnachtsgeschenken!


gratis

meine kleidung muss ich bezahlen
meine schönheit nicht
für mein auto muss ich zahlen
für meine fähigkeit zu laufen nicht
bücher muss ich bezahlen
geschichten erfinde ich selbst
für das solarium bezahle ich
die sonne scheint gratis
ich bezahle parfum
die blumen duften kostenlos

das schönste im leben
ist immer geschenkt

Sabine Heuser

Gefunden in: Publik-Forum. Newsletter 8/2009 v. 27.11.2009 mit dem Verweis auf www.spiritletter.de

Samstag, 12. Dezember 2009

Mein soziales Korrektiv

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Irgendwie hatte ich mir mein Rentnerleben einfacher vorgestellt. Unser kleiner Sohn, behindert, ist nicht gerade „pflegeleicht“ und braucht besondere Aufmerksamkeit und Zuwendung, schon allein, um die ganze Schulsituation mit Fahrdienst etc. täglich hinzubekommen. Meine Frau, jünger als ich, geht weiterhin arbeiten. Da sie beruflich stark eingespannt ist, erhofft sie sich von mir Entlastung zu Hause (sehr berechtigt!) und Aufmerksamkeit. So ist bei uns immer etwas los, manchmal auch atemlos. Ich bin stets und ständig irgendwo eingebunden und gefordert.


Das hatte ich mir, wie gesagt, vor Jahren noch etwas lockerer vorgestellt, aber es hat auch viele gute Seiten, wenn ich mich mit manchen Menschen aus meinem Umfeld vergleiche! Bei einigen Älteren, Gleichaltrigen, manchmal aber sogar auch bei Jüngeren kann ich beobachten und auch direkt am eigenen Leibe erfahren, welche Auswirkungen das Fehlen solcher Einbindung haben kann. Hinzu kommt noch, dass Menschen meiner Altersgruppe zunehmend weniger flexibel sind, so dass bereits früher vorhandene Charaktermerkmale zunehmend „markanter“ hervortreten.


Ich habe schlicht und ergreifend meistens gar nicht die Zeit, mich als das Zentrum allen Geschehens auf dieser Welt zu begreifen, wie es bei einigen anderen „Exemplaren“ meines Zuschnitts aber verstärkt auftritt. (Wahrscheinlich ginge es mir unter anderen Lebensbedingungen sehr ähnlich. Ich bin da ganz bescheiden und will mich gar nicht über die anderen stellen, sondern nur meine Beobachtungen mitteilen, wenn auch aus Darstellungsgründen in ironischer Form.) Die von ihnen empfundene Mittelpunktstellung gebietet natürlich besondere Aufmerksamkeit und andere müssten sich eigentlich dementsprechend ehrerbietig darauf einlassen! Wer in einem solchen Königsreich herrscht, hat deshalb oft ein ausgesprochenes Redebedürfnis. Alle anderen sollen über große und kleine, manchmal auch kleinste Nachrichten ausführlich in Kenntnis gesetzt werden, ob es ihnen nun passt oder nicht. Natürlich gibt es unterschiedliche Regierungsformen. Für einige Könige gehört z.B. Recht zu haben dazu. Andere erleben die Welt als ungerecht ihnen gegenüber, fühlen sich sträflich vernachlässigt und beklagen, dass ihnen wichtige Unterstützungen vorenthalten werden. Sie sind also eher wehleidig oder anklagend. Allen gemeinsam ist, dass sie als Könige alles Geschehen bezogen auf sich selbst erleben, ihnen also ein sachbezogener Blickwinkel allmählich verloren geht. Verschärfend kommt oft noch hinzu, dass bei Menschen mit gelockerten sozialen Kontakten die Einsamkeit steigt und proportional zu ihr das Mitteilungsbedürfnis, wenn sich dann doch einmal eine Gelegenheit ergibt. Das kann dann auch sehr einseitig ausfallen, d.h. die Fähigkeit zum Zuhören nimmt evtl. umgekehrt proportional ab.


Anderen zuhören, ihnen durch Anteilnahme Zuwendung geben, auch etwas Heiterkeit verbreiten und eine gute Stimmung, aus der für alle Anwesenden etwas erwachsen könnte, sind dann natürlich nicht drin. Ebenso nicht die bei solchen erfreulichen Merkmalen auftretende selbst verstärkende Wirkung, durch die jemand mit einem guten Gefühl für sich selbst durch die Welt laufen könnte, ohne dass ihn stets und ständig jemand dafür loben muss. Menschen mit übergroßem Redebedürfnis werden vermutlich stattdessen eher Erlebnisse haben, die sie in dem Eindruck verstärken, dass andere ihnen nicht genügend zuhören mögen und sich von ihnen abkehren. Das ist natürlich bitter.


Paul Jakob ist mein soziales Korrektiv. Ich bin ihm dankbar dafür, auch wenn es gelegentlich knirscht …

Freitag, 11. Dezember 2009

Dinosauria X : Cool sein

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Als ich ein junger Mann war und Psychologie studierte , empfand ich es gleichzeitig als Befreiung, aber auch als schwierige Aufgabe, dass Männer im Rahmen von Selbsterfahrungsgruppen und gemäß anderer Ideen aus der Humanistischen Psychologie Gefühle haben (mussten) und auch zeigen durften. Ich hatte damit meine liebe Not, aber es tat mir offensichtlich gut. Später merkte ich, dass diese „Modernisierung des alten Männerbildes“ dennoch an den meisten Männern ziemlich wirkungslos vorbeigegangen zu sein schien; der „Macho“ war zwar nicht mehr so modern, über „Softies“ wurde aber allgemein eher gewitzelt. Da ich mich in jeder Weise untypisch fühlte, bin ich dann meinen eigenen Weg gegangen, habe versucht, mir meine Fähigkeit zur Empathie zu bewahren und gleichzeitig etwas mehr Durchsetzungskraft zu entwickeln (mit eher bescheidenen Erfolgen).


