Samstag, 30. Juli 2016

Vorbilder: Die Friedensarbeit des PCFF


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Aktueller Hinweis: Eine Ergänzung zu diesem Eintrag gibt es am 1.8.16! Die Gruppe hat den diesjährigen Menschenrechtspreis des AK Shalom für Gerechtigkeit und Frieden erhalten! 
 
Gestern besuchten meine Frau und ich eine bemerkenswerte Fotoausstellung im Willy-Brandt-Haus in Berlin: Gezeigt wurden Bilder von Israelis und Palästinensern, die eines gemeinsam haben: Angehörige von ihnen starben in den Auseinandersetzungen der letzten Jahre. Sie haben jedoch herausgefunden, dass die übliche Hass- und Rachespirale zwischen den Bevölkerungsgruppen zu nur noch viel schlimmerem Leid und weiteren Opfern ohne Ende führt. Nur Versöhnung und gegenseitiges Verstehen hält dagegen die Hoffnung auf ein friedliches Leben in der Region offen.

Die Betroffenen gründeten den Parents Circle. Families Forum  d.h. "Hinterbliebene palästinensische und israelische Familien für Frieden und Versöhnung". (www.theparentscircle.org)

Ich zitiere aus dem Jahresbericht 2015 dieser Gruppe:

Der Parents Circle - Families Forum (PCFF) - ist eine ganz besondere Organisation, die aus mehr als 600 israelischen und palästinensischen Familien besteht, die einen unmittelbaren Familienangehörigen durch den Konflikt verloren haben.

"Unsere langfristige Vision ist ein Versöhnungsprozess als wesentlicher Bestandteil einer zukünftigen Friedensvereinbarung. Wir können nicht länger mit politischen Vereinbarungen zufrieden sein, die nur vorübergehende Waffenruhen bewirken. Wir wollen einen nachhaltigen Frieden. Indem wir die Menschlichkeit "der anderen Seite" zeigen, legen wir das Fundament für Versöhnung. Wir möchten dazu beitragen, dass die Öffentlichkeit und politische Führungskräfte verstehen, dass Versöhnung möglich und unerlässlich ist, um das Blutvergießen zu beenden, weitere schmerzliche Verluste zu verhindern und einen dauerhaften Frieden zu erreichen."

In der Arbeit dieser Gruppe treffen Palästinenser und Israelis konkret zusammen, erzählen sich ihre Leidensgeschichten und unterstützen sich gegenseitig. In der Ausstellung werden einzelne Vertreter der Gruppe vorgestellt - bildlich, aber auch mit einem Text, der die komplizierte Vorgeschichte einschließt, bis die Betroffenen überhaupt in der Lage waren, in einer derartigen Gruppe mitzuarbeiten. Aus einem dieser Begleittexte möchte ich hier zitieren:

Es handelt sich um einen weißhaarigen 65jährigen jüdischen Mann, der seine Tochter verloren hat, Ben Kfir aus Askelon. Er berichtet von einer anfänglichen intensiven Phase von Trauer, Rache- und Sinnlosigkeitsgefühlen. Die Einladung zu dieser Gesprächsgruppe lehnte er anfangs vehement ab, aber irgendwann hörte er bei einem Treffen zu und machte die für ihn unerhörte Erfahrung, dass er sich erstmalig verstanden fühlte und einen  Ort für seine Trauer gefunden hatte:

"Diese wundervollen Menschen gaben mir einen Grund weiterzuleben. Mir wurde klar, dass die palästinensischen Geschichten und meine eigene Geschichte gar nicht so verschieden waren. Unsere Tränen schmecken gleich, unser Blut hat die gleiche Farbe. Ich fühle mich mittlerweile wohler in Gesellschaft eines trauernden Palästinensers als mit einem normalen israelischen Bürger. Wir wissen, was Verlust bedeutet oder der Schatten der Toten, die uns jeden Tag, jeden Moment unseres Lebens folgen. Aber ich bin kein wandelnder Toter mehr. Ich lebe für eine Sache; das ist es, was ich bei jedem Vortrag betone. Rache ist keine Antwort, weder für Israelis noch für Palästinenser. Sie wird nur immer mehr Tote bringen. Es ist nicht einfach, seine Wunden offen zu legen und sich jeden Tag vor so vielen Leuten zu exponieren, aber ich glaube heute, dass wir nur durch Massenversöhnung eines Tages Frieden schließen können.

Einfache Menschen wie ich sind diejenigen, die Frieden bringen können.

Die Anführer unterschreiben ihn nur."

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