Freitag, 22. Mai 2009

Lieblingszitate XXXII

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Am Dienstag, 19.5.09, habe ich hier meinen nun schon 25 Jahre alten Artikel über „Tod und Sterben“ wieder zugänglich gemacht, weil ich seine Hauptaussagen unverändert zutreffend finde. Ich meine dabei insbesondere die Feststellung, dass es viel bedeutsamer ist, sich die Frage zu stellen, ob es ein (lebenswertes) Leben vor dem Tode gibt gegenüber der religiösen Frage, ob ein solches auch nach dem Tode stattfindet.


Wie viel Energie könnte durch eine Beschäftigung mit dieser Frage bei vielen Menschen für wirkliche Taten freigesetzt werden gegenüber dem häufig nur praktizierten „Schattenboxen“ oder den verspäteten Kindergarten-Kämpfen von erwachsenen Menschen, wenn ich an mein „Chef-Thema“ vom 15.5.2009 denke! Noch viel tragischer: Die kindische Gier nach Macht und Bereicherung, wie sie in der jetzigen großen Krise als Haupt-Antriebskraft für viele „Großen der Welt“ (oder den noch viel zahlreicheren „Möchtegerns“) unübersehbar geworden ist. Sie praktizieren alle Scheinlösungen, die im Hinblick auf einen „nachhaltigen“ Lebenssinn völlig ins Leere laufen und gleichzeitig unzähligen Mitmenschen die Kosten für diese Gier aufbürden.


Wir sind alle nur vorübergehende „Gäste“ auf dieser Erde und es ist ein bodenloser Egoismus, sie unseren Kindern in einem schlechteren Zustand zu hinterlassen, als wir sie selbst „bei unserem Start“ vorgefunden haben. Außerdem so sinnlos!! Ich erinnere mich noch daran, dass ich bereits von meiner Großmutter den weisen Spruch gehört habe: „Das letzte Hemd hat keine Taschen“. Alle Ehre, alle Macht, alles Geld ist mit unserem Tode „futsch“, niemand kann davon etwas mitnehmen. Alle Liebe jedoch, zu der wir in unserem Leben vielleicht fähig waren, und alle Fürsorge für unsere Nachfahren aber könnten Früchte tragen und damit auch eine Spur von uns bewahren. Gibt es etwas Besseres?


Alles dies wird mir selbst noch klarer, wenn ich mich wieder mit Unterlagen zu meinem damaligen Artikel beschäftige. Es ist nicht gerade mein „tägliches Brot“, aber doch eine gute Übung, wenn ich über meine Zukunftsperspektive und meine noch möglichen „Taten“ nachdenke. Zeitweilig habe ich mich in den vergangenen Jahren auch immer wieder dann an das Thema herangetraut, wenn ich es in meiner Tätigkeit als Dozent im Unterricht behandelt habe oder es in mancher Praxisberatung wichtig wurde, weil Studenten von mir ältere oder kranke Menschen begleiteten.


Aus dieser Zeit stammt auch meine Beschäftigung mit dem Buch von OSKAR MITTAG, dem ich das folgende Zitat verdanke:



„Wenn ich mich heute frage, was ich selbst durch die Beschäftigung mit dem Sterben und dem Tod gelernt habe, so ist das Wesentliche wohl dies: zu wissen, dass dieses Leben vergänglich ist wie ein Gleichnis, ist mir auch ein Trost und nimmt mir Angst. Angesichts der Endgültigkeit des Todes erscheinen viele Dinge, die Angst, Scham oder Furcht auslösen, klein und unbedeutend. Zugleich unterstreicht das Bewusstsein der Zeitlichkeit die große Bedeutung der Liebe zum anderen Menschen und verweist uns nachdrücklich darauf, unser Leben im „Hier und Jetzt“ zu führen. Das Bewusstsein der Endlichkeit des Lebens verändert so die Perspektive und hilft zu leben.“


OSKAR MITTAG



In: Oskar Mittag, Sterbende begleiten, Stuttgart 1994, S. 10-11.

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