Donnerstag, 23. Dezember 2010

Meine Weihnachtsgrüße

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Ich wünsche allen meinen Leserinnen und Lesern ein schönes Weihnachtsfest! Denjenigen, denen es glaubensmäßig noch etwas bedeutet, möge es auch ein gesegnetes Weihnachten sein! Den anderen eine Zeit, in der neben all dem Trubel auch Gelegenheit zum Besinnen bleibt und für Gedanken an die Menschen in der Nähe, die Ihnen etwas bedeuten.

Traditionell verschicken meine Frau und ich vor Weihnachten einen Brief an Verwandte und Freunde, den wir mit einem Foto unserer Familie auf "aktuellem Stand" und einer nachdenklichen Geschichte zu Weihnachten schmücken. In diesem Jahr haben wir dafür den Text von den "Löffeln" ausgewählt, den ich auch schon einmal in meinem blog veröffentlicht hatte (12. Oktober 2010). Die Geschichte ist aber so schön, dass ich sie noch einmal anfügen möchte:


Die Löffel

Ein Rabbi kommt zu Gott: "Herr, ich möchte die Hölle sehen und auch den Himmel." "Nimm Elia als Führer", spricht der Schöpfer, "er wird dir beides zeigen."

Der Prophet nimmt den Rabbi bei der Hand. Er führt ihn in einen großen Raum. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber die Menschen sehen mager aus, blaß, elend. Kein Wunder: Ihre Löffel sind zu lang. Sie können sie nicht zum Munde führen. Das herrliche Essen ist nicht zu genießen.

Die beiden gehen hinaus. "Welch seltsamer Raum war das ?" fragt der Rabbi den Propheten. "Die Hölle", lautet die Antwort.

Sie betreten einen zweiten Raum. Alles genau wie im ersten. Ringsum Menschen mit langen Löffeln. In der Mitte, auf einem Feuer kochend, ein Topf mit einem köstlichen Gericht. Alle schöpfen mit ihren langen Löffeln aus dem Topf. Aber - ein Unterschied zu dem ersten Raum: Diese Menschen sehen gesund aus, gut genährt, glücklich.

"Wie kommt das?" - Der Rabbi schaut genau hin. Da sieht er den Grund: Diese Menschen schieben sich die Löffel gegenseitig in den Mund. Sie geben einander zu essen. Da weiß der Rabbi, wo er ist.

RUSSISCHES MÄRCHEN

gefunden in: Lektüre zwischen den Jahren. Vom Glück. Ausgewählt von Gottfried Honnefelder. - Frankfurt a.M. : Suhrkamp 1985.

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