Donnerstag, 2. Dezember 2010

Vergangenheitsbewältigung

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Es gibt unzählige Hinweise dafür, dass eine Bearbeitung der eigenen Lebensgeschichte, im besten Falle eine Aussöhnung mit schwierigen Verläufen, nur dann möglich ist, wenn man genau hinschaut und bereit ist, sich mit den aufsteigenden Erinnerungen auseinanderzusetzen. Dass Verdrängung zwar vordergründig Abhilfe schafft, aber keine Verarbeitung leistet.

In diesem Zusammenhang habe ich jetzt eine vorzügliche Stellungnahme gefunden, warum einerseits das Thema "Stasi-Akten" immer wieder hochkocht, gleichzeitig individuelle Berichte selten bleiben und ich manchmal das Gefühl nicht loswerde, dass die Bearbeitung der eigenen DDR-Vergangenheit gesellschaftlich gesehen ähnlich "unter den Teppich gekehrt" wird wie seinerzeit die Betroffenheit der Menschen im Westen nach dem II. Weltkrieg. Zähne zusammenbeißen und durch! Eigenes Leiden und vor allem eigenes Mitmachen (ohne seine Mitläufer würde jedes Regime mangels "Personal" irgendwann austrocknen!) lieber nicht so genau anschauen! Es könnte weh tun.

In einem längeren Interview zum Thema "Wir sind ein Volk" äußerte sich Joachim Gauck zu dieser Frage (In: STERN EXTRA Nr. 3/2010 "Die Geschichte der Deutschen". Interview S. 148 - 154. Zitat S. 154):

Wie wichtig war es, dass all diese Themen (zu Stasi-Verstrickungen, J.L.) zur Sprache kamen?

Jetzt, nach 20 Jahren, verblasst die Wirklichkeit der Diktatur. Vor allem die Wirklichkeit der Angst verschwimmt hinter allen möglichen Erinnerungsfetzen. Aber für die Menschen ist es enorm wichtig zu wissen, wie es war, um sich davon zu befreien. Doch wer sich der Vergangenheit noch einmal stellt, braucht Mut. Erinnern bedeutet eben nicht nur, Vergangenes neu zu betrachten, sondern auch zu fühlen. Und das kann sehr weh tun.

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