Montag, 11. Mai 2009

Chefs als Könige oder Präsidenten und die Misere von Management-Theorien


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Dieses Thema hat mich mein gesamtes Berufsleben begleitet, als Mitarbeiter im Angestelltenverhältnis, ebenso aber auch als Teilnehmer von Ausbildungsgruppen im therapeutischen Bereich, die ja auch ihre „Chefs“ haben. Wäre ich Mitglied in einer Partei, würde ich mich vielleicht auch am Führungsstil der Leitung reiben, hätte aber von Zeit zu Zeit ein Wahlrecht bei der Bestimmung von Nachfolgern, was bei den beiden anderen Feldern weitgehend entfällt.

Meine Erfahrungen sind sehr gemischt. Da ich schon immer eine starke Abneigung gegen autoritäres Verhalten hatte, habe ich öfter in meinem Leben gelitten … Vielleicht bin ich aber auch besonders empfindlich. Jedenfalls konnte ich es gut verstehen, wenn Leute in meinem Umfeld freiberuflich tätig wurden: der eigene Chef sein! Seine Arbeit, Ziele und Schwerpunktsetzungen selbst bestimmen! Das kann ich jetzt als „Ruheständler“ hervorragend! Aber ich bin abgesichert und habe sozusagen „keine finanziellen Interessen“. Diejenigen, die von ihrer eigenen „Chefarbeit“ ökonomisch abhängig sind, müssen oft ums Überleben kämpfen und härter als in einem festen Job arbeiten. Freiheit hat ihren Preis !!!


Da mich dieses Thema Zeit meines (Arbeits-)Lebens beschäftigt hat, habe ich in meinen Notizen auch eine Reihe von Punkten gesammelt, die ich immer schon einmal gern behandeln wollte. Aus meiner jetzt ganz unabhängigen Position heraus möchte ich das auch tun und einiges davon „zum Besten geben“.


- Es gibt heutzutage regelrechte Lehrbücher über „richtiges Management-Verhalten“, in denen schöne Beschreibungen über vernünftiges Führungsverhalten drinstehen. Z.B. über die moderne Ansicht, dass die Leistung eines Chefs nicht mehr daran gemessen wird, dass er der „Super-Crack“ ist, der einsam absolute „Spitzenleistungen“ vollbringt und alle um ihn herum um Haupteslängen überragt, sondern daran, dass er sein Team gut organisieren kann, so dass es kooperativ zusammenarbeitet und das gemeinsame Produkt von allen erst die „Spitzenleistung“ ist. Die „Spitzenleistung“ gilt aber wohl doch als unverzichtbar, schließlich leben wir in einer Konkurrenzgesellschaft mit Auslesecharakter. („Wir gegen den Rest der Welt!“)

- Einschlägige Untersuchungen haben hinreichend erhärtet, dass gute Kommunikation, Motivation der Mitarbeiter, explizite Anerkennung etc. etc. zu besseren Resultaten der Gruppenleistung insgesamt führen und damit als „Nebenprodukt“ auch zur größeren Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter beitragen. Ein einschlägig ausgebildeter Chef müsste ebenso wissen, dass alle diese Maßnahmen wahrscheinlich zu einem geringeren Krankenstand führen, Mitarbeiter nicht von Natur aus „faul“ sind und diejenigen, die „in die innere Immigration“ gegangen sind und nur noch „Dienst nach Vorschrift“ tun, meistens schon eine längere institutionelle Leidensgeschichte hinter sich haben und dies ihre für den Betrieb zwar nicht günstige, individuell aber verständliche „burn-out-Vorsorge“ ist. Beim heutigen Wissen dürfte kein Chef sich mehr über derartige Erscheinungen beklagen, ohne sich „an die eigene Nase zu fassen“, aber ich bin ein Zweifler:

- Denn allen modernen Theorien zum Trotz möchte ich behaupten, dass hinter den tatsächlichen „Chef-Leistungen“ ganz „persönliche Gleichungen“ stehen. Und kann man derartig wichtige Verhaltensweisen, die mit grundlegenden eigenen Charakterhaltungen, dem Selbstwertgefühl, dem Grad der sozialen Verbundenheit mit den Mitmenschen verbunden sind, einfach so an der Oberfläche „trainieren“, ohne auch tiefer liegende Einstellungen zu ändern? (Training statt Analyse/Therapie) Ich bin da zumindestens skeptisch. Ist das nicht eher wie bei dem „Märchen vom Wolf und den sieben Geislein“? Wer zutiefst autoritär empfindet, kann da ja irgendeine „kooperative Tünche“ drüberlegen, aber wird das jemals echt sein, von seinen Mitarbeitern auch geglaubt und aufgegriffen werden und vor allem auch in Konflikten standhalten?

- Einem von mir hochgeschätzten Psychoanalytiker habe ich zur Erweiterung dieses Themas, das grundsätzlich ja nicht nur die Führung in kommerziellen Firmen, sondern auch in Gruppen und allgemeinen Institutionen betrifft, die schöne Unterscheidung von zwei „Chef-Typen“ zu verdanken. Er sah auf der einen Seite „Präsidenten“, auf der anderen hingegen „Könige“. „Präsidenten“ wissen um die Länge ihrer Amtszeit; wenn sie klug sind, bereiten sie rechtzeitig sich selbst und ihre Institution auf den unausweichlich kommenden Machtwechsel vor, in ihrer Amtszeit wissen sie um die vielen Mitarbeiter, die sie tragen. Bei „Königen“ ist das schon anders. Nur wenige danken rechtzeitig ab, bevor ihre Kräfte schwinden (oder sie einer Revolution weichen müssen). „Kronprinzen“, sofern sie zugelassen oder gefördert werden, können schon einmal sehr alt werden, bevor ihnen der „König“ mehr Einfluss gewährt. Und „Könige“ fühlen sich oft „von Gottes Gnaden“ eingesetzt, damit als Bestimmer und letztlich im Zweifelsfall nicht hinterfragbare Autorität. Jedenfalls haben es Kritiker, selbst bei sachlichen Argumentationen, oft schwer. Speziell die Geschichte der Psychotherapie, in der es eine Reihe von „Königsreichen“ gab, zeigt, dass „Abtrünnige“ oft gehen mussten – und manche wieder zu „Königen“ wurden! Ob die „Präsidentenrolle“ nicht ehrenvoll genug ist? Aber vielleicht hat sich da – an mir vorbei – schon viel geändert und ich bin einfach nicht hinreichend „up to date“.


Ich weiß, diese Aussagen sind alle holzschnittartig und lassen sich wahrscheinlich trefflich auseinander nehmen und kritisieren. Aber in meinem blog bin ich der König !!! (Über Rückmeldungen, auch als Kritik, freue ich mich dennoch und würde sie aufgreifen.)

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