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Einen weiteren Leserbrief möchte ich heute ebenfalls in meinem Blog anführen. Auch diesmal handelt es sich um ein Schulthema, allerdings nicht im Hinblick auf Lehrer, sondern auf den Schultyp "Allgemeine Förderschule". Er stand bei der früheren Brandenburger Kultusministerin Frau Dr. Münch auf der "Abschussliste" in den Zeiten, als "Inklusion" zu einer Mode wurde. (Vgl. meine Anmerkung im Anschluss an den Leserbrief!) Mittlerweile wurde vieles von der Schulpolitik wieder zurückgerudert und die Allgemeinen Förderschulen dürfen noch weiterleben, haben es aber schwer ... Da mein Sohn eine solche Schule besucht, die für ihn als Autisten mit Lernproblemen die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen kann, die er an keiner anderen Schule vorfinden würde, habe ich mich in all seinen Schuljahren für diesen Schultyp engagiert und unterstütze dessen Fortbestehen. Er hat es bitter nötig, denn trotz aller anderslautenden Lippenbekenntnissen des Schulministeriums sieht es nicht gut für die Zukunft derartiger Schulen aus. In unserem Landkreis LOS wurde bereits eine Schule geschlossen und eine weitere ist in der "Gefahrenzone", sollte ihre Schülerzahl weiter absinken.
Mein Leserbrief handelt von den Problemen von Eltern, ihre Kinder überhaupt an unserer Allgemeinen Förderschule anmelden zu können, und von der Benachteiligung der auf ihr lernenden Schülerinnen und Schüler im Hinblick auf einen vernünftigen Schulabschluss. Ich habe ihn geschrieben an den Blickpunkt, eine in unserer Stadt Fürstenwalde/Spree erscheinende Wochenendzeitung, deren Redakteur ich auf einer Schulveranstaltung im Mai 2017 kennengelernt hatte.
Sehr geehrter Herr K.,
am 16.5.2017 lernten wir uns beim Pressefrühstück der
Kästner-Schule kennen, Sie als Vertreter des „BlickPunkt“, ich als
Schul-Elternsprecher. Die Pressevertreter zeigten sich überrascht von den
vielseitigen Angeboten der Schule mit den zahlreichen Projekten, die dort
durchgeführt werden. Mein Sohn weiß das seit neun Jahren zu schätzen, ebenso
die kleinen Klassen und die engagierten Sonderpädagoginnen der Schule. Für
viele Schülerinnen und Schüler ein anregender Schutzraum, in dem sie ihre
Fähigkeiten entfalten können, nachdem sie im sonstigen Schulbetrieb mit den
großen Klassenstärken eher Schiffbruch
erlitten hatten.
Aber so einfach ist es nicht, an diese Schule zu kommen!
Auch wenn vom Ministerium mittlerweile betont wird, dass die Allgemeinen
Förderschulen in ihrem Bestand nicht bedroht sind, solange Eltern sie für ihre
Kinder anwählen, ist es für viele Betroffene oft ein Hürdenlauf, die
langwierigen Förderausschussverfahren durchzustehen und ihr Kind wirklich bei
uns anmelden zu dürfen. Wirklich politisch erwünscht ist diese Schullaufbahn,
trotz aller Beteuerungen, in Zeiten der „Inklusion“ wohl nicht mehr …
Eine weitere Ungerechtigkeit besteht seit langem und
trotz vieler Klagen ist bisher keine Abhilfe geschaffen worden: Für die
Schüler unserer Schule gibt es immer noch keinen offiziellen Schulabschluss,
kein gesellschaftlich allgemein akzeptiertes Zertifikat nach 10 Schuljahren, es
sei denn, dass die allerleistungsstärksten noch Zusatzkurse zum Abschluss
besuchen. Resultat: Trotz erfolgreichem Lernen an der Schule bleiben die
meisten Schüler nach 10 Jahren „im Regen stehengelassen“ und gelten in der
offiziellen Schulstatistik als „ohne Schulabschluss“, eine große
Ungerechtigkeit, die ihre Leistung schmälert und die Chancen für eine
erfolgreiche berufliche Eingliederung in die Gesellschaft erheblich mindert. Viele
liefen gegen diese Ungerechtigkeit schon Sturm, aber es hat sich von Seiten der
Politik – und sie ist allein dafür
verantwortlich – bisher kaum etwas bewegt.
So sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf
das, was Sie über unsere Schule erfahren haben: Der beste Ort, an dem mein Sohn
lernen kann, gleichzeitig ein sehr vernachlässigter Ort der Schulentwicklung.
Mit bestem
Gruß
Anmerkung zur Inklusion: Ich wende mich nicht gegen diesen Ansatz! Er beruht auf einer hervorragenden Idee! Wie immer hapert es aber an den tatsächlichen Begebenheiten. Die Schulen, die inklusiv arbeiten wollen (mittlerweile heißt das bei uns in Brandenburg bescheidener "gemeinsames Lernen"), haben immer noch eine viel zu geringe Ausstattung für dieses Ziel. Gerade für Kinder mit Behinderungen reichen ihre Möglichkeiten oft nicht aus. So haben Eingangsklassen immer noch Klassenstärken um die 25 Kinder und es gibt zu wenig Sonderpädagogen und anderes Personal. In der Allgemeinen Förderschule meines Sohnes sind die Klassen nur mit 12 - 14 Schülern belegt und alle Lehrerinnen haben eine sonderpädagogische Ausbildung. Würden allen Schulen vergleichbare Bedingungen ermöglicht, könnte ich gerne auf den Schultyp "Allgemeine Förderschule" verzichten, aber das steht in den Sternen und unter den derzeitigen Bedingungen ist es gut und notwendig, dass es noch Schulen gibt, die für Kinder und Jugendliche mit besonderen Bedingungen einen Schon- und Schutzraum bieten, den sie an anderen Schule nicht vorfinden können.
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