Heute hätte ich es als Junge wahrscheinlich wieder schwer. Abgesehen davon, dass es immer mehr zweifelhaft ist, ob junge Männer wirklich „das starke Geschlecht“ darstellen und es aufgrund der Schulabschlüsse sehr deutlich ist, dass auch in diesem Bereich Mädchen offenkundig erfolgreicher sind, dürfen Jungen heute – wie eh’ und je – keine Gefühle zeigen und sich nicht anmerken lassen, wie jämmerlich es ihnen manchmal gehen mag: „cool sein“ ist alles, garniert mit einem oft inflationärem „Scheiße!“ (dabei hat dieses Wort wirklich eine befreiende Wirkung, nutzt sich aber irgendwann auch ab!). Bloß keine Schwäche zeigen! Keine Verletztheit zugeben! Ich bin doch souverän! Mich kann keiner!


Welch mühsames Leben! Ich wünsche den jungen Leuten, nicht in dieser modischen Stimmung stecken bleiben zu müssen, die offensichtlich zu unserer jetzigen Jugendkultur dazugehört. Es ist so unbefriedigend, anstrengend, unecht und aussichtslos! Aber jeder muss wahrscheinlich seine eigenen Erfahrungen machen, um sich schließlich von irgendwelchem Gruppendruck emanzipieren zu können, seinen eigenen Stil zu finden und zu sich selbst stehen zu lernen.


Dieses Thema gehört zu den Beispielen, wo ich es sogar schöner finde, schon älter zu sein! Ich beneide die Jungen nicht um ihre Coolness, ohne Gefühle ist es so langweilig auf dieser Welt. Und deren ganzes Spektrum kann man ja nur kennen lernen, wenn man die Welt um sich herum mit offenen Augen ansehen darf und keine starre, „coole“ Brille aufsetzen muss. Aber die stimmt ja sowieso nicht, ist wahrscheinlich nur eine vorübergehende „Krücke“.

Lieblingszitate LXXXVII

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Beim Wiederfinden und Lesen hat mich dieses Zitat beeindruckt. Es steht in keinem besonderen Zusammenhang zu irgendeinem meiner derzeitigen Themen, es steht einfach so für sich, allerdings schon verbunden mit meiner mir immer wieder aufkeimenden Frage „Was bleibt?“.


FÜR IRGENDWAS

Die wirkliche Tragödie ist nicht, wenn das Schicksal einen Menschen zwingt, für irgendwas zu sterben. Die wahre Tragödie ist, wenn man nicht die Chance hat, für etwas zu leben, das man als groß, als echt und kostbar erkannt hat. Das ist das grausamste Schicksal. Und es ist in der Tat tödlich.

Sándor Márais

Gefunden in: AFET-Rundbrief, 4/2002

Donnerstag, 10. Dezember 2009

Wer im Glashaus sitzt ...

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Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen …


sagt das alte Sprichwort. Wer weiß, wen es noch trifft und welche Glasscherben dann neben dem Werfer herunterfallen könnten, unvermutet, unbeabsichtigt, aber scharf an den Kanten.


Zur Zeit hat es in erster Linie die Linken erwischt, ihnen gilt der besondere Groll politischer Gegner, denen alle Stasi-Enthüllungen irgendwie aber auch ganz gut zu pass kommen. Aber gibt es nur Linke in diesem Lande, speziell hier in Brandenburg, die davon betroffen sein können? Wie steht es mit all den anderen, die 1989 volljährig waren? Wie war es mit den sog. Blockparteien? Auch sie zeichneten sich eher durch Staatsnähe aus, schafften aber nach der Wende leichter den Übergang in neue, als unbelastet geltende und deutschlandweit anerkannte Gruppierungen als die PDS, der ewig der Ruch als „SED-Nachfolgepartei“ anhing. Gibt es also nicht auch in anderen Gruppierungen vielleicht noch Leute mit „Zeitbombencharakter“? Wenn ich an die Berichte der letzten Tage denke, reicht es ja schon aus, seinen Wehrdienst im Wachregiment „Feliks Dzierzynski“ des Ministeriums für Staatssicherheit abgeleistet zu haben, um seine politische Unschuld zu verlieren (Bericht in der MOZ v. 3.12.09 über einen Barnimer Abgeordneten). Das dürfte doch über all die Jahre hinweg eine ganz schön große Zahl von Männern gewesen sein … Trifft alle die Verdammnis?


Etwas Demut täte uns allen gut! Bert Brecht hat ein großes Gedicht „an die Nachgeborenen“ verfasst, in dem er die Folgegeneration um Nachsicht für ihre Vorfahren bittet, die so schwer gezeichnet von ihren Kämpfen sind und Fehler gemacht haben. Ich bin zwar kein „Nachgeborener“, aber durch meine „Wessi-Vergangenheit“ ähnlich davor bewahrt geblieben, Rückrat in der DDR zeigen zu müssen. Weiß ich, wie ich gehandelt hätte? In welche Zusammenhänge ich vielleicht verwickelt worden wäre? Das ist mir erspart geblieben, mein Schicksal hat es an diesem Punkt mit mir gut gemeint. (Mein „Päckchen“, das mir aufgebürdet worden ist, so wie alle anderen Menschen auch eins oder mehrere haben, habe ich an anderer Stelle abbekommen. Seitdem ich die „Päckchen“ auch bei anderen zu sehen gelernt habe, bin ich bescheidener geworden, es ist für mich eher ein Grund zur Solidarität, das Schwere auch der anderen anzuerkennen und zu würdigen, auch wenn es ganz anders gelagert ist. Und Schuld ist eine schwere Bürde!)

Mittwoch, 9. Dezember 2009

Lieblingszitate LXXXVI

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Gerade entdeckt auf einer Werbepostkarte einer Buchhandlung aus der Region:

"Was machen Sie?"

"Nichts. Ich lasse das Leben auf mich regnen."

Rahel Varnhagen


Ich hoffe, dass ich noch oft in meinem Leben nass werde!

Lieblingszitate LXXXV

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Ein hellsichtiges Zitat von einem hellsichtigen Autor!



Wer in der Demokratie schläft, erwacht in der Diktatur.


Hermann Glaser



In: Hermann Glaser: 1945. Ein Lesebuch – Frankfurt a. M.: Fischer Tb. Vlg. 1995. (= Fischer Tb. 12 527). S. 367.


