Sonntag, 4. Juli 2010

"Wir Schlappschwänze ... !?"

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Mein Sohn sieht gerade seinen sonntäglichen Märchenfilm. Darin eine Situation, die mir für das Männerbild in Märchen typisch erscheint: Die neue Königin beklagt sich bei ihrem (wiederverheirateten) Ehegemahl, er mache einen Kult aus den Erinnerungen an die verstorbene erste Königin. Sofort beugt er sich ihrem (durchaus verständlichen!) Ansinnen und lässt im Umfeld alle Andenken beseitigen. Das ist nur der Einstieg, denn natürlich hängt da noch etwas mit seiner Tochter aus erster Ehe dran, und man kann schon ahnen, dass sie zu den Königstöchtern gehören wird, die Schlimmstes von ihren Stiefmüttern zu erleiden haben, bis sie zum Schluss als Schönste und Leidensfähigste doch noch den Prinzen und das ganze Reich erhalten werden.

Soweit, so gut! Ich erinnere mich aber, dass dies eine immer wiederkehrende Melodie in vielen Märchen ist: Die Frauen sind stark, sowohl im Guten als auch im Bösen. Sie retten Geschwister unter Lebensgefahr ("Die sechs Schwäne") und bleiben ihrer Liebe treu, aber sie sind auch barbarisch zu Stiefkindern ("Aschenputtel" oder "Schneewittchen") und eigenen ("Hänsel und Gretel"), wenn es das eigene Überleben betrifft. Die Männer haben ihnen nur wenig entgegenzusetzen, passen sich schnell den Forderungen ihrer Frauen an und leisten keinen Widerstand, selbst wenn sie - völlig gegen ihr Gefühl - die geliebten Kinder auf Befehl der Frau im Wald aussetzen. Schlappschwänze ... ?!

Ob dies die Rache der Märchenerzählerinnen (denn es werden vermutlich eher Frauen als Männer die Märchen in der mündlichen Überlieferung weitergereicht haben) an ihrer gegenüber den Männern zurückgesetzten Frauenrolle gewesen ist, sozusagen ein früher Akt von Feminismus? Oder haben sie einfach Recht? Es heißt ja heutzutage häufiger, dass eigentlich die Frauen das stärkere Geschlecht seien - bei den Leistungen von Schülerinnen und Schülern in Deutschland bereits ein unumstrittener Fakt.

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