Dienstag, 20. Dezember 2011

Inklusion: geht so etwas überhaupt in unserer neoliberalen Gesellschaft?

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Inklusion: das große Thema im Schul- und Behindertenbereich der letzten Zeit. Auch ich habe mich schon mehrfach dazu geäußert, zumal es die irgendwann von Schließung bedrohte Allgemeine Förderschule meines Sohnes mit betrifft.

Theoretisch eine feine Sache, aber in der bisherigen Durchführung in Deutschland eher eine Angelegenheit, bei der Beteiligte in der Gefahr stehen, auf der Strecke zu bleiben, seien es betroffene Schüler oder sich verausgabende Lehrer, da die Rahmenbedingungen fast nirgendwo befriedigend sind und mit den notwendigen Geldern für mehr und besser ausgebildetes Personal geknausert wird.

Vordergründig hapert es "an der Knete", aber ist das wirklich das einzige tragende Element für alle Probleme? Mir kommen da mittlerweile manchmal Zweifel. "Inklusion" heißt ja im Klartext nichts weiter, als das jeder Mensch (und nicht nur Behinderte) so angenommen und gefördert wird, dass er so, wie er ist, einfach dazugehört, seine Fähigkeiten anerkannt werden und jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten das Leben der Allgemeinheit bereichert. Ohne wenn und aber und mit der Maßgabe, dass Kinder und Jugendliche im Schulalter gleichwertig auf dieses gesellschaftliche Leben vorbereitet werden.

Das ist vom Menschenbild her eine Revolution!! Denn es widerspricht völlig den Gepflogenheiten, die sich in unserer neoliberalen Zeit im Leben und Denken der Menschen breit gemacht haben. Wo kommen wir hin, wenn alle eine gleichwertige Teilhabe am Leben fordern? Wo wir doch gelernt haben, dass Konkurrenz das Lebenselixier unserer Gesellschaft ist, in der es allen allmählich zur Gewohnheit geworden sein sollte, durch Ratings/Rankings/Zensuren in "gute", "weniger gute" und "kaum noch gute" Schüler, Studenten, Hochschulen, Mitarbeiter ... einsortiert zu werden. Und Reichtum und Macht haben ja schließlich auch ihre Rangordnung ... Und dann so ein Konzept, bei dem die "Habenichtse" (in welcher Hinsicht auch immer) gleichwertig neben allen anderen stehen sollen. Das muss ein neoliberales Gewissen schockieren, denn wo bleibt hier noch der Gewinn für den Tüchtigen, der alle anderen hinter sich gelassen hat?

Vielleicht ist das alles ironisch verzerrt, ich kann aber nicht davon ablassen, dass "Solidarität" in unserem Lande nach den großen importierten "Verbesserungen" der Margaret Thatcher und des Ronald Reagan als Wert sehr heruntergekommen ist. Aber wie soll ein Konzept wie die Inklusion funktionieren, wenn es nicht von einem solidarischen Unterbau getragen wird?

[Es passt nur indirekt zu den vorgetragenen Argumenten, stand aber am Anfang meiner Assoziationskette für diesen Beitrag: Bei einem Spaziergang kam ich an der hiesigen Geschäftsstelle der BARMER vorbei, die sich jetzt BARMER/GEK nennt, nachdem sie eine kleinere Krankenkasse "geschluckt" hat. Offiziell nennt sich dieser Vereinigungsprozess anders, die Wahrheit dürfte aber so sein, dass in einem "Bereinigungsprozess" nur noch die großen und finanzkräftigen Krankenkassen überleben können. Kapitalismus in Reinkultur! Und das in einem Bereich, der für die Daseinsfürsorge für alle da sein und deshalb eine reine dienende Funktion für die Bevölkerung haben sollte, mit der Idee einer solidarischen Umverteilung der Gesundheitsrisiken auf alle! Ökonomie über alles! Da ich gerade über Inklusion nachdachte, war der Schritt zu meiner obigen Gedankenkette geboren.]

1 Kommentar:

GG hat gesagt…

Was soll den das ständige Gerede von neoliberaler Gesellschaft? Die Liberalen waren der Freiheit verpflichtet, Neo"liberalismus" hat dagegen mit verstärkter Regulierung zu tun: siehe Bundesnetzagentur, siehe Handwerksordnung, siehe überhaupt: Schulen! Welcher Liberale käme auf die Idee, ein öffentliches staatsfinanziertes Schulwesen zu propagieren und, anders als im Strafvollzug, wo die Strafmündigkeit überhaupt erst mit 14 Jahren beginnt und vor Strafe eine zu sühnende Tat stehen muss, zehn Jahre bei Strafe in eine Schulbank zu zwängen?