Freitag, 5. März 2010

Wie der Öffentliche Dienst sich kaputtspart - und uns alle mit dazu

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Die Zeichen mehren sich, dass der Öffentliche Dienst an den Grenzen seiner Leistungsfähigkeit angekommen ist und trotzdem noch unter dem Druck steht, weiter "abzuspecken", damit endlich der erträumte "schlanke Staat" entsteht, wie ihn die Politik der letzten zwanzig Jahre auch aus ideologischen Gründen gewollt hat. Jetzt reden alle allerdings nur noch von den fehlenden Finanzen und der Armut der Kommunen und Länder. Von wegen, alles hausgemacht! Von den Gewerkschaften, insbesondere Ver.di, gibt es hervorragende Konzepte, wie der Staat seine ruinierten Finanzen, nämlich durch Geschenke an reiche Mitbürger und umsatzstarke Großfirmen und an die bereits wieder enorme Gewinne einfahrenden Finanzunternehmen und Spekulanten, wieder sanieren und die Lasten auf "breitere Füße" stellen könnte, um für die Allgemeinheit bessere Dienste anzubieten.

Von dieser Personalnot scheinen besonders wir Brandenburger betroffen zu sein, wahrscheinlich sieht es anderenorts aber auch nicht viel besser aus. Ich gebe ein paar Beispiele, z.T. frisch aus der heutigen Zeitung, z.T. aber auch gerade persönlich erlebt:
  • Die Steuergewerkschaft kritisiert in einer aktuellen Zeitungsmeldung, die Finanzämter in Brandenburg seien personell völlig unterbesetzt. Das steigere natürlich den Krankenstand, gleichzeitig entgingen dem Land durch die unzureichenden Kontrollen aber auch viele Steuern. Eine von der Landesregierung in Auftrag gegebene Studie, über die vor einer Woche in der MOZ berichtet wurde, schlägt hingegen noch eine weitere Verringerung der Personalstärke um Hunderte von Stellen vor.
  • Ähnlich sieht es bei den Lehrern aus. Die Lehrerschaft ist stark überaltert, junge Lehrkräfte werden nur unzureichend eingestellt, und die Belastung und damit die Krankheitsanfälligkeit der älteren wächst immer mehr. Lt. MOZ v. 5.3.2010 hat der Landeselternrat in Brandenburg auf die hohe Zahl von ausfallenden Stunden verwiesen, für die es nur völlig unzureichend Vertretungsmöglichkeiten gäbe.
  • Ein Erlebnis aus dem privaten Bereich, aber nicht minder belastend: Die Deutsche Rentenversicherung, zuständig für REHA-Maßnahmen, vertröstet Antragsteller auch in dringenden Fällen. So sei es völlig normal, dass bei beantragten Kuren im Widerspruchsverfahren (im ersten Anlauf erhält nach meinen Erfahrungen ohnehin niemand eine Bewilligung!!) die Wartefrist drei Monate betragen könne, bis ein Bescheid ergehe. Allein die hausinterne Post brauche schon 10 Tage, sagte die Auskunft gebende Mitarbeiterin offensichtlich genervt (wie viele unzufriedene und quengelnde Anfrager hatte sie wohl schon an diesem Tag abfertigen müssen...). So etwas fängt auch kein besseres EDV-Programm auf.
  • Aus meiner Heimatstadt wurde berichtet, dass theoretisch noch mehr öffentliche Investitionsvorhaben realisiert werden könnten, da es noch offene Fördermittel gäbe. Dagegen stünde jedoch einerseits die Finanznot der Stadt, da in solchen Fällen immer ein Anteil aus eigenem Geld aufgebracht werden müsse (Argument o.k.) und andererseits aber auch, dass zu wenig Personal in der Verwaltung sei, um diesen Zuwachs an Projekten zu organisieren: Warum wird dann niemand zusätzlich eingestellt, frage ich mich als naiver Zeitgenosse...
So bleibt es dabei, der Öffentliche Dienst ist einer der größten Arbeitsplatzvernichter der letzten Jahre. Eine Abkehr von dieser Strategie ist nicht erkennbar. O.K., es ist eine Milchmädchenrechnung: jede Stelle kostet Geld. Aber sie bringt gleichzeitig auch eine Menge: Ein verbessertes Angebot für die Allgemeinheit im Rahmen der Aufgaben der Dienststelle, einen Arbeitslosen weniger, der dem Staat nicht mehr auf der Tasche liegt, dafür jemand, der Steuern zahlt, Sozialabgaben entrichtet und die Rentenversicherung stützt, stolz auf seine Arbeit sein kann und seinen Verdienst zu Gunsten der Binnenwirtschaft ausgibt. Ein Erfolg auf allen Ebenen!! Im Sinne von Herrn Westerwelle ist meine Sichtweise aber wohl schon wieder "sozialistisch"...

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