Sonntag, 11. April 2010

Die Flut der Ereignisse am 8. April 2010

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[Ein Beitrag, den ich von meiner Reise mitgebracht habe und erst heute ins Netz stellen kann.]

Heute habe ich ausführlich ferngesehen, nicht nur die Tagesschau, sondern daneben auch das Magazin „Kontraste“ und die Tagesthemen. Es hat schon etwas von Selbstschutz, dass ich sonst eher nur Zeitung lese. Die Fülle der Informationen ist enorm. Die Bilder ziehen vorbei, und ich habe nicht die Chance, noch einmal in Ruhe alles nachzulesen. Dabei geschieht höchst Aufregendes. Ich will hier nur kurz auf drei völlig unterschiedliche Themenbereiche eingehen:

1. In „Kontraste“ wurde noch einmal der Skandal um die Berliner „Treberhilfe“ aufgerollt und die offensichtlich nicht greifenden öffentlichen Kontrollen, die es erst ermöglicht haben, dass sich Geschäftführer und Verein anscheinend maßlos an öffentlichen Hilfsgeldern bereichern konnten. Höchste Alarmstufe für alle gemeinnützigen Projekte und Einrichtungen, die in den Sog dieses Vorgangs geraten könnten! Denn ihr guter Ruf war bisher eines ihrer besten Argumente und Arbeitsmittel. Es steht viel auf dem Spiel! Das ganze Subsidiaritätsprinzip, durch das der Staat bisher die Arbeit in sozialen Brennpunkten an freie Träger weitergegeben hat, kommt durch solche Vorkommnisse in ein schlechtes Licht. „Raffke im Sozialbereich“, das ist eine für mich neue Erscheinung! Zu Harald Ehlers, dem bisherigen Leiter der Treberhilfe, werde ich zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal einen kurzen blog schreiben.

2. Ebenfalls in „Kontraste“ wurde ein Filmbericht über einen Mann gezeigt, der als Kind in einem „Spezialheim“ der DDR zwangsuntergebracht war und knastähnliche Zustände und Gewalt erleiden musste. Er kämpft um seine Rehabilitation und Wiedergutmachungsleistungen. Nach Vorkommnissen in kirchlichen Heimen in Westdeutschland nach dem Krieg, den unsäglichen Ereignissen um katholische Geistliche mit täglichen Neuigkeiten über sexuelle Übergriffe in Deutschland und aller Welt, den Skandalen an der Odenwaldschule taucht nun ein neues Minenfeld der Vergangenheit auf, das noch nicht geräumt worden ist… Welche weiteren werden noch folgen?

3. Ein völlig anderes Thema, gesendet in den Tagesthemen, wahrscheinlich mit noch viel größerer Brisanz, das aber ebenfalls mit geleugneter Wahrheit zu tun hat, mit großem Leid und viel verdrängter Schuld: Der Völkermord an den Armeniern am Ende des 1. Weltkriegs, der offenbar für die Türkei als Nachfolgestaat des untergegangenen Osmanischen Reiches immer noch „ans Eingemachte“ geht, denn warum können sich die dortigen Regierenden nicht zu einer versöhnlicheren Haltung verstehen? Kein Historiker wird mehr die Zahl der Toten in Frage stellen. Es gab Befehle, die den Ereignissen zugrunde lagen. Was soll das Leugnen? Und das 90 Jahre nach den Ereignissen! Ein schwärende Wunde, die so nicht heilen kann und den Frieden miteinander zwischen den betroffenen Völkerschaften auch in Zukunft immer noch in Frage stellt. Warum? Es übersteigt mein Verstehen. Eines habe ich allerdings nach der heutigen Sendung besser verstanden: Auch die Deutschen waren beteiligt, denn die Oberste Heeresleitung des Kaiserreiches stützte ihren osmanischen Verbündeten bedingungslos, um ihn „bei der Stange zu halten“. Aber nach allen Ereignissen der Zeitgeschichte ist es heutzutage für Deutsche offensichtlich einfacher, auch zu weiterer Schuld (durch unterlassene Hilfeleistung und Kritik) zu stehen, makaber, aber wahr. Immerhin ein Lernprozess. [Dies war ein Beitrag aus den Tagesthemen, verbunden mit dem Hinweis auf eine Fernsehdokumentation vom 9.4., die allerdings erst zu mitternächtlicher Stunde gezeigt werden sollte.]

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