Mittwoch, 2. Juni 2010

HARALD WELZER und die Ökologie

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2009 habe ich Harald Welzer, Leiter des Instituts für Interdisziplinäre Gedächtnisforschung in Essen, der die Zusammenhänge von Klimawandel und Gewalt erforscht, bei einem Vortrag in der Böll-Stiftung in Berlin kennengelernt.

Jetzt entdeckte ich ein Interview von Anne Kunze mit ihm in der ZEIT, Nr. 18 v. 29.4.2010, unter dem Titel "Ich, Teil des Problems", das einige sehr aufschlussreiche Details enthält. Ich zitiere einige Passagen:

  • Ich habe eingesehen, dass ich nicht Teil der Lösung bin, sondern als Mitglied unserer Gesellschaft Teil des Problems. Deswegen versuche ich, Schritt für Schritt die selbst verursachten Emissionen zu reduzieren. Nie wieder Wein aus Südamerika oder Südafrika. Nur noch Obst aus der Umgebung.
  • Es ist unfassbar, wie stark im Ruhrgebiet, wo ich lebe und arbeite, das ganze Leben vom Autoverkehr bestimmt wird. Dabei ist hier ein Kaff neben dem nächsten! Es gibt eigentlich keine Region, in der das Auto überflüssiger ist.
  • Ich finde, meine Generation gehört angegriffen von den nachfolgenden: Wir konsumieren ihre Zukunft.
  • Zwar fahre ich hauptsächlich Bahn, aber so viel, dass ich das reduzieren möchte. Immerhin unternehme ich kaum Fernreisen, auch beruflich nicht: Niemand hat etwas davon, wenn ich nach Südamerika fliege und dort einen Vortrag über Klimakriege halte. Ich halte es auch für sinnlos, Teilnehmer unter einem unglaublichen Aufwand an Energie zu großen Klimakonferenzen zu karren. Im Internetzeitalter ist das Blödsinn.
  • Die wichtigste umweltpolitische Reform? - Echte Preise zu gestalten. Wenn man die aufgewendete Energie und die angerichteten Emissionsschäden in die Preise der Produkte mit einrechnen würde, würden die Leute kapieren, wie wahnsinnig viel Natur in ihnen steckt.
  • Glauben Sie, wir schaffen die Wende, bevor uns das Klima richtig zu schaffen macht? - Wer ist "wir"? Das Gemeine an den Folgen des Klimawandels ist, dass sie ungleich verteilt sind. Die westlichen Gesellschaften leiden am wenigsten darunter. Die USA rudern klimapolitisch auch schon wieder zurück, in der Bundesrepublik wachsen solche Bestrebungen.
Harald Welzer hat sich mit Fragen der Klimapolitik und unserer Zukunft beschäftigt, es gibt von ihm aber auch Literatur zum Thema "Holocaust" und die Frage, wie Menschen damals (und heute!!) zu Tätern werden. Ich führe drei Titel auf:

Harald Welzer: Täter. Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden. - Frankfurt a.M.: Fischer Taschenbuch Vlg. 2007. (= Die Zeit des Nationalsozialismus. Eine Buchreihe. - Fischer Tb. 16732)

Harald Welzer: Klimakriege. Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird. 4. Aufl. - Frankfurt a.M.: S. Fischer 2009.

Claus Leggewie und Harald Welzer: Das Ende der Welt, wie wir sie kannten. Klima, Zukunft und die Chancen der Demokratie. - Frankfurt a.M.: S. Fischer 2009.

[Beim Schreiben fiel mir wieder ein, dass ich selbst bereits einmal Harald Welzer aufgeführt habe, und zwar in meinem blog v. 13.1.2009 "Späte Neujahrsgrüße", in dem ich aus seinem SPIEGEL-Essay "Blindflug durch die Welt. Die Finanzkrise als Epochenwandel", erschienen im SPIEGEL 1/2009, zitierte.]

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