Montag, 20. April 2009

Meine Lieblingszitate XIX

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Ich habe immer Texte bevorzugt, die in einer verständlichen Sprache abgefasst und deren Botschaften dadurch leicht entschlüsselbar waren. Eine große Kunst, schwierige Zusammenhänge verstehbar auszudrücken! Schon als Student habe ich lieber einen Bogen um bestimmte soziologische und philosophische Texte gemacht („Soziologen-Chinesisch“), durch die ich mich als Pflichtlektüre dann doch „durchquälen“ musste, Gedichte und literarische Texte, die in einer abgehobenen Sprache verfasst waren, aber schnell wieder weggelegt. Vielleicht - ?! - ist mir dadurch manchmal etwas entgangen. Diese Vorliebe für Klarheit ist mir aber geblieben und eher noch gewachsen. Darum gefällt mir das folgende Gedicht von Eva Strittmatter so gut:



Vom Schreiben


Natürlich könnte ich

Auch komplizierter schreiben

Und könnte Dichtung als

Geheimmagie betreiben.

Ich könnte Chiffren erfinden,

Die nur fünf Leute verstehn,

Und die anderen wären die Blinden,

Wir sechs allein könnten sehn.

Ich will aber einfach bleiben

Und nah am alltäglichen Wort

Und will so deutlich schreiben,

Dass die Leute an meinem Ort

Meine Gedichte lesen

Und meine Gedanken verstehn

Und sagen: so ist es gewesen.

Und das haben wir auch schon gesehn.


EVA STRITTMATTER



In: Wenn wir den Königen schreiben. Lyrikerinnen aus der DDR. Hrsg. v. Jutta Rosenkranz.

Sammlung Luchterhand 710, August 1988.

[genauere Angaben habe ich mir damals leider nicht gemacht; in meiner Sammlung seit dem 10.3.1993]

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