Samstag, 24. Oktober 2009

Heimgekehrt aus Dresden mit Erich Kästner im Koffer

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Ich bin wieder zurück von der herbstlichen Reise mit meiner Frau nach Dresden! Allein schon die Tatsache, dass wir „kinderfrei“ ein paar anregende Tage gemeinsam verbringen konnten, ist eine wunderbare Angelegenheit, mittlerweile unsere gemeinsame Geflogenheit jedes Jahr für eine knappe Woche. Sehr empfehlenswert für Eltern für die „Beziehungspflege“!! Verbunden mit einem großen Dankeschön an liebe Omas und Opas, denn wie sollte es sonst gelingen!


Dresden: Eine Großstadt, mit kaufwütigen Menschen in großen Einkaufspassagen, Gedrängel, das Elbufer, der Zwinger und all die anderen historischen wieder erschaffenen Gebäude, ein Grauen gerade dort bei dem Gedanken, wie es 1945 aussah, denn in Berlin und Hamburg war ich schon so oft, dass ich dort nicht mehr an Bomben denke, wundervolle Gemälde, erstaunliche Sammlungen von Kunstgegenständen (dafür hat der Fürst allerdings das Geld seiner Bevölkerung verprasst, immerhin aber einen bleibenden Gegenwert erworben), Bergbahnen und wunderbare Ausblicke, ein Abstecher in die Sächsische Schweiz nach Rathen mit fantastischen Bergkuppeln – und Erich Kästner!


Diesen Autor hatte ich überhaupt nicht auf meinem Reiseplan, er gehört wohl auch nicht zum üblichen „Dresden-Kulturpensum“. Meine Wiederbegegnung mit ihm hat sich einfach so – dafür aber ganz nachhaltig – ergeben, weil meine Frau noch ein paar Empfehlungen einer Freundin für unseren Dresden-Aufenthalt mitgenommen hatte, u.a. den Hinweis auf ein ganz neues, winziges Museum zu Ehren Erich Kästners, in dem man sich – ganz modern „interaktiv“- durch Belegstücke aus seinem Leben und seinen Werken mit seinem Wirken vertraut machen kann.


Kinderbücher von ihm habe ich in einschlägigen Zeiten gelesen, dabei mit „Pünktchen und Anton“ gelitten, später dann seine satirischen Gedichte entdeckt („Die Entwicklung der Menschheit“), wahrscheinlich habe ich dies noch einem meiner engagierten Lehrer am Gymnasium zu verdanken! Kästner als Satiriker und großer Moralist! Der ist mir heute natürlich viel näher. Und ihn habe ich auch bei meiner Abschiedsrede "zur Pensionierung" im Fürstenwalder Dom zitiert. (vgl. meinen blog v. 23. September 2008)


Durch unseren Dresden-Besuch habe ich jetzt aber noch einen anderen Zugang zum Werke Erich Kästners gefunden, denn mit seiner Biographie hatte ich mich noch nie weiter beschäftigt. Wir lesen jetzt gemeinsam ein Buch über ihn:


Klaus Kordon: Die Zeit ist kaputt. Die Lebensgeschichte des Erich Kästner. – Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg 1994. (= Gulliver-Reihe).


Ein schwieriges Leben, überschattet von einer erdrückenden Mutterbeziehung! Und ein genialer Autor! In einer Zeit lebend, in der Deutschland von „großen Köpfen“ schier überquoll. (Wir lesen gerade über seine Schaffensjahre in der Weimarer Republik vor den Nazis, in denen Berlin noch eine Weltmetropole war.)


Es ist sicherlich eine „Wende“-Folge, dass es jetzt für ihn einen Gedenkort in Dresden gibt, denn er hat sich nach dem Desaster 1945 bewusst im Westen Deutschlands angesiedelt. Wie auch immer: er war ein sehr kritischer, allem Autoritären gegenüber abgeneigter und eher linker Zeitgenosse.


Ein weiteres Verdienst von Erich Kästner: Er hat mit Epigrammen literarische Kurzformen wieder belebt, hier eine Kostprobe zum Abschied:




Präzision


Wer was zu sagen hat,

hat keine Eile.

Er lässt sich Zeit und sagt’s

in einer Zeile.


ERICH KÄSTNER



Zitiert nach: Erich Kästner: Kurz und bündig. Epigramme. 7. Aufl. – München: Deutscher Taschenbuch Vlg. 2004. (= dtv 11013). S. 13.

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