Donnerstag, 7. Januar 2010

Dinosauria XIII: Router

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Als ich ein kleiner Junge war, so in den 50er Jahren, machte mein Vater am Wochenende gerne Fahrradausflüge mit uns um unseren damaligen Heimatort herum. Damit wir uns nicht verfuhren und auch noch ein paar neue Wege kennenlernen konnten, kaufte er eine Umgebungskarte mit genauem Maßstab, damals wohl noch eine Kostbarkeit. Vielleicht war mein Vater aber auch nur sparsam, praktisch und auf längere Zeit vorausdenkend: Er ließ nämlich diese Karte auf Leinen aufziehen, so dass sie an den Kanten nicht mehr verschleißen konnte. Eine teure Maßnahme, aber diese Karte hielt dadurch auch ewig. Ich erinnere mich noch an die Pausen auf unseren Radtouren, auf denen es Bonbons gab, ich nach Steinen suchte, die die Eiszeit dort hinterlassen hatte (sozusagen meine kindliche kleine Geschiebesammlung) und mein Vater diese Karte studierte, um die Route für die Weiterfahrt zu finden. Manchmal diskutierte er dann auch mit meinem Bruder und mir über die beste Strecke.


Irgendwann wurden mir diese Touren jedoch als Jugendlicher „zu eng“ und mein armer Vater musste dann alleine fahren. Geblieben ist mir aber sein Vorbild, selbst den Weg zu suchen und meine Route auf einer Karte nachzuvollziehen. So hat es auch heute für mich noch einen Reiz, mir auf einer Karte meine augenblickliche Umgebung „einzuverleiben“, in den Ferien, manchmal aber auch im Alltag, daneben der Stolz, ohne fremde Hilfe Orte und Straßen selbst zu finden und ein Ziel eigenständig zu erreichen.


Ich will nicht arrogant sein, auch wenn meine folgenden Worte leicht so auszulegen sind. Aber ich erlebe es schon als Kränkung, dass meine jahrzehntelange Übung und der dabei investierte Grips heutzutage „auf den Müll der (Technik)Geschichte“ gehört! Denn in der Gegenwart findet „Hinz und Kunz“ ohne irgendwelchen intellektuellen Aufwand beliebig zu den kompliziertesten Stellen. Man muss ja nur die gesuchte Adresse in den Router eingeben, alles weitere richtet dann schon der Computer!


Praktisch ist so ein Gerät durchaus, das habe ich als Beifahrer auf Autotouren in mir unbekannten Gegenden schon miterlebt. Aber irgendwie geht es mir doch „gegen die Ehre“, und so studiere ich für meine eigenen Bedürfnisse weiterhin Karten, unverbesserlich! Außerdem: kann man sich nur aufgrund von Router-Meldungen so etwas wie eine innere „Landkarte“ errichten und eine Gegend wirklich einprägen? Tägliche Wege werden sich durch die Gewohnheit einschleifen, aber größere Zusammenhänge dürften verloren gehen oder garnicht erst entstehen. Auch ein Bildungselend.

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