Montag, 7. Dezember 2009

Meine Lieblingszitate LXXXIV

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Mein neuestes "Fundstück"! Offen interpretiert, ein Aufruf für ein weites Herz und freundliche Gefühle allen gegenüber, die auch ein wenig fremd erscheinen mögen:


Wer Gastfreundschaft
übt, bewirtet gleichsam
Gott selbst.

Aus dem Talmud


gefunden als "Schlussstein" im Publik-Forum 23/09 v. 4.12.2009.

Freitag, 4. Dezember 2009

Das große Halali: Ein Leserbrief an die MOZ

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Die Märkische Oderzeitung hat sich in den letzten Tagen darauf spezialisiert, Berichte über Stasi-Enthüllungen der Linkspartei zu bringen, z. T. mit ausführlichen Recherchen und kopierten Stasi-Unterlagen. Es wirkt auf mich wie eine regelrechte Hatz. Dazu mein neuester Leserbrief:


An die redaktion@moz.de 4.12.2000


Betrifft: Leserbrief zu Ihrer Berichterstattung in den letzten Tagen über „Stasi-Enthüllungen



Sehr geehrte Damen und Herren,


jetzt haben Sie offenbar zum „großen Halali“ auf Stasi-Vergangenheit und Linkspartei geblasen und jagen auf altbekannte Hirsche und auch kleine Häschen und haben schon eine stattliche Strecke eingebracht! Wahrscheinlich ist das die MOZ-Form von „investigativem Journalismus“, Altes wieder aufzukochen und mit neuen Enthüllungen zu garnieren. Denn: Es ist schon sehr merkwürdig, dass alles gerade jetzt ans Licht kommt. Das ist fast so, als hätte da jemand mit Bedacht gesammelt und auch Bewährtes archiviert, um auf eine günstige Gelegenheit zum Losschlagen zu warten. Die ist offensichtlich gekommen. Ein Schelm, der argwöhnisch hinter dem plakativen moralischen Appell auch eine wohl kalkulierte politische Kampagne sieht … Ob es Ihnen noch gelingt, die neue Koalition zu erlegen? Waidmannsheil!


Jürgen Lüder, Fürstenwalde



Dieser Leserbrief wurde tatsächlich (in Auszügen) von der MOZ veröffentlicht, die bereits am 5.12.09 zusammenfassend eine Vielzahl von Leserbriefen zum Themenkreis in ihrer Wochenendausgabe herausbrachte.


In sehr verkürzter Form (die Ironie und der "Pepp" sind futsch und auch von meiner Kritik an der MOZ selbst als einer der tragenden Säulen der ganzen Kampagne bleibt nichts übrig) sieht mein abgedruckter Leserbrief dann so aus:


Jetzt wird offenbar zum "großen Halali" auf Stasi-Vergangenheit und Linkspartei geblasen. Das ist fast so, als hätte da jemand mit Bedacht gesammelt, um auf eine günstige Gelegenheit zum Losschlagen zu warten.


Jürgen Lüder, Fürstenwalde

Mittwoch, 2. Dezember 2009

"Auch ich bin ein Einwanderer ins Internet" - Leserbrief an das Publik-Forum

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Das schon häufiger von mir zitierte Publik-Forum brachte am 6.11.2009 eine Ausgabe heraus (21/09) mit dem Schwerpunktthema


Was ich bin, geht alle an

Internet: Zwischen Nabelschau und echter Begegnung


Im „Editorial“ findet sich die folgende launige Einstimmung von Eva Baumann-Lerch, die mich sehr angesprochen hat. Ich zitiere:


Liebe Leserin, lieber Leser,


den Redakteurinnen und Redakteuren von Publik-Forum kann man an vielen Orten begegnen: Bei Interviews und Recherchereisen, Vorträgen und Lesertreffen, Kirchentagen und Kongressen, am Telefon und per E-Mail. Aber bei Facebook finden Sie nicht einen von uns. Auch nicht bei Myspace, Lokalisten oder einem der vielen anderen sozialen Netzwerke im Internet. Da wir alle keine „digital natives“ (wie die Eingeborenen des Computerzeitalters genannt werden) sind, sondern erst als Erwachsene ins Internet einwanderten, hält uns eine unbestimmte Scheu davor zurück. Fasziniert bis skeptisch blinzeln wir über die Schultern unserer heranwachsenden Kinder in die virtuellen Gemeinschaften: Bringen Web-Communitys die Menschen näher zueinander? Oder sind sie bloß eine Bühne für Eitelkeit und dummes Geplapper? Chancen und Risiken der digitalen Gemeinschaften erörtert unser Fokus in diesem Heft […].



Deshalb habe ich folgenden Leserbrief verfasst:


An das Publik- Forum 2.12.2009

redaktion@publik-forum.de


Betrifft: Leserbrief/Email zum Themenheft „Was ich bin, geht alle an“ / Internet: Zwischen Nabelschau und echter Begegnung, H. 21/09


Liebes Publik-Forum,


ein hervorragendes Thema, wunderbar von Ihnen angekündigt, denn auch ich bin kein „digital native“: Als „Einwanderer“ bezeichnet, habe ich mich selten in diesem Zusammenhang mit so wenigen Worten so zutreffend charakterisiert gefühlt!


Die von Ihnen benannte Scheu werde ich wohl bis zu meinem Lebensende nicht ganz ablegen können, schließlich geht es um eine schon revolutionär zu nennende Veränderung der Sozialisation junger Menschen und ihrer sozialen Bezüge, das muss man wohl schon „mit der Muttermilch“ aufgenommen haben, um wie selbstverständlich „auf diesen Wogen“ mit zu schwimmen. So nutze ich mittlerweile gerne Emails und betreibe sogar einen eigenen blog, aber mehr im Sinne einer kleinen privaten Zeitung für Kommentare zum Zeitgeschehen und zur Veröffentlichung von kleinen Texten und schönen Zitaten, nicht aber zur Information der Außenwelt über meine aktuellen privaten Gefühle und Erlebnisse.


Denn da wird es für mich kritisch und ich kann mit allen diesen Plattformen wie „Facebook“ und „Myspace“ wenig anfangen, eher schüttelt es mich dabei.


