Freitag, 1. Juli 2011

Meine Bücher

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Bücher sind mein Leben, so dachte ich jedenfalls bisher und handelte jahrelang danach: ich sammelte sie mit Leidenschaft. Das ist nichts Ungewöhnliches, denn ich habe schon viel in meinem Leben gesammelt, als Kind Briefmarken, später ebenso Mineralien und Versteinerungen, Schallplatten oder CDs mit klassischer Musik, auch schon Zeitungsausschnitte und Postkarten, immer aber mit Begeisterung und einem Sammlerherz, das es nach Vervollständigung seiner Sammlung drängte. So als würde ich dadurch das Leben an mich heranholen und konservieren können, wenn ich mich mit Schönem und Seltenem umgebe.

Aber Bücher waren dabei immer mein Schwerpunkt. Schon als Kind liebte ich meine Schätze, und ich kann mich noch daran erinnern, wie ich, schon etwas älter, in unser Warenhaus lief und mein Taschengeld in Taschenbuch-Remittenten umsetzte, die billig verramscht wurden. Das wurde nur kurzfristig unterbrochen, als die Mono-Schallplatten vom Markt genommen wurden und ich mir mit ihnen meine erste Musiksammlung „aufbaute“. So kam einiges bei mir zusammen, überstand verschiedenste Umzüge und wuchs und wuchs. Umzüge waren allerdings immer wieder einmal ein Anlass, meine Bestände zu sortieren und auch einmal mehrere Kisten Bücher auszusortieren. Aber meine Sammlerlust blieb davon unberührt und es störte mich kaum, dass ich nur wenige dieser Schätze richtig durchgearbeitet habe. Das erkennt man dann allerdings an zahllosen Bemerkungen und Textmarker-Anstreichungen in einigen Büchern, die habe ich wirklich „durchgekaut“. In vielen anderen Fällen aber war für mich ein Thema schon dadurch „gegessen“, dass ich mir ein kluges Buch darüber ins Regal stellte, so nach dem Motto: „Wenn ich es dann wirklich einmal etwas genauer wissen will, kann ich ja nachschlagen.“

Bei einigen Themen war ich (vorübergehend) tatsächlich „auf dem Laufenden“, vor 20 Jahren habe ich sämtliche Psychotherapie-Führer, die seinerzeit auf dem Markt waren, besessen und war stolz darauf. Mittlerweile haben mich die Bücherberge der Neuerscheinungen längst überrollt und mein Interesse hat sich stark gewandelt.

Dafür gab es vor vielen Jahren schon einmal einen ersten Anstoß. Ich bin ihm damals zwar noch nicht gefolgt, aber ich habe ihn niemals vergessen: Ich lernte einen Benediktiner-Pater kennen, der wie ein väterlicher Freund zu mir war und den ich eine Zeit lang häufiger in seinem kleinen Kloster besuchte. Auch er liebte Bücher. Wir lasen uns gegenseitig manchmal etwas vor. Er hatte seine Bücher mit Bleistift-Notizen gefüllt und fand seine Lieblingszitate sofort. Als ich ihn einmal in seinem Zimmer besuchen durfte, stellte ich fest, dass er nur ein einziges schmales Bücherregal darin besaß: Diese Bücher genügten ihm, er habe alle schon mehrfach gelesen. Mehr brauche er nicht. Er hätte früher auch mehr Bücher besessen, die hätte er alle an die Klosterbibliothek abgegeben. Und wenn ihm jetzt jemand ein Buch schenke, so würde er es nach dem Lesen entweder ebenfalls in die Bibliothek weiterreichen oder weiter verschenken. Mich erinnerten seine Worte an ein Gedankenspiel aus Selbsterfahrungsgruppen: „Was würde ich auf eine einsame Insel mitnehmen, wenn ich nur zwei Koffer mitnehmen dürfte …“

Dieses Bild von Wichtigkeit, die ein Besitz für mich haben müsste, damit ich ihn unbedingt bei mir behalten möchte, habe ich seither zwar nicht vergessen, aber erst in den letzten Monaten auch etwas davon in Taten umgesetzt: Meine Schwiegermutter hatte entdeckt, dass man bei Amazon eigene Bücher verkaufen kann. Bei vielen lohne es sich kaum, einige brächten aber tatsächlich einen guten Ertrag. Auch meine Frau versuchte es und war erfreut über manchen guten Verkauf. Lange sträubte ich mich, allerdings war ich immer neugierig, ob meine Bücher noch irgendeinen Wert besitzen oder weitgehend unverkäuflich sind und testete einige auf ihren erzielbaren Preis hin. Und seither verkaufe ich Bücher!!! Und trenne mich von manchen liebgewordenen Schätzen. Aber das stimmt ja gar nicht: Bücher, die mir wirklich etwas bedeuten, behalte ich natürlich. Das sind aber viel weniger als gedacht. Die vielen Titel, die ich mir früher nur mit dem Gedanken gekauft habe, zu diesem Thema müsste ich auch etwas besitzen, und die dann ungelesen im Regal verschwanden, sind mir meistens nicht mehr sehr wichtig, ich kann gut von ihnen lassen… So werden meine Regale langsam etwas leerer, die Übersichtlichkeit steigt und meine Erben werden später etwas weniger zu bearbeiten (und wegzuwerfen ) haben. Ich bin erstaunt über mich, wie wenig ich dies als Verlust erlebe, viel stärker als Erleichterung und mit dem Bedauern, dass so viele Titel offensichtlich unverkäuflich sind. Ich werde viele nur verschenken können oder ins Altpapier tun müssen.

Außerdem, was macht’s? Der nächste Sammler steht schon in den Startlöchern: Mein kleiner Sohn Paul Jakob hat sich diese Bücherliebe von seinen Eltern abgeguckt und besitzt selbst schon eine stattliche, immer mehr wachsende „Sammlung“!

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