Samstag, 13. Dezember 2008

Weihnachten naht ...

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Als kleiner Junge habe ich um diese Zeit herum immer ein neues Weihnachtsgedicht gelernt, vielleicht für die Schule, sicherlich auch fürs Aufsagen am 24. Das finde ich aus heutiger Sicht gut fürs Gedächtnis, gut fürs Gemüt und eine bleibende Erinnerung. Wenn ich mir diese Gedichte allerdings heute anschaue, so sind sie nach meinen erwachsenen Maßstäben überwiegend nicht gerade „große Literatur“, es „rumpelt und pumpelt“, Flöckchen fliegen, Glöckchen klingen, das Christkind tritt auf, also viel Harmonie und manchmal auch Edelkitsch. „Markt und Straßen stehn verlassen …“ von Eichendorff ist da z.B. schon eine sehr rühmliche Ausnahme.


Andere Ausnahmen waren wohl meinen Lehrern eher suspekt, vielleicht auch schlicht unbekannt. Ich habe sie erst später kennen gelernt und freue mich heute z.B. an dem zart spöttischen Unterton von „Altmeister“ Goethe, der mit dem Thema der drei heiligen Könige spielt:


Epiphaniasfest


Die heiligen drei Kön´ge mit ihrem Stern,

sie essen, sie trinken und bezahlen nicht gern;

sie essen gern, sie trinken gern,

sie essen, sie trinken und bezahlen nicht gern.


Die heiligen drei Kön´ge, sie kommen allhier,

es sind ihrer drei und nicht ihrer vier,

und wenn zu drein der vierte wär,

so wär ein heiliger drei König mehr.


Ich erster bin der weiß und auch der schön,

bei Tage solltet ihr mich erst sehn!

Doch ach, mit allen Spezerein

Werd ich mein Tag kein Mädchen mehr erfreun.


Ich aber bin der braun und bin der lang,

bekannt bei Weibern wohl und bei Gesang;

ich bringe Gold statt Spezerein,

da werd ich überall willkommen sein.


Ich endlich bin der schwarz und bin der klein

Und mag auch wohl einmal recht lustig sein.

Ich esse gern, ich trinke gern,

ich esse, trinke und bedanke mich gern.


Die heiligen drei König sind wohlgesinnt,

sie suchen die Mutter und das Kind;

der Joseph fromm sitzt auch dabei,

der Ochs und Esel liegen auf der Streu.


Wir bringen Myrrhen, wir bringen Gold,

dem Weihrauch sind die Damen hold,

und haben wir Wein von gutem Gewächs,

so trinken wir drei so gut wie ihrer sechs.


Da wir hier nun schöne Herrn und Fraun,

aber keine Ochs und Esel schaun,

so sind wir nicht am rechten Ort

und ziehen unseres Weges weiter fort.


GOETHE


Gefunden in: Das Weihnachtsbuch. Mit alten und neuen Geschichten, Gedichten und Liedern. Ausgewählt von Elisabeth Borchers. – Frankfurt am Main: Insel-Vlg. 1973. (= insel tb. 46). Darin S. 115-116.

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