Einen prominenten Unterstützer für meine Abwehr sehe ich in Wolfgang Schmidbauer, der sich zwar vorrangig in der folgenden Äußerung mit der Handy-Kultur beschäftigt hat, aber bei all den neuen technischen Entwicklungen vermischen sich die Bereiche ja: Es sei eine Generation herangewachsen, die das Handy brauche als „erste Beziehungsprothese der Kulturgeschichte“, und ihre Angehörigen stünden in der Gefahr, zu „Eremiten der Elektronik“ zu werden. (Gefunden in einer Buchbesprechung von: Wolfgang Schmidbauer: Ein Land – drei Generationen. Psychogramm der Bundesrepublik. Herder 2008)


Ich selbst bin durch mein Psychologie-Studium in den 70ger Jahren vorgeprägt von meinen Erwartungen an ein gutes Gespräch, in dem im Sinne von C. R. Rogers Echtheit und Empathie einen Platz haben müssten (Martin Buber und Alfred Adler lassen ebenfalls grüßen), so dass ich mit einer ausufernden Kommunikationsform ohne Mimik, Gestik und spürbare Gefühlsäußerungen emotional verhungere und mich reduziert fühle. Was für eine schizoide Welt! Sie wird aber wahrscheinlich immer stärker werden und ich bin mir bewusst, dass ich mit meinen anderen Vorstellungen einer vermutlich aussterbenden Epoche angehöre. Keine Chance, aber es ist traurig und wohl die Zukunft unserer Kultur, emotional zu verarmen.


Wie gut, dass auch Publik-Forum dagegen hält und immer wieder zeigt, welche lebenswerten Ziele und Bewegungen es auch unterhalb einer solchen glatten Kommunikationsoberfläche noch gibt!


Mit freundlichen Grüßen für die Weihnachtszeit!

Jürgen Lüder


P.S. Falls es Sie interessiert, können Sie mich digital besuchen unter http://alter-dinosaurier.blogspot.com! Herzlich willkommen!



Ich wollte mich nicht unbedingt nur als Kulturpessimisten „outen“. Denn das Internet bietet hervorragende Chancen zur Vernetzung und zur Verbreitung wichtiger kritischer Inhalte, kann Gleichgesinnte miteinander verbinden, wenn ich nur z.B. an Attac denke. Aber als Gesprächsersatz, nein danke! Da wusste schon der alte Watzlawick, dass zu einer zwischenmenschlichen Kommunikation neben der Sachebene auch die Ausdrucksmöglichkeiten einer Beziehungsebene gehören. Und ein geschulter Zuhörer kennt aus Erfahrung, dass die besonders spannenden Eindrücke oft diejenigen sind, die „so nebenbei“ produziert werden in Körpersprache, Mimik, Gestik, Stimmklang, und damit nicht nur das zeigen, was der andere mir „offiziell“ mitteilen möchte. Natürlich gibt es auch im Internet kleine Chancen für aufschlussreiche „Fehlleistungen“, die schon Sigmund Freud beschrieben hat, kleine „Verschreiber“ als Botschaft an den Adressaten, die so rausgerutscht und bei einer eher luschigen Korrektur nicht aufgefallen sind. Aber gegenüber allen anderen Kommunikationsformen ist es schon eine gewaltige Verarmung, auf alle anderen Signale zu verzichten.

Dienstag, 1. Dezember 2009

Lieblingszitate LXXXIII

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Z. Zt. wird wieder allerorts „kräftig ausgeteilt“ und andersartige Menschen werden isoliert und damit auch gedemütigt, da kann die Erinnerung an einen uralten Weisheitsspruch der Menschheit nicht schaden. Wussten Sie, von wem er stammt?

Was du nicht willst,
das man dir tu,
das füg´ auch keinem
andern zu.

KONFUZIUS
( 551 – 479 v. Chr.)

Gefunden als Inschrift am Fuße einer Konfuzius-Statue im Chinesischen Garten in den „Gärten der Welt“ in Berlin-Marzahn im Sommer 2009.

Montag, 30. November 2009

www.steuer-gegen-armut.org

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Eine breite Gruppierung, ausgehend von kirchlichen Gruppen über Attac bis hin zu den Gewerkschaften, ruft gemeinsam dazu auf, auf der oben genannten Website eine Petition mit zu unterzeichnen, die dem Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages vorgelegt werden soll.


Kommen bis zum 3.12. mindestens 50.000 Unterschriften zusammen, so muss sich der Bundestag in einer Anhörung damit befassen, wie es um die Einführung einer Börsen-Finanztransaktionssteuer steht. Unter dem Namen „Tobin-Steuer“ ist dies eine der Gründungsforderungen von Attac, aber alle anderen haben sie sich jetzt auch zu eigen gemacht.


Mit einem geringfügigen Steuersatz von z.B. 0,01 Prozent würde dann jeder Börsenumsatz besteuert. Das könnte die rasanten Börsentransaktionen etwas abbremsen, sozusagen als Krisenvorsorge für die Zukunft, gleichzeitig würden die Verursacher der Krise mehr als bisher an den Kosten beteiligt und außerdem stünde so plötzlich Kapital zur Verfügung, z.B. zur Bekämpfung der Armut auf der ganzen Welt, ein Anliegen besonders der kirchlichen Unterzeichner dieses Aufrufs! Es ist die Sprache davon, dass eine solche Steuer in Deutschland allein bereits 10 Milliarden € jährlich erbringen könnte.


Angela Merkel war zeitweilig, zu Hoch-Zeiten der Krise, durchaus angetan von solchen Vorschlägen. Beim Koalitionsvertrag dürften die Marktradikalen besonders aus der FDP aber wieder so gebremst haben, dass nichts mehr von dieser Steuer drinsteht.


Umso mehr ein Grund, sich an dieser Petition zu beteiligen! Es ist eilig! Letzter Termin ist der 3.12., also der kommende Donnerstag!

