Montag, 22. März 2010

Wir sind noch einmal davongekommen ...

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Seit unserem Urlaub im vergangenen Jahr in Dresden, in dem wir das dortige Kästner-Museum kennengelernt haben, lesen meine Frau und ich gelegentlich etwas über diesen denkwürdigen kritischen Schriftsteller.

Besonders beeindruckt hat uns dabei die folgende Biographie:

Klaus Kordon: Die Zeit ist kaputt. Die Lebensgeschichte des Erich Kästner. - Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg 1998. (= Gulliver 782).

"Eigentlich" von einem Jugendbuch-Autor für eine Jugendbuchreihe verfasst. Ich kann aber keinen Unterschied zu einem Buch für "Erwachsene" erkennen. Kordon ist ein hervorragender Autor - und in guten Jugendbüchern sind Zusammenhänge wenigstens einmal auch für Erwachsene verständlich dargestellt.

Einerseits mache ich an dieser Stelle gern "Werbung" für dieses Buch, andererseits möchte ich an dieser Stelle jedoch hauptsächlich einen Aspekt unserer Deutschen Vergangenheit erwähnen, der mir in dieser Drastik unbekannt war und beim Lesen schier die Sprache verschlagen hat.

Kordon schildert plastisch die Zeitumstände, insbesondere die Martyrien der NS-Zeit und die chaotischen Zustände zum Kriegsende hin. Dann folgt plötzlich die soeben angekündigte Stelle, die ich hier zitieren möchte:

In diese Zeit fällt auch der erste Atombombenabwurf der Amerikaner. Die Japaner sollen zur Beendigung des Krieges gezwungen werden. Zweihunderttausend Tote und hunderttausend Schwerverwundete werden in Hiroshima gezählt - bei etwa dreihundertfünfzigtausend Einwohnern. Einziges nicht zerstörtes Gebäude: das Rathaus. Wäre diese Bombe ein paar Monate früher einsatzbereit gewesen - oder hätte das Nazireich seinen Untergang noch ein paar Monate länger hinauszögern können -, wäre mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Berlin Zielgebiet gewesen. Die Pläne für einen Abwurf über der deutschen Hauptstadt lagen bereits vor. Und in Berlin lebten auch zum Kriegsende noch zweieinhalb Millionen Menschen ... (S. 236)

Dass ich dann nicht so unbeschwert heute mit meiner Familie im Brandenburgischen leben könnte, ist die eine Seite. Aber wahrscheinlich gäbe es mich überhaupt nicht, denn meine Mutter hielt sich nach ihrer Flucht zum Kriegsende in Berlin auf ... "Hiroshima" sind mahnende, traurige aber ferne Bilder. Diese Vorstellung aber elektrisiert ...

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