Mittwoch, 10. März 2010

Die wahren Sozialbetrüger in Deutschland

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Guido Westerwelle hatte ja vor einigen Tagen die faulen Hartz-IV-Empfänger "zum Abschuss" freigegeben, die sich auf der staatlichen Hängematte räkeln und als Schmarotzer ihr dekadentes Dasein genießen. Natürlich hat das alle einschlägigen Verbände der Gegenseite alarmiert, die jetzt Repliken verfassen, insbesondere die Gewerkschaften.

Dass "etwas faul im Staate Deutschland" ist, steht auch für sie außer Zweifel, aber an anderer Stelle, als es in der ätzenden Polemik Westerwelles herausgearbeitet wurde. Ver.di hat wirkliche Schmarotzer entdeckt und nennt sie folgerichtig "Sozialbetrüger". Gemeint sind damit Arbeitgeber, die ihre Leute zu so miserablen Bedingungen einstellen, dass diese nur noch mit Hartz-IV-Aufstockung über die Runden kommen. Und die finanziert die Allgemeinheit! Wahrscheinlich streichen diese Arbeitgeber den auf diese Weise eingeparten Lohn als Zusatzgewinn ein. Funktioniert offensichtlich prächtig, vermutlich mit ansteigender Tendenz.

Aber auf diesem Auge war Herr Westerwelle bisher wohl blind.


Ich zitiere aus dem letzten Rundschreiben von ver.di. Wer dazu einschlägige Zahlen und Schautafeln schätzt, sollte die Original-Seite im Internet aufrufen.




Wirtschaftspolitik Nr. 5, März 2010
Hg. vom ver.di - Bundesvorstand, Bereich Wirtschaftspolitik
http://wipo.verdi.de – wirtschaftspolitik@verdi.de

Wer sind die Sozialbetrüger?

„Wer arbeitet soll mehr haben.“ Mit solchen Parolen wollen Westerwelle und BILD nicht etwa zu niedrige Löhne anprangern. Sie wollen Druck auf Sozialleistungen machen.

Tatsächlich haben Arbeitende immer Anspruch auf mehr als nur Hartz IV. Mit Wohngeld und Kindergeldzuschlag und im Notfall aufstockendem Hartz IV. Das Problem ist: Allein eine halbe Million Vollzeitbeschäftigte verzichten auf Leistungen, die ihnen eigentlich zustünden.

Hartz IV wird immer mehr ausgenutzt: Skrupellose Unternehmer lassen sich gezielt Langzeitarbeitslose vermitteln und zahlen ihnen nur einen Hungerlohn. Die Arbeitsagentur muss „aufstocken“, damit die Menschen überhaupt leben können. 1,4 Millionen „Aufstocker“ gibt es. Fast eine halbe Million Vollzeitbeschäftigte. Das kostet Milliarden, seit Jahren.

Aber erst jetzt versucht die Bundesagentur, dagegen vorzugehen – bei Stundenlöhnen unter drei Euro! Bisher hat nur Stralsund gegen sozialbetrügerische Arbeitgeber geklagt. Mit Erfolg!

Nicht Hartz IV ist zu hoch, sondern viele Löhne sind unerträglich niedrig. Fast vier Millionen bekommen weniger als sieben Euro die Stunde. Wir brauchen endlich einen gesetzlichen Mindestlohn. 8,50 Euro die Stunde sind das Mindeste. Hartz IV muss deutlich erhöht werden – das nutzt auch den Geringverdienenden.

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