Schweizer Minarette

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Die neuesten Nachrichten aus der Schweiz: Die Schweizer haben in einer Volksabstimmung beschlossen, dass keine Minarette in ihrem Land gebaut werden dürfen und „outen“ sich damit offen als fremdenfeindlich bzw. zumindestens als integrationsunwillig. Die konservative populistische Kampagne hat gesiegt! Das Plakat, das jetzt in allen Zeitungen auf der Titelseite stehen dürfte, hat seinen Beitrag geleistet und den Menschen Angst gemacht. Wie Raketen stehen darauf Minarette, so dass man den Schweizer Boden kaum noch sehen kann. Dabei ist diese Bildersprache übel aufhetzend (ich verkneife mir schlimmere Ausdrücke) und völlig an der Realität vorbei. Wie ich gerade in einem Kommentar hörte, gibt es in der gesamten Schweiz bisher lediglich vier Minarette, das Plakat zeigt allerdings auf engstem Raum bereits sieben. So kann man lügen, wenn man auf Stimmungsmache aus ist!!!


Aber seien wir ganz bescheiden. Was die Schweizer da produzieren, ist wahrscheinlich ihre Form von „Sarrazin-Debatte“, nur dass sie dort gleich in Gesetze einmündet. Gott bewahre uns davor, bei uns in Deutschland in ähnlicher Form einschneidende Ordnungen verabschieden zu können! Ich habe viel Sympathie für bürgernahe Entscheidungen und würde immer die Beteiligung der Basis einfordern, aber die Väter des Grundgesetzes waren vorsichtige Leute und haben wohl geahnt, wie groß die Gefahr wäre, dass bei uns sogar vorhandene Minarette wieder abgerissen werden müssten, nach dem nächsten spektakulären Kindermord die Todesstrafe wieder eingeführt würde und es eine – wahrscheinlich aussichtsreiche – Kampagne dafür gäbe, bei Missbrauch von Hartz-IV-Leistungen die Sünder für eine gewisse Zeit in ein Arbeitslager zu überstellen. Vernünftige Entscheidungen sind die eine Seite – brodelnder Volkszorn die andere. Und es gibt sicherlich auch hierzulande hinreichend viele Demagogen, die auf der Klaviatur von „Volkes Stimme“ hervorragend spielen können und ihre geheimen wahren Interessen so verpackt gerne durchsetzen möchten.


Es ist ein Dilemma mit der Vernunft!

Ratlos zwischen den Fronten

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Zum aktuellen Kampf gegen die Linksfraktion in der neuen Brandenburgischen Regierung


Wie gut, dass ich ein „Wessi“ bin! So habe ich bei dem merkwürdigen „Schauspiel“, das gerade bei uns in Brandenburg aufgeführt wird, wenigstens den Vorteil, dass ich durch meine Lebensgeschichte nicht involviert bin, weder in die eine noch in die andere Richtung. Aber es geschieht um mich herum, prägt die Stimmung hier im Lande und lässt mich um die soziale Zukunft unseres Landes bangen.


Versuche ich, Stellung zu beziehen, geht es mir schließlich wie dem Rabbi aus dem letzten blog, der versuchte, alle widerstreitenden Parteien zu verstehen und ihnen gerecht zu werden und der wahrscheinlich am Ende allein im Regen dastand (die Geschichte bricht zwar schon vorher ab, aber ein solches Ende ist nicht unwahrscheinlich!).


Für viele Positionen der Linken habe ich große Sympathie, für ihren Pazifismus und ihr Eintreten für die sozialen Belange gerade „der kleinen Leute“, die ihr besonders am Herzen liegen. „Sozialismus“ ist für mich kein Schimpfwort, aber auch kein Glaubensbekenntnis, ein starker Sozialstaat jedoch eine „conditio sine qua non“ (d.h. eine nicht aufgebbare Forderung)! Hätte Oskar Lafontaine seinen Standort und Einfluss in der SPD alten Zuschnitts behalten, könnte ich mich auch dort wiederfinden, aber das ist Historie …


Dem stehen entgegen die ganzen leidigen Stasi-Verstrickungen von Parteimitgliedern der Linken, die z. Zt. entweder hoch kochen oder hoch gekocht werden. Die regelrechte Wut, die für mich aus manchen Äußerungen spricht, macht für mich deutlich, wie wenig unmittelbare Vergangenheit bisher wirklich verarbeitet worden ist, so als würde jede Enttarnung oder Vermutung in diese Richtung Schorf von einer nicht richtig verheilten Wunde aufreißen.


Ich denke, es gibt hierzulande zu viele Betroffene unter denjenigen, die älter als 20 Jahre sind, sowohl in die eine als auch in die andere Richtung: Schuld, Verletzungen, Unausgesprochenes, Hingenommenes, Mitgetragenes stehen noch zwischen den Menschen. Und alle müssen weiterhin miteinander leben, denn es geht ja nicht nur um das Problem einer kleinen Minderheit, dafür waren zu viele Menschen betroffen. Wer sich zu Worte meldet, muss heutzutage etwas aushalten können, auch Prügel einkalkulieren. Vieles davon dürften die Folgen des Einigungsvertrages sein, in dem eine klarere juristische Aufarbeitung dieses dunklen DDR-Kapitels ausgeschlossen wurde.


Neben diesen speziellen DDR-Nachklängen werde ich aber auch den Eindruck nicht los, dass das Stasi-Thema mit Freuden ausgeschlachtet wird, um der Linken und den von ihr vertretenen Positionen zu schaden, ebenso denjenigen Sozialdemokraten, die einen integrativen Kurs versuchen. Sozusagen Opposition und Stimmungsmache mit der Stasi-Brechstange und Argumenten, als würde jetzt erneut der Klassenkampf ausbrechen und die alte DDR wiedererstehen. Tummeln sich da nicht auch vielleicht noch manche verspäteten „kalten Krieger“? Ich habe ein großes Unbehagen, ob nicht vieles hauptsächlich deshalb geschieht, um gesellschaftliche Macht zu bewahren und soziale Veränderungen in Richtung einer „linkeren Politik“ zu hintertreiben. (Dabei sind wir meilenweit davon entfernt …)


