Freitag, 8. April 2011

Vorbilder: Rolf Hochhuth


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Anfang April habe ich in der Zeitung gelesen, dass der streitbare Autor und Dramatiker Rolf Hochhuth 80 Jahre alt geworden ist. Es ist bekannt, dass sich Charakterzüge bei älteren Menschen verfestigen können, einige Menschen werden etwas starrsinnig, andere wunderlich. So berichteten die Medien vor einiger Zeit über eigenartige Querelen zwischen Hochhuth und dem Brecht-Theater in Berlin am Schiffbauerdamm. Ich weiß davon zu wenig und will mir kein Urteil erlauben.

Aber selbst wenn da einiges geschehen sein sollte, was vielleicht dem Alter geschuldet werden könnte, bleibt bei Hochhuth eine erstauliche Lebensbilanz und eine kritisch-engagierte Einstellung zu den Ereignissen in unserer Welt, die ich bewunderungswürdig finde. Deshalb mein kleiner Bericht unter der Rubrik "Vorbilder", in der ich besonders von mir geschätzte "Querdenker", die sich nicht anpassen und für ihre Ideale streiten, vorstellen möchte.

In der MOZ vom 1.4.11 fand ich eine kurze (durchaus kritische) Würdigung, aus der ich hier einige Passagen zitieren möchte:

Erfolgsautor und streitbarer Geist

Berlin (dpa/epd) Rolf Hochhuth schreibt immer noch und erregt sich auch im hohen Alter weiter über Unrecht in der Welt über "unser pervers gewordenes kapitalistisches System" - und manchmal auch über die Theater, die ihn nur noch wenig spielen. Der Dramatiker ("Der Stellvertreter") ist weiterhin erstaunlich kämpferisch, ein moderner Wutbürger mit sozialem Gewissen - auch wenn Hochhuth in den vergangenen Jahren nach einigen öffentlichen Auftritten, bei denen er sich äußerst streitbar zeigte, manchmal belächelt wurde. [...]

In dieser Würdigung werden noch verschiedene Themen genannt, die Hochhuth im Laufe seines Lebens an die Öffentlichkeit gebracht hat, indem er den Finger in noch nicht verheilte Wunden steckte und Diskussionen ins Rollen brachte: Das Schweigen des Papstes in der NS-Zeit zu den Juden-Morden, der Luftkrieg der Alliierten gegen die deutsche Zivilbevölkerung, die Karriere von NS-Richtern in der BRD (Hans Filbinger) und anderes mehr. Offenbar immer schon nach dem Motto "Viel Feind - viel Ehr"! Bewunderungswürdig!

Donnerstag, 7. April 2011

Das Labyrinth der Wörter

Eigentlich wollten meine Frau und ich nur einmal zur Entspannung ins Kino gehen und einen Film ansehen, der unterhaltsam, geistreich und möglichst nicht von der üblichen "aggressiven" Machart sein sollte. Aber wir hatten fast keine Vorinformationen.

Und dann hat mich "Das Labyrinth der Wörter" so fasziniert, dass ich ihm unbedingt einen blog-Beitrag widmen möchte: Der schwergewichtige Germain (Gérard Depardieu), etwa 50 Jahre alt, vom Leben und seiner chaotischen Mutter ziemlich mitgenommen und angesichts seiner schrecklichen Schulerlebnisse fast Analphabet geblieben, lernt die 40 Jahre ältere Margueritte (Gisèle Casadesus) kennen, die ihm von nun an bei ihren täglichen kurzen Treffen Auszüge aus ihren Lieblingsromanen vorliest. Sehr fremd für Germain, aber irgendwie gelingt es Margueritte, ihn in ihre Welt der Wörter und Bildung mit hinein zu ziehen. Er kann sich diesem Sog nicht entziehen. Die Wörter ergreifen Besitz von seinem Kopf und verändern ihn. Marguerittes Augen werden immer schwächer, da liest nunmehr Germain, der alle seine Kräfte zusammennimmt, ihr mit großer Anstrengung vor. Als sie eines Tages verschwindet, weil ihre Familie nicht mehr das verhältnismäßig teure Altersheim bezahlen will, macht sich Germain auf die Suche nach ihr ... Ein modernes Märchen, gleichzeitig eine Liebesgeschichte auf verschiedenen Ebenen, zwischen Germain und Margueritte, zwischen Germain und seiner liebevollen Partnerin und zwischen Germain und den Wörtern, die ihm einen neuen Zugang zum Leben eröffnen! Und ein unschlagbarer Beweis für den Wert von Bildung! An einer Stelle sagt Germain sinngemäß, früher - ohne die Wörter - habe er viel bequemer einfach so vor sich hin leben können, jetzt sei alles viel komplizierter, weil er über alles erst einmal nachdenken müsse ...

Unbedingt hingehen!!!

Publik-Forum-Dossier zu FUKUSHIMA

Das schon immer sehr engagierte Publik-Forum hat angesichts der Ereignisse in Fukushima in Gemeinschaftsarbeit mit einer Reihe anderer Gruppierungen, z.b. verschiedene evangelische und katholische Gruppen, aber auch attac und campact und die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs, ein Dossier zusammengestellt, das über die derzeitige Situation gut informiert und Argumente für einen Atomausstieg bündelt.

Sehr empfehlenswert!!!

Zwar ist diese Schrift auch käuflich zu erwerben (über www.publik-forum.de), es gibt aber auch die kostenlose Möglichkeit, das Dossier als pdf-Datei aus dem Netz zu laden, wenn man sich persönlich beim Publik-Forum registrieren lässt:

Dafür mein Link-Tipp: https://www.publik-forum.de/dossierdownload/?nwlid=11 .

Dienstag, 5. April 2011

Mein Motto für den Monat April 2011: Therapeuten als Geschichtenerzähler

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Vorhin blätterte ich in einem Buch des Familientherapeuten Salvador Minuchin und fand eine Stelle, die ich bereits vor Jahren markiert hatte, weil sie mir so gut gefiel. Ein neuer Blickwinkel auf das (familien)therapeutische Geschehen! Der Therapeut als Geschichtenerzähler und Forscher! Ich gebe das Zitat hier zum Besten!

In diesem Buch geht es um eine neue Sicht der Dinge. Es handelt teils von mir, teils von meinen Theorien und meiner Therapiearbeit, stets jedoch von der Dynamik des Familiengeschehens. Es ist ein Buch voller Geschichten, denn Therapeuten sind immer Geschichtenerzähler. Wir sind wie Anthropologen, die das Leben anderer Menschen erforschen. Und genauso wie Anthropologen werden wir bei der Beschreibung des anderen unvermeidlich von unseren eigenen Erfahrungen geleitet. Der Beobachter, so unparteiisch er auch sein mag, wählt zwangsläufig das aus, was ihm wichtig erscheint, und er ordnet das Beobachtete auf sinnbezogene Weise.

Salvador Minuchin

Gefunden in: Salvador Minuchin und Michael Nichols: Familie – Die Kraft der positiven Bindung. Hilfe und Heilung durch Familientherapie. – München: Kindler 1993. S. 16.

Hervorhebungen im Zitat sind von J.L.