Mittwoch, 3. Februar 2010

Eitelkeiten alternder berühmter Männer - Fortsetzungen in der Damenwelt

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Am 13.11.09 habe ich einen blog-Beitrag mit dem Titel "Eitelkeiten alternder berühmter Männer" verfasst und bezog mich dabei speziell auf Nicolas Sarkozy (als "Mauerspecht"), Thilo Sarrazin und Peter Sloterdijk, die es seinerzeit (und weiterhin mit großem Erfolg!) geschafft hatten, mit ihren z.T. etwas "schrägen" Aussagen die Schlagzeilen und die Feuilletons zu beherrschen. Wenn Berühmtheit mit Bekanntheit gleichzusetzen ist (mit Sicherheit hingegen nicht mit überragenden Leistungen für die Allgemeinheit), so haben diese Herren vortrefflich an ihrem Ruhm gestrickt...

Ich will mich aber nicht sexistischer Tendenzen schmähen lassen! Auch Damen in ähnlichen Altersgruppen können sehr ehrgeizig und ruhmessüchtig sein. Wie anders soll man sonst das Verhalten von Erika Steinbach interpretieren? Ginge es ihr und ihrem "Bund der Vertriebenen" bei der Errichtung der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" vorrangig wirklich um die Sache, nämlich um die Bearbeitung des unsäglichen Leids im Gefolge des II.Weltkriegs für die Zivilbevölkerungen aller betroffenen Länder, um die Entstehung einer Erinnerungskultur für dieses traumatisierende Geschehen auf allen Seiten und besonders um alles das, was Versöhnung zwischen den Betroffenen und mittlerweile auch den späteren Generationen möglich macht, dann würde sie ihre Person nicht so wichtig nehmen, könnte "ins zweite Glied zurücktreten" und müsste nicht weiterhin um Machtpositionen pokern und kungeln. Was sie stattdessen praktiziert, bietet einen beschämenden Anblick auf Machthunger, besonders im Hinblick auf die damit gezeigte fehlende Bereitschaft zur Versöhnlichkeit, die das Ansehen unseres Landes im (nicht nur östlichen) Ausland in Misskredit bringt. Peinlich!!




Ich habe auch ein persönliches Anliegen, mich bei diesem Thema zu engagieren: Die Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" wäre ebenfalls ein Ort des Gedenkens für all das Leid, das meiner Familie widerfahren ist. Ich denke dabei besonders an meinen kurz nach Kriegsende in Berlin verhungerten Großvater und an meine tapfere Mutter, die mit zwei Kindern und ihren Eltern 1945 wochenlang "unterwegs" war und offensichtlich Traumatisches miterleben musste. Aber wer war damals nicht traumatisiert!? Ich hatte das große Glück, erst 1947 geboren zu werden, habe aber alles Vergangene irgendwie "mitgeerbt", insbesondere die Entwurzelung meiner Eltern und ihr offensichtliches Gefühl, in der neuen Heimat fremd zu sein. Ich erinnere mich, wie meine Mutter in meiner Kindheit immer wieder Szenen der Flucht erzählte, mit leuchtenden Augen, so dass ich als Kind den falschen Eindruck gewann, alles sei eher ein Abenteuer gewesen. Einige Jahrzehnte klüger, weiss ich aber mittlerweile, dass traumatisierten Menschen immer wieder die immer gleichen Szenen in den Sinn kommen, ohne erkennbare Verarbeitung.

Von ihrer Biografie her ist Frau Steinbachs Situation nicht sehr verschieden von der meiner Familie und insbesondere der meines älteren Bruders, der nach dem Umzug meiner Eltern 1939 im damaligen Landsberg/Warthe (dem heutigen Gorzow Wiecepolsci) geboren wurde. Er hat dadurch zwar dort die prägenden ersten Lebensjahre verbracht, Landberg war aber nur eine kurze Zeit seine "Heimat" und die meiner Eltern, ganz im Gegensatz zu Familien, deren Vorfahren schon über Generationen in dem Ort gelebt hatten, von dem aus sie ihre Flucht antreten mussten. An den für alle gleichen Schrecken der Flucht ändert das nichts, aber bei den alt eingesessenen Familien können natürlich ganz andere Familientraditionen und Besitztümer mitbetroffen sein.

Wie unterschiedlich ist aber unser Umgang mit der Vergangenheit! Frau Steinbach engagierte sich in der Politik und in Vertriebenenorganisationen und brachte sich noch 1990 gegenüber den Polen in den Verdacht, "revanchistische Positionen" zu vertreten, als sie im Bundestag gegen die Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze stimmte. Mein Bruder und ich hingegen bewunderten die Ostpolitik Willy Brandts und seine große Geste im Warschauer Ghetto. Wir fuhren bereits in den 7oer Jahren mehrmals mit einer Studentengruppe nach Polen und erlebten eine freundliche Aufnahme dort. Gelebte Versöhnung! Ich werde diese Eindrücke nie vergessen!

Das derzeitige "Theater" stellt alle derartigen Errungenschaften wieder in Frage und konterkariert ein verständnisvolles, im besten Falle vielleicht irgendwann sogar freundschaftliches Miteinander der Menschen in den verschiedenen Ländern Europas. Erika Steinbachs Blick scheint in die Vergangenheit gerichtet zu sein, nicht in die Zukunft.

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