Es ist gut, dass ich keiner Partei angehöre! Das gibt mir viel Freiheit zu eigenem Denken, macht aber gleichwohl auch „heimatlos“ und ergibt weniger Perspektiven. Aber ich würde wahrscheinlich überall anecken und stets Minderheitsmeinungen vertreten. Die SPD hat mit ihrem „Basta“-Übervater Schröder und dem ihm assistierenden großen Regierungskader durch die unsäglichen Hartz-Gesetze massiv an meinen sozialen Vorstellungen gesägt. Ich kann ihr für die Zukunft nicht mehr so schnell Vertrauen schenken. Den Grünen habe ich es seinerzeit sehr übel genommen, dass auch sie prominente Vertreter hatten, die lauthals neoliberale Positionen einforderten und dafür Reklame in einigen der von der Industrie finanzierten „Gruppen für Deutschland“ machten. Und die Linken? Neben den jetzigen Querelen erinnere ich mich daran, dass Stadträte der Linken in irgendeiner ostdeutschen Großstadt der Privatisierung des Wohnungsbesitzes der Stadt zugestimmt haben. Das ist Zuarbeit für irgendwelche „Heuschrecken“, auch wenn sie dadurch zur Entschuldung des Haushaltes beitragen wollten.


Nie zufrieden!? Vielleicht aber auch eine gute Eigenschaft!


Sonntag, 29. November 2009

Die Weisheit des Rabbi

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Eines meiner Lieblingsbücher ist die Sammlung jüdischer Witze von Salcia Landmann. Aber auch in anderen Quellen habe ich schöne Beispiele für diese besondere Form von Humor entdeckt, der mich in irgendeiner Weise sehr anzieht. Ich kann das Motiv dafür nicht klar benennen, aber in ihrer Art und Weise haben diese Witze etwas Unnachahmliches. Sonst kenne ich ähnliche Phänomene nur noch bei Klezmer-Stücken auf der Ebene der Musik, immerhin derselbe Kulturkreis! Wahrscheinlich ist es ein besonderes Merkmal dieser Witze, dass sie sich nicht wie sonst so üblich über andere Menschen lustig machen oder auch über andere Bevölkerungsgruppen erheben, sondern sie haben oft etwas Selbstreflexives und dadurch Bescheidenes, sie prunken mehr mit ihrer Intelligenz als mit irgendwelchen Grobheiten.


Und sie haben manchmal auch etwas Mehrschichtiges. Bei der folgenden Geschichte habe ich früher den Kopf geschüttelt und mich über den Rabbi lustig gemacht, dem ich mich als Verfechter der „reinen Wahrheit“ überlegen wähnte. Immerhin habe ich aber diese Geschichte nie vergessen. Als sie mir jetzt wieder in den Sinn kam (vgl. meinen Folge-blog!), hatte ich einen neuen Eindruck, nämlich dass der Rabbi der Geschichte der Weiseste und Bescheidenste von allen ist, mit klarem Wissen um die Grenzen seiner Urteilsfähigkeit.


Ich will meine armen Leser aber nicht weiter auf die Folter spannen und stattdessen die Geschichte zum Besten geben:


Das Urteil


Zwei Juden hatten einen Streit und kamen zum Rabbiner. Der Rabbi hörte den einen an und sagte:

„Du hast recht.“

Dann hörte er den anderen an und sagte: „Du hast recht.“

Daraufhin fragte ihn seine Frau:

„Wie kommt es, dass du den beiden zerstrittenen Seiten recht gibst. Entweder die eine oder die andere Seite kann nur recht haben.“

Darauf der Rabbi:

„Du hast auch recht.“


Gefunden in: Alexander Drozdzynski: Jiddische Witze und Schmonzes. – Augsburg: Weltbild 2001. S. 88-89.

Mein Motto für den Monat Dezember 2009: was wirkt

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Die größte Stärke

erwächst aus

Sanftheit.


Anonym / unbekannt


Ich habe keine weiteren Angaben, mögen die Worte auch so wirken!

Wieder einmal Weihnachten ...

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Die Zeit rennt. An nichts merke ich es so deutlich wie an Weihnachten. Ein Jahr mehr an Erlebnissen - und ein Jahr weniger an meinen langsam (?!) schrumpfenden Vorräten. Dabei bin ich schon so knausrig mit meiner Lebenszeit geworden, die ich als junger Mensch freizügig hinaus verschenkt habe. Aber es war ja immer schon so in unserer Marktwirtschaft: was knapp ist, steigt im Preis, wenn es denn eine halbwegs ansprechende Qualität aufweist!

Ich weiß nicht, woran es liegt. Aber an der Wiederkehr von Weihnachten und allen seinen immer wiederkehrenden Zeremonien und auch am Wetterwechsel zum Winter hin (auf den aber in zunehmendem Maße weniger Verlass ist), merke ich das Älterwerden viel stärker als an meinem Geburtstag. Es ist ein nachhaltigerer Einschnitt für mich in jedem Jahr.

Etwas Besonderes bleibt dabei für mich an diesem Fest, anders als an allen anderen im Jahr. Ich denke, Kindern geht es oft ähnlich. Und all denen, für die das kommerzielle Drumherum langweilig ist. Ich finde es von Jahr zu Jahr langweiliger ...

Als ich noch in die Schule ging (als Dozent ...), habe ich gerne leicht "schräge" und auch fromme Weihnachtsgeschichten auf den beliebten Weihnachtsfeiern in den Klassen vorgelesen. Manchmal hörten mir die Leute auch noch zu, einige sogar sehr gern. Davon habe ich in meinem blog bereits im Vorjahr berichtet, auch meine Lieblingstexte ins Netz gestellt. Schade, dadurch geht mir in diesem Jahr etwas "der Stoff" aus!

Ich möchte mich nicht wiederholen. Für meine Leserinnen und Leser, die sich dennoch für meine Auslassungen zu Weihnachten interessieren, habe ich alle einschlägigen Texte mit dem Label "Weihnachten und Neues Jahr" gekennzeichnet.Sie sind durch Anklicken dieses Labels auf der linken Spalte in meinem blog leicht hintereinander aufrufbar. Niemand muss sie mühsam suchen, der sie noch einmal lesen möchte. Viel Vergnügen oder Besinnen bei Wolfdietrich Schnurre, Robert Gernhardt und Selma Lagerlöf!

