Donnerstag, 24. März 2011

Die Verschleuderung der Allmende

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Ich werde nie die Zustände in der DDR beschönigen; mein Leben ist vermutlich sehr viel einfacher dadurch abgelaufen, dass ich in Westdeutschland aufwachsen und leben konnte. Auch ist mir bewusst, dass in der DDR aus ideologischen und wirtschaftlichen Gründen viel Schindluder mit dem geschichtlichen Erbe getrieben wurde. Historische Gebäude, durchaus noch restaurierbar, wurden gesprengt, weil sie nicht mehr ins Geschichtsbild passten, alte Stadtsubstanz vergammelte. Alles ganz anders, als es z.B. die ökonomisch viel schlechter gestellten Polen mit Warschau und Danzig machten, deren Innenstädte sie mustergültig rekonstruierten.

Aber dennoch: Privatleute konnten sich nicht auf Kosten der Allgemeinheit bereichern und sich nicht Filetstücke von Grund und Boden zu ihrem Privatvergnügen einverleiben. Da der "reale Sozialismus" aber ausgedient hat und viele Menschen an die oben genannten Auswüchse denken werden, verbrennt sich wahrscheinlich jeder den Mund oder die Finger, der heute noch etwas Gutes daran findet, wenn privater Besitz an Grund und Boden eingeschränkt würde. Ich will es dennoch tun, weil ich in der letzten Zeit soviele Beispiele dafür erlebt habe, wie - laut Titel - "die Allmende verschleudert wird", nur weil Besitz offenbar eine Grundkategorie unseres kapitalistischen Systems ist. (Die alten Germanen, unsere Urväter, haben das noch anders gesehen ...)

Hier die Ärgernisse, auf die ich mich konkret aus meinem Umfeld beziehe:

1. In Brandenburg werden offensichtlich Seen verscherbelt! Sie gehören dann nicht mehr der Allgemeinheit, wahrscheinlich kann der neue Besitzer ihren Zugang beschränken und Besucher ausschließen. Wohin das führen kann, zeige ich weiter unten am Beispiel von Petersdorf bei Bad Saarow, einem kleinen Nachbarort meiner jetzigen Heimatstadt Fürstenwalde.

2. Immer wieder durch die Presse gehen die Kämpfe um einen Uferweg am Griebnitzsee in Potsdam/Babelsberg. Da hatte die entsprechende staatliche Stelle, die Allgemeinbesitz privatisiert, zunächst Ufergrundstücke an Privatpersonen verscherbelt, die nun nicht mehr dulden wollten, dass auf dem bisherigen Uferweg direkt am Wasser jedermann spazieren gehen dürfte. Ihre Finanzkraft war dabei höher als diejenige der Kommune Potsdam, und so hat der Staat nicht an den Staat, sondern an Privatleute verkauft. Bürgerinitiativen bildeten sich, Potsdam forderte ein Vorkaufsrecht ein, es wird prozessiert... Ich finde, ein Possenspiel!

3. In meiner Heimatstadt Fürstenwalde gibt es ein Jagdschlösschen der Preußenkönige, das wahrscheinlich völlig in Vergessenheit geraten ist. Schon Friedrich II. nutzte es nicht mehr und ließ es zu einem Magazin umbauen. Aber es ist ein historisches Gebäude und liegt in der Nähe der Spree auf einem großen Gelände, das die Stadt gern in ihre Konzeption eines Uferparks mit einbezogen hätte. Dafür ließe sich das alte Gemäuer und sein Umfeld sicher gut nutzen, während sonst natürlich die Verwendung und Unterhaltung solcher Gebäude nicht einfach ist, wenn es schon hinreichend viele andere kulturelle Veranstaltungsorte gibt. So gab es Planungen für die Beteiligung der Stadt an einer Landesgartenschau, die aber dann wohl auch an der Nichtverfügbarkeit dieses Gebäudes gescheitert ist. Es gammelt vor sich hin und bietet einen trostlosen, beschämenden Anblick. Man kann richtig darauf warten, wann Mauern einstürzen und das Dach einfällt. Der jetzige Besitzer hat es nach der Wende für einen Betrag erworben, den er vermutlich locker "aus seiner Portokasse" begleichen konnte. Ich habe das Gerücht gehört, dass er seinen Besitz durchaus an die Stadt abtreten würde, aber nur für ein stattliches Sümmchen... (das diese aber nicht locker hat). So versuchen Leute, ihren Reibach auf Kosten der Allgemeinheit zu machen.

4. Petersdorf, zwischen Fürstenwalde und Bad Saarow gelegen, hat einen sehr schönen See, den meine Frau und ich von vielen Spaziergängen her schätzen. Außerdem gab es dort bisher ein kinderfreundliches Freibad - mit zugehöriger Infrastruktur und Badwache - , das wir auch gern mit unserem Sohn genutzt haben. Damit dürfte jetzt Schluss sein! Denn möglicherweise wird das Bad nicht wieder eröffnet. Die Gemeinde hatte Fördermittel aufgetrieben, um die hinterwäldlerischen sanitären Einrichtungen zu sanieren, eine stattliche Summe. Sie kann aber wohl nicht verbaut werden, weil die Gemeinde sich nicht mit dem Besitzer des Sees einigen kann, dem auch die Uferzone zu gehören scheint. Kurios! Wahrscheinlich spielen hier persönliche Animositäten eine große Rolle, denn nach der Wende wurde auf dem See eine Wasser-Ski-Anlage gegen heftigsten Widerstand vieler Anlieger errichtet, für die der Betreiber einen Teil des Sees gekauft hatte. Mittlerweise gehört ihm wohl die ganze Fläche, wer weiß so etwas schon genau. Die Fronten sind verhärtet, leiden tun diejenigen, die gern weiterhin dort baden würden.

So ist das bei uns in Brandenburg, sicherlich in anderen Teilen Deutschlands nicht besser. Eigennutz geht in der Regel vor Allgemeinnutz und kann gerichtlich durchgesetzt werden.

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