Mittwoch, 24. Februar 2010

Arrogante Kotzbrocken

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Kaum habe ich in meinem letzten blog-Beitrag über die niveaulosen Entgleisungen eines Guido Westerwelle berichten müssen, wurden meine Erlebnisse jetzt vom Brandenburgischen Innenminister Rainer Speer fast noch „getoppt“. Aber unflätige Ausfälle von Politikern gegen Gruppen in unserer Gesellschaft, die dann erst einmal „nackt“ dastehen und sich nur mühsam gegen die Schlagzeilen in den Zeitungen wehren können, haben in unserem Land ja Tradition. Da kommt es auf den Wahrheitsgehalt der Beschuldigungen nicht an; einmal in der Welt, finden sich garantiert Leute, die sie weiter verbreiten.


Ich denke da an die unrühmlichen „faulen Säcke“ von Gerhard Schröder, mit denen er alle Lehrer in unserem Lande verunglimpflichte. Guido Westerwelles drohende „Dekadenz der Unterschicht“, die faul und bequem ohne Gegenleistung ihre staatlichen Wohltaten verprasst, wenn unsere Gesellschaft nicht endlich die Daumenschrauben fester anzieht, ist intellektuell eine „Schmalspurleistung“ und lässt eine ausreichende kulturgeschichtliche (und Herzens-) Bildung vermissen. Das erinnert mich an die Aufregungen um den Fall eines Sozialhilfeempfängers, der seinerzeit auf Staatskosten in Florida „weilte“. (Genauere Recherchen zeigten damals, dass er dort unter sehr bescheidenen Verhältnissen lebte und den deutschen Steuerzahler keinen Pfennig mehr kostete als hierzulande … Aber diskriminiert war er erst einmal.)


Rainer Speer musste sich auf einer Gewerkschaftsveranstaltung „seiner“ Polizeitruppe heftige Kritik an seinen „Reform“plänen gefallen lassen. (Er hatte zuvor der von ihm geführten Landespolizei eine viel zu geringe Effizienz vorgeworfen und will den Personalbestand in den kommenden 10 Jahren kräftig "abspecken". Der Öffentliche Dienst als größter Arbeitsplatzvernichter im Lande ...) Wenn die Quellenangaben stimmen, hat er in der Versammlung durch seine Kommentare kräftig „zurückgetreten“; im Fußball folgt darauf Platzverweis und Sperre, Politiker dürfen das wohl. Und „spaßig“ sollte diese Ironie wohl auch noch sein. Wirkliche Souveränität dürfte anders aussehen…


Herr Speer hat mich so erzürnt, dass ich einen Leserbrief an unsere Regionalzeitung geschrieben habe, den ich im Anschluss zitiere:



MOZ-Redaktion: Leserbriefe


Zu ihrer Berichterstattung über Innenminister Rainer Speer v. 22.11.10


Sehr geehrte Damen und Herren,

am Montag berichteten Sie vom Auftritt Rainer Speers beim Landesdelegiertentag der GdP in Potsdam und der herben Kritik, die ihm dort an seinen Einsparplänen bei der Brandenburger Polizei entgegengebracht wurde. Sie bleiben dabei sehr höflich und vorsichtig in der Abfassung Ihres Berichts. Offenbar war auf dieser Versammlung aber „noch mehr Feuer“ im Spiel, wenn man den Zitaten Glauben schenken mag, die der Tagesspiegel am 21.2. von derselben Veranstaltung veröffentlicht hat. Ich zitiere von diesem „starken Tobak“:


Zu Beginn der Veranstaltung hatte die GdP mit einem Protestzug humpelnder Rentner-Polizisten, teils mit Krücken, teils im Rollstuhl, gegen die Sparpläne protestiert. Speer beeindruckte das nicht: “Wer so aussieht, hat etwas falsch gemacht im Leben“, sagte er. „Oder er hat zu viel auf Gewerkschaftskongressen gefeiert.“ (TSP v. 21.2.10, S. 16)


Der SPD wurde einmal Gewerkschaftsnähe nachgesagt. Diese Aussage eines SPD-Ministers hingegen ist infam und eine Beleidigung jedes Gewerkschaftsmitglieds, egal aus welcher Gewerkschaft er stammen mag! Herr Speer scheint sich um den Ehrentitel „süffisantester Kotzbrocken des Jahres“ zu bewerben, mit guten Chancen, solange er sich nicht für diese ehrenrührige Entgleisung entschuldigt.


Mit freundlichen Grüßen

Jürgen Lüder , Fürstenwalde, am 23.2.2010

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