Donnerstag, 23. Juli 2009

Lieblingszitate LII

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Was soll ich zu diesem Gedicht sagen? Es gefällt mir einfach, und in Zeiten, in denen ich in meinem Leben unter Arbeitsstörungen litt, war Goethe für mich ein großes Vorbild, wie man es besser machen kann. Denn er war außerordentlich produktiv und muss dementsprechend fleißig gewesen sein. Das Gedicht lässt aber erahnen, dass auch ihm das nicht nur zugeflogen sein dürfte … Der Schatz, den ich z. Zt. ergrabe, ist mein blog! Jedenfalls schenkt er mir Wohlbefinden und Selbstbestätigung, wenn ich etwas produziere und damit „auf meine alten Tage“ arbeite.



Der Schatzgräber


Arm am Beutel, krank am Herzen,

Schleppt’ ich meine langen Tage.

Armut ist die größte Plage,

Reichtum ist das höchste Gut!

Und zu enden meine Schmerzen,

Ging ich, einen Schatz zu graben.

„Meine Seele sollst du haben!“

Schrieb ich hin mit eignem Blut.


Und so zog ich Kreis um Kreise,

Stellte wunderbare Flammen,

Kraut und Knochenwerk zusammen:

Die Beschwörung war vollbracht.

Und auf die gelernte Weise

Grub ich nach dem alten Schatze

Auf dem angezeigten Platze:

Schwarz und stürmisch war die Nacht.


Und ich sah ein Licht von weitem,

Und es kam gleich einem Sterne

Hinten aus der fernsten Ferne,

Eben als es zwölfe schlug.

Und da galt kein Vorbereiten.

Heller ward’s mit einem Male

Von dem Glanz der vollen Schale,

Die ein schöner Knabe trug.


Holde Augen sah ich blinken

Unter dichtem Blumenkranze;

In des Trankes Himmelsglanze

Trat er in den Kreis herein.

Und er hieß mich freundlich trinken;

Und ich dacht’ : es kann der Knabe

Mit der schönen lichten Gabe

Wahrlich nicht der Böse sein.


„Trinke Mut des reinen Lebens!

Dann verstehst du die Belehrung,

Kommst mit ängstlicher Beschwörung

Nicht zurück an diesen Ort.

Grabe hier nicht mehr vergebens!

Tages Arbeit, abends Gäste!

Saure Wochen, frohe Feste!

Sei dein künftig Zauberwort.“



JOHANN WOLFGANG v. GOETHE


Dieses Gedicht habe ich vor langer Zeit einmal – ohne Quellenangabe – abgeschrieben, sicherlich bei Goethe kein Problem zum Wiederfinden. In meiner Sammlung seit dem 28.10.1975.

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