Donnerstag, 18. Juni 2009

Was mich zum Grübeln bringt oder zornig macht

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Eine schwere Entscheidung, mich heute auf ein Thema für meinen blog festzulegen! Es passiert so viel, was mich entweder zum Grübeln bringt oder mich zornig macht über die „Mächtigen im Lande“, die die Weisheit gepachtet haben und sich an ihr, immun gegen jegliche Kritik, felsenfest anklammern. Vieles davon ist aber offensichtlich so hoch komplex, dass ich mir eingestehen muss, von den wirklichen Ereignissen und Hintergründen zu wenig Ahnung zu haben, um ein fundiertes Urteil abzugeben. So bleibt es bei meiner Meinung.


Das gilt besonders für die Vorgänge im Iran. Tagesschau und große Zeitungen vermitteln ein Bild, als würde endlich im Iran um demokratische Freiheiten gekämpft, so als verbinde dieser Aufruhr das Land wieder mehr mit „westlichen Werten“. Hoffen die Menschen bei uns nicht auf einen Erfolg dieser Bewegung gegen den hemdsärmeligen Judenfeind Mahmud Ahmadineschad? Hinzu kommt, dass sich die iranische Regierung bewährter „Keulen“ aus dem Arsenal autoritärer Regimes bedient wie schon die Chinesen bei den Olympischen Spielen: Pressezensur, Kappung des Internets, massive Propaganda aus den gleichgeschalteten Staatsmedien, von Verhaftungen ganz zu schweigen. Ein schlechteres Bild von sich kann ein Staat vor der Weltöffentlichkeit kaum verbreiten! Der eigenen Bevölkerung gegenüber ist das aber sehr wirkungsvoll … - Andererseits habe ich auch kritische Stimmen gehört, Mir Hussein Mussawi sei alles andere als liberal oder ein Demokrat gemäß unseren Vorstellungen, er sei vielmehr in seiner früheren politischen Praxis eher konservativ bis reaktionär gewesen und völlig konform zur Islamischen Republik. Das hat mich sehr nachdenklich gemacht und mir mein völlig unzureichendes Wissen um die tatsächlichen Ereignisse und Bedingungen im Iran aufgezeigt. (Denn stimmte das alles, wäre es nicht unähnlich der Situation von Odysseus zwischen Skylla und Charybdis …)


Zusatz vom 21.6.09: Meine Aufzählung von "Keulen" ist natürlich bei den zwischenzeitlichen Ereignissen und Toten eine absolute Verharmlosung der Probleme. Das Regime zeigt sich von seiner schrecklichsten Seite, seine Gewalt ist für mich verabscheuungswürdig und es büßt alle Glaubwürdigkeit ein, wenn es nur noch auf diese Weise "Kurs halten" kann. Dennoch bleibt meine Aussage bestehen, dass mir die Vorgänge insgesamt äußerst undurchsichtig bleiben.


Das andere heutige Thema, das mich bewegt, viel näher an uns, ebenso mit dem Bild großer Proteste, sind die Veranstaltungen des bundesweiten Bildungsstreiks. Gut zu wissen, dass sich auch wieder junge Leute engagieren und nicht alles hinnehmen, wie in unserem Land Bildung „vermarktet“ wird! Bis hin zu „Schulleitern als Manager […], Schüler und Eltern als Kunden, Schulabschlüsse als Produkte“ (vgl. Quelle 1).


Vielleicht ist es eher ein Lob für die derzeitige Protestbewegung, dass sie von konservativen bis rechten Kräften dafür gescholten wird: „CDU-Bildungsexperte Stefan Müller warf den Organisatoren vor, sie wollten ‚arglose Schüler und Studenten als Statisten für öffentlichkeitswirksame Wahlkampf-Events der Linken’ gewinnen“ (vgl. Quelle 2). Auch die zuständige Ministerin hat wenig Verständnis für die jungen Leute. Deren Ziele seien „zum Teil gestrig“, kritisierte Annette Schavan (CDU). Bachelor- und Masterstudiengänge im Rahmen des „Bologna-Prozesses“ seien alternativlos (vgl. Quelle 3). Auch der Philologenverband soll sich in ähnlicher Weise geäußert haben. („linksgesteuerter Aktionismus ohne Nachhaltigkeit“, vgl. Quelle 4.)


Und sei´s drum! „Europa“ in seinem derzeitigen Brüsseler Zustand ist halt sehr neoliberal geraten, so wie das stromlinienförmige „Bologna-Produkt“! Aber kann man nicht um dessen weitere Ausgestaltung und mögliche Reform streiten? Spätestens lässt mich das Wort „alternativlos“ aufhorchen, es ist hochmütig, klingt sehr verdächtig nach Manipulation und Erpressung, denn es erklärt Gegner zu „Deppen“, die davon überfordert sind, die Zusammenhänge in dieser Welt noch zu begreifen. Und: Gehörte es nicht zum Wortschatz aller neoliberalen Ideologen und Gläubigen, die uns über Jahre weismachen wollten, nur ein Umbau unseres sozialen Lebens in ihrem Sinne könne unserem Volk eine Zukunft sichern, und die uns deshalb z.B. HARTZ IV bescherten?


Quelle 1: junge Welt, 17.6.09, Artikel von Gitta Düperthal

Quelle 2: Tagesspiegel, 17.6.09

Quelle 3: junge Welt, 18.6.09, Artikel von Claudia Wangerin

Quelle 4: Tagesspiegel, 17.6.09, Artikel von Tilmann Warnecke


Man kann also sehen: Ich lese alles, was mir vor die Brille kommt und habe dabei, toi, toi, toi, bisher noch keine ideologischen Scheuklappen …

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