Mittwoch, 8. Dezember 2010

Dinosauria XXIII: Verhaltenstraining versus Familienrat als pädagogische Konzepte


Gestern war ein besonderer Tag in unserem Hort, denn die engagierte Leiterin hatte einen Fortbildungsabend für Eltern organisiert! Ein anspruchsvolles und sehr unterstützenswertes Vorhaben! Als Referentin hatte sie Frau U. gewonnen, die das Hort-Team als Verhaltenstrainerin schon länger schult und begleitet. Bei meinem "Vorleben" wird es niemand verwundern, dass ich als alter Individualpsychologe dabei genau hinschaue, mit welchen Konzepten heute in der pädagogischen Praxis gearbeitet wird. Meine alten Vorbehalte gegenüber der Verhaltenstherapie sind sicherlich nicht mehr ganz zeitgemäß (sitzen aber tief in mir!); Frau U. hat die außerordentlich wirksame Hilfe heutiger Videoarbeit und Kontrolle auf ihrer Seite und versuchte darüber hinaus auch immer wieder, neurobiologische Gesichtspunkte mit einzubeziehen. Gegenüber solcher Effizienz kann ich mit meinen alten Ansätzen kaum noch "punkten", sehe aber weiterhin (halsstarrig ?!) große Vorzüge in ihnen. Aber vielleicht schafft es eine zukünftige Generation von Psychologen, Pädagogen und Psychotherapeuten ja noch, das Gute aus den verschiedenen Ansätzen zu vereinigen. Ich bin gespannt.

Ich habe mich am Vortragsabend still zurückgehalten und erst einmal meine Eindrücke sortiert. Aber einfach zu schweigen, finde ich gegenüber der Hortleiterin, die mein "einschlägiges Vorleben" kennt, unfair und nicht angemessen. Ich habe ihr deshalb folgenden kleinen Brief geschrieben (in Auszügen):



Liebe Frau B.,

herzlichen Dank für den anregenden Abend gestern mit Frau U.!

Er hat mich natürlich zum Nachdenken angeregt. Ein Resultat: Ich gehöre nunmehr wohl endgültig „zum alten Eisen“, denn in meinen Studentenjahren und danach waren Ansätze modern, die etwas mit Gesprächen mit Kindern und Jugendlichen zu tun hatten, die über dieses Medium zum Mitmachen und sozialen Tun angeregt werden sollten. Begriffe von damals: Familienkonferenz, Schülerkonferenz, Familienrat.

Der neue Ansatz heißt jetzt ja offensichtlich „Verhaltenssteuerung“, wobei ohne Frage zu sein scheint, wer dabei „die Hosen an hat“ (aber auch die früheren Ansätze verlangten Autorität von den Eltern bzw. wollten diese auf pädagogisch sinnvolle Weise stärken). Solange dies aber nicht thematisiert wird und Eltern nicht angeleitet werden, auch ihre eigenen Ziele zu hinterfragen, habe ich dabei ein ungutes Gefühl im Magen.

Ich denke, dass Frau U. als Verhaltenstrainerin ein sehr wirksames Instrumentarium vorgestellt hat, das ohnehin ständig wirkt, aber so auch bewusst eingesetzt werden kann. Besonders die Video-Arbeit und die dadurch geschaffene Möglichkeit, die eigenen nonverbalen Signale überhaupt wahrnehmen und dadurch trainieren/kontrollieren zu können, ist sicherlich hoch effizient!

[ ...]

Herzliche Grüße von J.L.

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