Sonntag, 25. Januar 2009

Lese-Tipp: Eine besondere Geschichte der deutschen Literatur von Manfred Mai

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Als ich mit meiner Frau Annegret im letzten Herbst einen Kurzurlaub in Weimar machen konnte, waren wir „klassischen Gedanken“ und deutscher Literatur gegenüber natürlich sehr aufgeschlossen (zu unserer Ehrenrettung möchte ich anfügen: auch zu anderen Zeiten, die allerdings oft von ganz anderen Themen überlagert werden!). Beim Schmökern in einer Buchhandlung fiel mir dort das folgende Buch in die Hände:


Geschichte der deutschen Literatur erzählt von Manfred Mai. – Weinheim und Basel: Beltz & Gelberg 2004. (= Gulliver 5525).


Ein „Gulliver“- Band von einem bekannten deutschen Jugendbuchautor aus einem renommierten Kinder- und Jugendbuchverlag! „Eigentlich“ nichts für Erwachsene?! Doch das empfinde ich (zumindest bezogen auf meine Person) als ein Vorurteil. Ich habe bereits von einer Reihe Sachbücher für Kinder und Jugendliche profitiert, weil manchmal in ihnen komplizierte Sachverhalte so einfach und didaktisch geschickt dargestellt wurden, dass sie auch mir (manchmal erstmalig) verständlich wurden. Wer sein Metier beherrscht, kann es auch verständlich „unters Volk“ bringen! Kinder und Jugendliche lassen sich (noch) nicht von eher unverständlichem Wortgeklüngel beeindrucken und einlullen.


So geschickt geht hier auch Manfred Mai vor. Er gibt einen Überblick über deutsche Literatur und ihre Vorläufer aus der noch vorliterarischen Welt der Germanen bis zur heutigen Zeit, wählt zur Illustration der jeweiligen Epochen einige wenige Vertreter aus, von denen er Werke vorstellt ,insbesondere die Zeitumstände lebendig werden lässt und die sozialen Ideen, die in den Werken anklingen (oder ihr Fehlen und dessen Gründe, z.B. bei Verfassern des Biedermeier). Offensichtlich ist er besonders bei der Analyse der sozialen Wirklichkeit hoch engagiert, so wie viele der Schriftsteller und Schriftstellerinnen ebenso das Schreiben als Möglichkeit genutzt haben, ihre politischen/gesellschaftlichen Stellungnahmen „unters Volk zu bringen“. Also eine Literaturbetrachtung stärker von ihrer Wirkungsgeschichte her als von einer mehr ästhetischen Seite (ohne sie zu vergessen)! Ein mir sehr sympathischer Ansatz!


Ich habe das Buch „fast in einem Rutsch“ durchgelesen, was bei mir sehr selten vorkommt, habe dabei alte Kenntnisse aufgefrischt und war neugierig, wie der Verfasser frühere Lieblingsautoren von mir unter seinem speziellen Blickwinkel einordnet. Da ich mich in den letzten – längeren … - Jahren nur wenig mit Literatur beschäftigt habe, dementsprechend wenige neuere Bücher kenne, war es für mich auch eine Kurzeinführung in die Gegenwartsliteratur, die ich bei meinem Nachholbedarf höchst spannend fand. Allerdings hatte ich den Eindruck, dass Manfred Mai bei der Literatur nach der Wende allmählich auch etwas „die Puste ausgeht“, sei es, dass das Bedeutsame der Gegenwart ohne zeitlichen Abstand immer nur sehr schwer zu erkennen ist – oder aber dass das eher Belanglose und Fremde „der jungen Leute“ der letzten Jahre auch für den Verfasser nur schwer zu verdauen ist. Es fehlen einfach soziale Ideen und individuelle Verantwortlichkeit in den dargestellten Texten, es wird eher dargestellt, wie es Menschen ohne derartige Werte geht. Für mich irgendwie kalt und fremd und erschreckend, wenn dies das Lebensgefühl junger Menschen heute sein soll.


Insgesamt: Ein tolles Buch! Sehr empfehlenswert! Nicht nur für Jugendliche!

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