Sonntag, 19. Februar 2017

Weltmacht Dummheit

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Am 15.1.17 schrieb ich über "postfaktisch", das "Wort des Jahres 2016", also über die moderne Form des Argumentierens jenseits tatsächlicher Fakten und veröffentlichter und nachprüfbarer Informationen. Diejenigen, die sich dieser Technik bedienen, allen voran Herr Trump, aber auch Pegida und Co. und manche anderen Populisten, scheren sich nur wenig um etwas so Abstraktes wie "Wahrheit", sondern ersetzten sie gegebenenfalls durch innere Überzeugung. Und die scheint so festgefügt zu sein, dass die Betroffenen sich keinerlei Lüge bewusst sind, sondern  "ihre" scheinbare "Wahrheit" als absolut setzen und auch in Diskussionen kaum von anderen Sichtweisen zu überzeugen sind. So habe ich jedenfalls mehrfach in Berichten gelesen über die Versuche, mit Pegida-Anhängern ins Gespräch zu kommen.

Wenn jemand sich so gegenüber neuen Informationen verschließt und nicht bereit ist, über seinen Tellerrand hinauszublicken und sein Wissen zu erweitern, früher nannte man das Lernen, ist er entweder in einem eigenen Wahngebilde versponnen oder ihm fehlt einfach die Intelligenz zum Lernen. So schlicht würde ich das benennen.

In einem anderen Zusammenhang habe ich wieder einmal in einem Roman gelesen, den ich seit meiner Studentenzeit kenne und schätze, nämlich in Hermann Kasacks "Die Stadt hinter dem Strom". Ich will mich jetzt nicht über die ungewöhnliche Handlung auslassen. In sie eingebettet sind aber philosophische Betrachtungen über das menschliche Leben und die kulturelle Entwicklung der Menschheit. So werden dort in der Stadt hinter dem Strom in einem Archiv sämtliche geistigen Äußerungen der Menschheit, die originell sind und über lange Zeit Bestand haben, gesichtet und aufbewahrt, bis sie ihre Gültigkeit verloren haben und zerfallen.

In den Äußerungen eines der Archiv-Mitarbeiter findet sich der folgende Halbsatz, den ich erhellend zu meinem Thema finde:

... "denn nicht die Lüge ist die große Gegenspielerin der Wahrheit, sondern die Dummheit."

Solche kräftigen Worte würde ich in eigener Verantwortung nicht gern in den Mund nehmen, schon um nicht als "Verleumder"  oder überheblich zu gelten. Aber wenn Klügere vor mir bereits solche Gedanken gefasst haben, schließe ich mich ihnen gerne an.

Zitat aus: Hermann Kasack: Die Stadt hinter dem Strom. - Frankfurt a.M.: Suhrkamp 1979. (= Bibliothek Suhrkamp 296). S. 73  [Der Roman erschien erstmalig 1947.]  

1 Kommentar:

EricaSta hat gesagt…

...finde mich in so manchen Sätzen wieder! Zeitgeist, Zeitgenossen und wir mittendrin...

Herzliche Grüßle von Heidrun