Sonntag, 9. November 2008

Hoffnung

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Heute ist der 9. November, ein Tag in Deutschland mit unterschiedlichem Antlitz: vor 70 Jahren die unfassbare Reichspogromnacht, vor 19 Jahren die Maueröffnung, zwei so unterschiedliche, aber grundlegende Daten der Zeitgeschichte. Anlässlich des Gedenkens des braunen Terrors 1938 zog heute ein Häuflein von Aufrechten, mit Lichtern in der Hand, gut geschützt von der Polizei, nahezu unbemerkt von der übrigen Bevölkerung, durch das dunkle Fürstenwalde.

Was bedeutet das für den Einzelnen? 1989 wurden zunächst wohl alle im Sog mitgerissen, wahrscheinlich setzte das Nachdenken und die Kritikfähigkeit bei einzelnen erst später wieder ein, denn die praktizierte Form der Wiedervereinigung war nicht die Lösung, die ihnen vorgeschwebt hatte. 1938 gehörte Mut, großer Mut dazu, als Einzelperson seine Empörung zu zeigen und zu protestieren, vielleicht war das auch schon aussichtslos und die bessere Strategie, seine Kräfte für andere Formen von Widerstand und Zivilcourage aufzusparen. (Wie hätte ich wohl gehandelt? Wie gut haben wir Nachgeborenen es, von solchen Gewissensprüfungen verschont geblieben zu sein!) Heute hingegen gehört offensichtlich gar kein Mut mehr dazu, dank Polizeischutz... Aber was ist die Wirkung? Verpufft nicht das Engagement, werden wir „Aufrechten mit den Lichtern“ nicht schon fast von „den anderen“ belächelt ob unseres Engagements? Aber vielleicht ist die heutige Form von Mut ja diejenige, „dennoch“ sagen zu können, nicht den bequemen Weg zu wählen und das Anderssein auszuhalten.


Ich lebe mein kleines Leben
und hoffe,
dass mir noch etwas Zeit bleibt,
meinen Verstand zu nutzen,
um mehr zu begreifen,
was um mich ist,
mich an Schönem
zu freuen
und für das Leben
zu kämpfen.

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