Mittwoch, 25. November 2009

Wir Pädagogen-Sklaven

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Einmal in seinem Leben pädagogisch „aktiviert“, als Lehrer, Dozent, Erzieher, Weiterbildner, Mama und Papa aus Überzeugung (die allerdings manchmal erst aus der Notwendigkeit erwächst) – es lässt einen nicht mehr frei und hängt einem wahrscheinlich bis zum Lebensende an. Und macht sicherlich einen Unterschied zu anderen Menschen, die in anderen Lebensbereichen ihre Prioritäten suchen. Finanziell eher wackelig (Erzieher zu werden kann ich mit gutem Gewissen keinem jungen Menschen empfehlen, für den Karriere und hohes Einkommen wesentliche Werte sind), trösten sich alle Pädagogen mit dem Bewusstsein, eine besondere Tat zu vollbringen und durch die Erziehung und Belehrung ihrer jeweiligen Zöglinge (die ja durchaus auch schon ein höheres Alter erreicht haben können und dann besonders dankbare „Opfer“ sind, die disziplinarisch keine Probleme mehr machen), einen Beitrag zur allgemeinen Wohlfahrt zu erbringen, der eh’ so wertvoll ist, dass das eher mickrige Entgelt nicht so schmerzt. Jeder kann aus diesen Zeilen ersehen, dass ich „vom Fach“ bin…


Mit diesem Zusatzlohn „auch ich gehöre zu dieser besonderen Gruppe von Menschen“ versehen, der mich mein eher schmales Portemonnaie immer ertragen ließ, habe ich bis vor kurzem gut gelebt. Aber dann hat mich mein lesewütiger kleiner Sohn geschockt. Er ist auf Erdkunde und Geschichte spezialisiert. So las ich ihm vor wenigen Tagen aus seinem „bunten Wörterbuch Geschichte“ etwas über die Kultur der alten Griechen vor.


Ich musste meine Brille zweimal putzen, aber dort stand doch wirklich (mit wunderhübschen Bildern illustriert):



Die Schüler


Nur die Jungen der reichen Bürger gingen zur Schule. Dort wurden sie auch in Sport und Musik unterrichtet. Die Mädchen blieben zu Hause.


Der Sklave, der das Kind zum Unterricht begleitete, hieß Pädagoge.


Nun wissen wir’s! Es ist heraus! Abgesehen von der elitären Bildung für wenige (aber wer heute etwas auf sich hält – und es sich leisten kann -, gibt ja auch wieder sein Kind auf eine Privatschule, um es vor überfüllten staatlichen Klassen und ?!? fragwürdigen Mitschülern zu retten…) und des Umstandes, dass da in Griechenland noch ein großes Betätigungsfeld für Feministinnen gewesen wäre, ist die dienende Rolle des Pädagogen ja hervorragend beschrieben. Pädagogik-Sklaven aller Länder, befreit euch und fordert eine bessere Bezahlung und gesellschaftliche Anerkennung eurer Knochenarbeit!!!


(Das Zitat habe ich entnommen dem Buch: Dein buntes Wörterbuch Geschichte. Idee: Emilie Beaumont. Text: Marie-Renée Pimont. – Köln: Fleuros Vlg. 2005. S. 28.)

Lieblingszitate LXXXII

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Die folgenden Aussagen von Paracelsus hat Erich Fromm seinem berühmten Büchlein „Die Kunst des Liebens“ vorangestellt:


Der, der nichts weiß, liebt nichts. Der, der nichts kann, versteht nichts. Der, der nichts versteht, ist wertlos. Der aber, der versteht, liebt und erkennt und sieht …

Je mehr Wissen mit einer Sache verbunden ist, desto größer ist die Liebe …

Wenn einer glaubt, dass alle Früchte zur gleichen Zeit reif sind wie die Erdbeeren, versteht er nichts von den Weintrauben.


PARACELSUS

„Wertlos“ ist in unserer ökonomisierten Gesellschaft natürlich ein harter Begriff, er klingt wie „Ausschussware“. Ich vermute aber eher, dass Paracelsus meint, unter diesen Bedingungen besitze ein Mensch keinerlei Werte , an denen er sich ausrichten könnte. Wahrlich eine Existenz auf „Schmalspur“!

Zitiert nach: Erich Fromm: Die Kunst des Liebens. Ullstein-Tb. 258. S. 14.
[In meiner Sammlung seit dem 7.1.1981.]

Dienstag, 24. November 2009

Sarrazin und kein Ende ...

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Noch immer sind die Zeitungen voll von Verweisen auf das Sarrazin-Interview mit dem „Lettre International“. Das ist nicht verwunderlich, denn er hat eine vielschichtige Debatte losgebrochen, in der es nur noch vordergründig um Thilo Sarrazin geht.


Ich habe versucht, die verschiedenen Ebenen auseinander zu dividieren, die dabei m. E. im Spiel sind:


  1. geht es natürlich um den Protagonisten, Thilo Sarrazin. Er war ja schon als Berliner Finanzsenator dafür bekannt, kräftig vom Leder zu ziehen. Das ist ihm auch jetzt wieder in einigen Teilen des Interviews gelungen, in denen er hemdsärmelig, ohne einen Anspruch auf diplomatische Vermittlung seine „sozialen Wahrheiten“ unters Volk bringt. Da er krass verallgemeinert, verletzt er viele Migranten, die sich in diesen pauschalisierenden Vorwürfen nicht wiederfinden können.

  1. Er ist hart dafür angegangen worden; sein Dienstgeber, die Bundesbank, schränkte seinen Arbeitsbereich ein, vom Zentralrat der Juden kam ein „Nazi-Vorwurf“. Dagegen haben wiederum viele Stimmen ihn verteidigt: Muss es unsere Demokratie nicht aushalten, dass auch extreme Meinungen geäußert werden können, solange sie nicht verfassungsfeindlich sind? Ist damit nicht das Grundrecht auf Meinungsfreiheit berührt? Das führt m. E. dann zu Parallelen wie der mit der Diskussion um die unseligen Mohammed-Karikaturen. (Ich fand sie damals absolut geschmacklos, eine unnötige Provokation, aber die Reaktionen in der arabischen Welt waren auch überaus unmäßig, jedenfalls in unserem Verständnis …Ähnliche Persiflagen auf das Christentum erlebe ich aber ebenso als unappetitlich und würdelos. Ich erinnere mich dabei an den Film der englischen Gruppe „Monty Python“, gerühmt für ihren angeblichen „schwarzen Humor“, die in ihrem Film „Das Leben des Brian“ Jesus veräppelt haben. Ich treffe dann meine private Entscheidung und schalte so etwas aus. Aber mehr?)

