Mittwoch, 22. Juli 2009

Dinosauria V: 20 Sorten Klopapier

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„20 Sorten Klopapier“, das ist ein Ausspruch meiner Frau, den ich nie vergessen werde. Der tiefere Sinn erschließt sich schnell. Bei einem Besuch in Westdeutschland um die Wendezeit herum war sie neugierig in einen Markt gegangen und fühlte sich (als „Ossi“) von der Überfülle des Angebots erdrückt und eher abgestoßen. Mir war das selbst noch nie so aufgefallen, bis wir über solche Erlebnisse redeten. Denn ich als alter „Wessi“ hatte zeitlebens hauptsächlich beim ALDI eingekauft, und der begnügte sich auch mit 2 – 3 Sorten. (Mittlerweile scheint auch diese Kette stärker auf Diversifikation zu setzen, wenn man das heutige Angebot an Käse- und Wurstsorten mit früher vergleicht, in meinen Augen nur bedingt eine Verbesserung.)

Recht hat sie! Auch ich finde kein Vergnügen daran, mich in Regalen durch eine Vielzahl ähnlicher Angebote durchzuwühlen, bis ich endlich eine preiswerte Sorte entdeckt habe. Am schlimmsten finde ich Drogeriemärkte mit ihren unzähligen Duschgels, Deodorants, Haarwaschmitteln, Cremes und was es sonst noch alles an m. E. oft überflüssigen Sachen gibt. Ich bin eben ein unverbesserlicher Dinosaurier! Eine Standardsorte reicht mir, wenn sie halbwegs ordentlich ist, mein ganzes Leben lang! Alles andere finde ich verwirrend, meine Zeit ist mir für solche Sucherei zu schade.

Die Freuden des Kapitalismus, der Globalisierung, des „Markts“ in allen Facetten, der Konkurrenz und des Überangebots (solange es das noch gibt, denn kann das ewig so weitergehen?). In meiner Kindheit gab es Nivea-Creme und Atrix, gibt es die überhaupt noch? Welche Tausend Variationen sind daraus alles entwickelt worden?! „Der Markt wird’s richten“ und nicht erfolgreiche Produkte werden verschwinden, so lautet die Theorie. Trifft es wirklich nur die Waren? Zuerst bleiben doch eher die Konsumenten auf der Strecke, wenn ich z.B. an die zahllosen Telefon- und Handy-Tarife denke. Wer hat da wirklich noch einen Überblick und lässt sich nicht irgendetwas „unterjubeln“, was er gar nicht durchschaut? Welcher Mensch braucht wirklich 30 Fernsehprogramme, auf denen in vielen Fällen nur „reiner Schrott“ läuft, während die Werbe-Slogans bis ins Unterbewusste eindringen? Wer versteht noch die zahllosen Tarife und Sonderangebote von Bahn und Fluggesellschaften? Von „Schnäppchen“ und „Geiz ist geil“ - Parolen angestachelt, kaufen Menschen Dinge, die sie wahrscheinlich gar nicht benötigen. Allerdings wächst die Zahl derjenigen, die sich bestenfalls noch Waren auf „Schnäppchen-Preis-Niveau“ leisten können, wenn überhaupt.

Ich liebe Bücher. Ein nicht unerheblicher Teil meines Geldes ist in Buchhandlungen gelandet. Wenn ich aber nicht gezielt nach einem bestimmten Buch oder einem Buch-Typ suche, macht es mir zunehmend weniger Freude, in die großen Buchtempel zu gehen, die z.B. in Berlin entstanden sind und kleinere Buchhandlungen schon fast ausgerottet haben. In den riesigen Bücherbergen komme ich mir oft verloren vor. Ich kann es allerdings nicht lassen, mal hineinzuschauen … Zumal man heute überall dort ein Cafe´ finden kann. Das ist echt gut. Hinterher allerdings verlasse ich dieses Bücher-Warenhaus mit einem schlechten Gewissen. Dann fällt mir nämlich meine kleine Provinz-Buchhandlung ein, die vor einem Jahr Pleite gegangen ist. Meine Wunschtitel hatte sie zwar nie vorrätig, besorgte sie aber bis zum nächsten Tag. Wir kannten uns, und jeder Besuch bedeutete auch einen kleinen „Klöhnschnack“, das entfällt jetzt. Schade.

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