Dienstag, 26. Mai 2009

Ironie, Satire, schwarzer Humor

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Bei einigen Beiträgen der letzten Wochen (speziell zum Thema „Chefs“) habe ich mich ironischer und satirischer Darstellungsformen bedient und bin dadurch auf die Idee gekommen, noch einmal genauer darüber nachzudenken, was ich dabei eigentlich so „treibe“. Mein heutiger blog ist das Resultat dieser Nachforschungen, wobei ich eine Einschränkung machen muss:


Solange ich nur „aus mir heraus“ und meinen Erinnerungen an früheres Lesen geschöpft habe, war das eine einfache Sache. Als ich dann aber neugieriger wurde und z.B. bei Wikipedia Nachforschungen anstellte, merkte ich, wie komplex die ganze Angelegenheit ist und dass eine umfangreiche Literatur zu diesen Darstellungsformen existiert. Da könnte ich noch ein ganzes Studium beginnen! Lohnen würde sich das schon, aber es übersteigt doch etwas meine Ressourcen …


So bin ich mir voll bewusst, dass meine folgenden Ausführungen nur „Marke Eigenbau“ sind und dementsprechend subjektiv und vorläufig, möchte sie aber dennoch vorstellen, denn sie haben mich selbst in meiner Einstellung zum Schreiben vorangebracht:



Ironie hat „spitze Federn“ und trifft, wenn sie gekonnt ist, die Schwäche ihres Gegenübers bis ins Mark. Wenn der Betroffene denn intellektuell überhaupt in der Lage ist, die Botschaft aufzuschlüsseln und zu verstehen! Ironie ist also eine Waffe des Geistes, frech, mit Schärfe oder witzig, es gibt sie in vielen Varianten. Wer sie nutzt, dürfte im Augenblick des „Hiebes“ auch ein gewisses Lustgefühl spüren, denn sein Urheber ist in diesem Augenblick „oben“, sein Opfer „unten“, auch wenn das den sonstigen Machtverhältnissen diametral entgegenstehen sollte.


Vielleicht ist das ja eine Gemeinsamkeit mit dem Witz, über den schon klügere Leute als ich herausgearbeitet haben, welche entlastende und lustvolle Funktion er haben kann. Natürlich gibt es auch – wie immer – minderwertige, richtig gemeine Formen, wenn z.B. platte Witze über Minderheiten gemacht werden oder ein Lehrer mit ironischen Anmerkungen schwächere Schüler blamiert. Intellektuell betrachtet, sind das äußerst schwache Leistungen, menschlich gesehen Gemeinheiten, für die man die Urheber angemessen anprangern sollte!


Eine Satire ist eine besonders scharfe Waffe, sie legt einen Finger in die Wunde des so Charakterisierten, lobt aber oft – bis über den grünen Klee!! – gerade die Schwächen, die deshalb regelrecht ins Auge springen, den Schreiber aber schützt manchmal sein Lob, denn er hat ja nur „das Beste“ gewollt.


Satiren haben der Obrigkeit noch nie gefallen; wer sie schreibt, braucht deshalb Mut – und eine gewisse wirtschaftliche Unabhängigkeit, denn sonst würde er wahrscheinlich von seinen Produkten verhungern. Satiriker sind dabei oft große Moralisten, vielleicht sogar die letzten, die noch bereit sind, ihre Wertmaßstäbe zu verteidigen, denn diese schimmern immer durch die Darstellung hindurch. So wird manche Heuchelei enttarnt, siegt wenigstens in der Satire noch die wahre Moral (was auch immer das sein mag) über das Philistertum; wenn´s um Politik geht, kann es allerdings für den Satiriker auch lebensgefährlich werden, gerade Diktatoren verstehen absolut keinen Spaß …


Schreibt jemand Satiren aus reinem Spaß an der Freud? Oder ist es in jedem Fall ein leidender Moralist? Sicherlich war eher das Letztere der Fall, wenn ich an HEINRICH BÖLL und seinen Text „Nicht nur zur Weihnachtszeit“ von 1951 denke, für mich der Inbegriff einer gelungenen Satire, die ich gerne schon mehrfach vorgelesen habe. Traditionelle Kirchenchristen fühlen sich dann allerdings manchmal „leicht auf den Schlips getreten“, ich spüre aber, wie Böll darunter gelitten haben muss, zu welchen unchristlichen Konventionen Weihnachten verkommen war (und ist).


Jetzt fehlt nach meiner Ankündigung noch der schwarze Humor, eine Form, die mir persönlich nicht sehr zusagt, weil sie m.E. mit tiefem Pessimismus verbunden ist. Die Zustände sind so schrecklich, dass man sie nur noch durch Spott erträglich machen kann. Ob es hilft? Wikipedia erwähnt in diesem Zusammenhang auch den Galgenhumor, der ja einen Versuch darstellt, auch angesichts schlimmster Bedrohungen noch etwas Kraft zum (Über)Leben zu schöpfen.


Alles dies sind „Verfremdungstechniken“ zur Darstellung des Alltäglichen. Eine besondere fehlt noch, die romantische Ironie! Schon in meiner Schulzeit, als wir HEINRICH HEINE lasen, hat mich diese Möglichkeit fasziniert. Er baute wundersame Bilder seiner Wünsche, Sehnsüchte, einer Welt, wie sie ihm vorschwebte, und in einem Nachsatz wischte er dieses Bild weg und befand sich wieder in der harten, Träumen gegenüber widerständigen Realität. Also Romantik mit einem Schuss Selbstironie und Selbstreflexion, die die Verbindung zur Wirklichkeit (was auch immer das ist) gewährleistet. Ich bin noch auf der Suche nach einem Heine-Gedicht, in dem dieses Stilmittel zum Tragen kommt, und werde es zu einem späteren Zeitpunkt in meinem blog zitieren.


Ich sehe ein, dass ich das Feld der betroffenen Themen auch nicht annähernd ausloten konnte. Wie sieht es allgemein z.B. mit dem Humor aus, von dem es ja auch freundliche Varianten gibt bis zu Überlegungen, ihn als therapeutisches Mittel einzusetzen? Und was ist mit Spott? Auch da gibt es wieder die eher bösartige Variante, aber auch den „zarten Spott“, der in einer freundlichen Weise leise Kritik ermöglicht.


Viele Anregungen für weitere Überlegungen!

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