  1. Besonders berührt hat mich aber der lang anhaltende Beifall, der ihm immer noch gespendet wird: Endlich einmal die Wahrheit! Endlich nennt jemand Ross und Reiter, Erkenntnisse, die bisher von den „Gutmenschen“ unterdrückt wurden!! Da graust es mich etwas, eine kühle Luft weht um mich. Gleichzeitig lässt es sich nicht leugnen, dass an dieser Stelle großer Diskussionsbedarf besteht. Es klingt aber streckenweise eine Radikalität mit an, bei der man fürchten muss, „das Kind könnte mit dem Bade ausgeschüttet werden“.

  1. Gleichzeitig leitet dies zu der wichtigsten Frage über: was tun? Kein vernünftiger Sozialwissenschaftler und Politiker, kein Vertreter von einschlägigen Wohlfahrtsverbänden und Organisationen wird leugnen, dass es eine brisante Zuspitzung in der Bevölkerung gibt, zu deren Behebung es bisher politisch keinerlei tragfähige Modelle für die Zukunft gibt, die aber unser Gemeinwesen auseinander reißen könnte. Nicht integrationswillige Migranten, die es sicherlich auch gibt, sind aber nur eine Teilgruppe des Problems. Die zunehmende Verarmung in unserem Lande schafft immer weitere Problempopulationen. Bildungsferne gibt es auch unter „reinrassigen“ Deutschen (aber wer ist das schon: wahrscheinlich heißt das nicht viel mehr, als dass der individuelle Migrationshintergrund bereits ein paar Generationen zurückliegt.). Ich habe die genaueren Angaben nicht zur Hand, die sich aber mit Leichtigkeit verschaffen ließen: Vor zwei oder drei Jahren wurde eine Studie über das Erziehungsverhalten von Eltern und das Leben der heutigen Jugend veröffentlicht, die der Jugendforscher HURRELMANN mit den Worten kommentierte, dass mittlerweile 10 – 15% der Eltern unfähig seien, ihre Kinder angemessen zu erziehen. Sicherlich gehäuft in der sog. „Unterschicht“, aber auch in anderen Kreisen unserer Gesellschaft. Es ist nicht schwer sich auszumalen, was mit den Kindern der Kinder dieser Eltern einmal geschehen wird und auf welche soziale Katastrophe wir zusteuern, wenn in unserem Lande kein Konzept gegen dieses Problem gefunden wird. Da wird es nicht reichen, 1. Klassen mit 23 statt 24 Kindern laufen zu lassen … (Ein Thema zum Haareraufen angesichts der Untätigkeit und offensichtlichen Unfähigkeit der Bildungspolitik bundesweit …)

Im Hinblick auf meinen 4. Punkt muss man Theo Sarrazin fast dankbar sein, dass er in eine Wunde gepiekt und eine Diskussion entfacht hat, auch wenn noch nicht klar ist, welche Geister er wachgerufen hat…

Montag, 23. November 2009

Weihnachten ante portas

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Dass die Läden lange vor Weihnachten von Süßigkeiten und anderen Weihnachtszutaten (wie es früher jedenfalls einmal war) überquellen, ist gewohnt und seit Jahren gleich langweilig.


Bleibt die Frage, ob die „Krise“ die Menschen anhält, etwas bewusster mit dieser Zeit und dem Schenken umzugehen.


Bei denen, die nichts haben, dürfte das so sein. Schmerzlich, wer sich Geschenke nicht mehr leisten kann. (Etwas Immaterielles tut es aber auch, oft sogar viel besser!) Bei den anderen vermutlich eher: Fehlanzeige!


Wie sollte ich es anders interpretieren, dass vom Berliner Tagesspiegel seit gestern eine große Online-Aktion läuft unter dem Namen „Der Tagesspiegel erfüllt Träume“: 875 Angebote zum Ersteigern, vom exklusiven Kinderspielzeug über den Edelschmuck und Luxusreisen hin zu besonderen Events. Leute, guckt zu, vielleicht findet ihr ein Schnäppchen! (Ich habe mal reingeschaut, gebe ich ja zu, und da waren heute, erst kurz nach Beginn der Aktion, viele Preise für mich schon längst unerschwinglich …).


Weihnachten als Event oder Luxusgeschenk!


Jedenfalls gähnende Langeweile.


Denn: Wer hier suchen muss, um noch was Originelles für Weihnachten aufzutreiben, hat wohl schon alles. Nur keine Weihnachtsfreude.

Sonntag, 22. November 2009

Lieblingszitate LXXXI

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Mein neuester "Fund" aus dem Publik-Forum 22/2009 v. 20.11.2009 ("Schlussstein" S. 79):


Die Erde ist ein
Paradies, zu dem wir
aber den Schlüssel
verloren haben.


Fjodor Michailowitsch Dostojewskij

Dienstag, 17. November 2009

Lieblingszitate LXXX

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Einmal ein ganz anderes Zitat, wenn ich mich richtig erinnere, von einem altehrwürdigen Verfasser aus vergangenen Tagen. Ich finde aber, es passt gerade deshalb gut in den Rahmen der Diskussion über Eitelkeiten und Gockeleien in meinen letzten blogs. (Nur dass es hier um Sänger geht …).

Wenn Amseln oder Grasmücken in ihrer Art lieblich singen, warum soll ich mich verdrießen lassen, dass sie keine Nachtigallen sind?

FRIEDRICH WILHELM AUGUST SCHMIDT

Zitiert von Günter de Bruyn in seinem Buch „Mein Brandenburg“, Fischer-Tb.-Vlg. 2006, S. 70.