Donnerstag, 7. Mai 2009

Die Leute wählen ihre ... selbst.

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Während ich in meinem letzten blog-Beitrag über den „Handy-GAU“ von „zartem Spott“ (der mich selbst auch einbezieht) gesprochen habe, wird er bei diesem Thema bitter. Menschen haben wohl doch einige Gemeinsamkeiten mit den Lemmingen und laufen der Herde (meistens) einfach hinterher …

Es gibt kaum eine Zeitung oder aktuelle Nachrichtensendung, in der nicht in irgendeiner Form über „unsere große Krise“ berichtet würde. Die Menschen sind also aufgeklärt, hinreichend verängstigt und vielleicht auch selbst schon von Folgen betroffen. Daneben gibt es ebenso eine Menge Analysen über Ursachen, Hintergründe, die „Macher“, die am großen Geldrad gedreht haben, und die Wirtschaftswissenschaftler und Politiker, die das Drehen unterstützt oder erst ermöglicht haben. Davon allerdings scheint bisher kaum etwas ins Allgemeinwissen eingedrungen zu sein.

Wie ist es sonst zu verstehen, dass in solch bewegten Zeiten wie jetzt ausgerechnet diejenigen Parteien besonderen Zulauf haben, die den neoliberalen Umbau unserer Gesellschaft auf ihre Fahnen geschrieben hatten und in ihren Eliten offenbar auch weiterhin vertreten? Die Forsa-Untersuchung Anfang April zeigte, wie stark das „bürgerliche Lager“, also CDU/CSU, besonders aber die marktradikale FDP, in der Wählergunst zugelegt haben und bei einer aktuellen Bundestagswahl problemlos die Regierung stellen könnten.

Das würde die Beobachtung ermöglichen, ob Münchhausen uns nur eine seiner Lügengeschichten erzählt hat oder eine wahre Begebenheit, als er sich an seinem eigenen Haarschopf aus dem Sumpf zog. Denn die alte Garde der „Macher“ wird uns dann „retten“, in vereinter Kraft vertraute Politiker mit ihren Gurus aus der Wirtschaftsprophetie und all den vielen Lobbyisten aus der Wirtschaft, die wahrscheinlich immer noch hoffen, dass nach dieser „Delle“ in der Weltgeschichte alles weiterläuft wie gehabt, sich also die Rendite wieder einstellt…

Aber auch die SPD hat, abgesehen von der eher bescheidenen Wählergunst in der Forsa-Umfrage, wenig Anlass, auf die letzten Jahre ihres Wirkens stolz zu sein. Kanzler Schröder toppte mit seiner rot-grünen Mannschaft die neoliberale Umstrukturierung durch seine unsäglichen Sozial“reformen“, Steuergeschenke an große Firmen, die Veräußerungsgewinne aus Firmenverkäufen fortan nicht mehr versteuern mussten, und weitere Deregulierungen im Finanzsektor. Das hatte Folgen … U.A. machten sich Hedgefonds und Private-Equity-Gesellschaften breit. Ein aufgeschreckter Franz Müntefering taufte diese erst Dank der Deregulierungen aktiv gewordenen Finanzjongleure „Heuschrecken“. Bekanntlich fallen Heuschrecken auf ihren Wanderzügen über Felder her und ziehen erst dann weiter, wenn sie ratzekahl alles aufgefressen haben. Das ist bei Heuschrecken aber biologisch vorprogrammiert und hat nichts mit Ethik oder gesamtgesellschaftlichen Verpflichtungen zu tun, wie man es im menschlichen Bereich ja noch vermuten könnte … „Die ich rief, die Geister, werd ich nicht mehr los!“ Außer dieser Wort-Neuschöpfung und den eher moralisch gehaltenen Klagen ist mir von Herrn Müntefering aber nicht bekannt, ob er sich ernsthaft dafür eingesetzt hat, diese „Heuschrecken“ wieder aus dem Lande zu verbannen.

Bitterer Spott ist aber nur eine Methode, wie ich mir „mein Mütchen kühlen kann“ und bringt niemand wirklich weiter. Deshalb: Welche Ansätze gibt es noch, auch wenn sie vielleicht noch nicht in der Mitte der Gesellschaft wie bei Umfragen a´la´ Forsa angekommen sind?

Ärger und Wut sind wohl in Deutschland gezähmter als in Nachbarländern (im SPIEGEL 15/09 gab es Berichte von Ausschreitungen gegen Verursacher der Finanzkrise in den USA, Frankreich und Großbritannien – bei uns in diesen Formen wohl eher glücklicherweise bisher kaum denkbar). Aber Widerstand wächst auch bei uns, eher verhalten, jedoch wahrnehmbar, auch wenn davon vielleicht noch keine Wahlen entschieden werden. Noch nicht. Deshalb will ich nicht nur „verdammen“!

Es gibt nämlich hervorragende Konzepte und Vorschläge für eine soziale Umgestaltung unserer Gesellschaft, die dabei nicht von „linken Spinnern“ oder irgendwelchen Radikalen kommen. Besonders denke ich hier an den DGB und Ver.di (http://wipo.verdi.de ) und ihren Aufruf zum Europäischen Aktionstag am 16. Mai (http://www.dgb.de/termine/termindb/termin_single?termid=2664).Daneben immer an Attac (www.attac.de) und nach meiner aktuellen Lektüre an Vorschläge christlicher Sozialethiker, wie Ulrich Duchrow, Johannes Hoffmann und Friedhelm Hengsbach, wie sie im Publik-Forum 8/2009 von Wolfgang Kessler und Wolf Südbeck-Baur vorgestellt wurden (www.publik-forum.de).

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