Donnerstag, 13. November 2008

Leserbrief an die MAV zum Thema "Lohnspreizung"


Am 6. Oktober habe ich hier im blog ein Manuskript veröffentlicht, das für das Mitteilungsblatt meiner MAV bestimmt war. Auslöser war eine Demonstration in Berlin am 13.September 2008, zu der ver.di und die AGMV der diakonischen Einrichtungen in Berlin/Brandenburg/Oberlausitz aufgerufen hatten. Anfang November habe ich einen Leserbrief „nachgeschoben“, der noch einmal die Berechtigung unserer Forderungen von einem allgemeineren Standpunkt aus verdeutlichen soll.


Leserbrief an die MAV



Liebe MAV,


am 13.September waren wir ja mit einigen wenigen Leuten auf der AGMV- und Ver.di-Demo in Berlin. Über den weiteren Verlauf weiß ich nichts: Wie mag es mit unseren Forderungen weitergegangen sein? Da der Staat gerade den Banken Milliarden-Sicherheiten gewährt hat, wäre ein denkbares Szenario, dass dadurch noch weniger Geld für die Sozialkassen zur Verfügung steht und deshalb unsere diakonischen Arbeitgeber noch mehr Grund haben zu glauben, uns Gehaltserhöhungen verweigern zu dürfen.


Da packt mich schon die Wut, wenn ich folgende Beschreibung der Einkommenssituation in Deutschland lesen muss (die Fakten habe ich dem Leitartikel von Andrea Kocsis in der Ver.di-Zeitung „dabei sein“ vom Oktober 2008 entnommen):


„Lohnspreizung“ nennen Experten die Tatsache, dass sich die Einkommen der Besserverdienenden und einer immer größeren Zahl von Verlierern der wirtschaftlichen Entwicklung auseinanderdividieren. (Die Bahnvorstände lassen grüßen!! - Das war am 2.11. noch sehr aktuell, bei der Schnelllebigkeit der zwischenzeitlichen Ereignisse wird sicherlich schnell vergessen werden, dass die Bahnvorstände im Falle eines erfolgreichen Börsenganges beträchtliche Bonuszahlungen erhalten hätten. - ) Die Zahl der Niedriglohnbeschäftigten wird immer größer, mittlerweile gehört jeder Siebente Vollzeitbeschäftigte schon in diese Gruppe, die gegen alles Erwarten nicht nur unqualifizierte Arbeitskräfte umfasst, sondern zu 73,4% Menschen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder sogar einem akademischen Abschluss.


Bis 2006 haben nur noch die am besten Verdienenden Lohnzuwächse um 3,5% erzielen können, die Reallohnverluste hingegen reichten bis in die mittleren Einkommen hinein, die untersten Gruppen verloren sogar 13,7%! So gehören drei Viertel aller Arbeitnehmer zu den Verlierern der Einkommensentwicklung. Die Autorin interpretiert es als massive Ausdünnung der Mittelschicht.


Für Gewerkschaften ist gerade dies ein Grund, weiterhin unbeirrt deutliche Tarifsteigerungen zu fordern und nötigenfalls dafür zu kämpfen. Und für uns ??? Fürs Bravsein allein gibt es noch keine Treueprämien …


Herzliche Grüße von Jürgen Lüder

(am 2.11.08 geschrieben)

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