das du tun kannst,
ist viel.
Albert Schweitzer
Jürgens Blog
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Ein Jubiläum! Das 100. Zitat, das ich unter dieser Rubrik auf meinen blog setze! Welches ist dieses Platzes „würdig“? Eine eher unsinnige Frage, weil ich alle Vorangegangenen ebenfalls „würdig“ finde. Ich habe mich dann für die folgende Aussage von Bertrand Russell entschieden, weil ich sie mir schon vor langer Zeit aufgeschrieben habe. Russell war damals ein wichtiger Vordenker für mich, um mir meine Position gegenüber dem Christentum und Religion überhaupt klar zu machen und hat mich in der Ansicht verstärkt, dass auch alles „nur“ Diesseitige sehr wertvoll und lebenswert sein kann. Ihm gebührt ein Ehrenplatz!
Das Glück ist wahr, auch dann, wenn es ein Ende finden muss, und auch das Denken und die Liebe verlieren nicht ihren Wert, weil sie nicht ewig währen.
Bertrand Russell
Aus: Bertrand Russell: Woran ich glaube. – In: Bertrand Russell: Warum ich kein Christ bin. Rororo 1019/1020. S. 57 – 93. Zitat S. 62.
[In meiner Sammlung seit dem 31.12.1976.]
Lange habe ich mich nicht mehr zu politischen Themen geäußert. Dabei gibt es genug Veranlassung dafür! Das Thema „Krise“ und „Krisenkosten“ ist in der Öffentlichkeit anscheinend vom Tisch, offiziell regt sich - jedenfalls wie es für mich erkennbar wäre -niemand mehr darüber auf und entsprechend geschieht auch nichts, um künftigen Finanzkrächen vorzubeugen. Im Klartext: Im „Casino“ wird wieder kräftig Geld verdient und die Allgemeinheit hat nichts davon, sie darf nur demnächst die Kosten der Bankenrettung abstottern! Empörend!
Ver.di legt aber wieder den Finger in diese nicht wirklich verheilte Wunde. Ich übertrage im Folgenden den Text von „ver.di. Wirtschaftspolitik aktuell. Nr. 2, Januar 2010“ (http://wipo.verdi.de – wirtschaftspolitik@verdi.de) auf meinen blog!
Die Zocker sollen zahlen!
„Es gibt nichts zu verteilen“ meint Innenminister de Maizière zum Auftakt der Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Die Forderungen der Gewerkschaften seien „maßlos“. Bankenrettung und Krise treiben die Verschuldung des Staates in Rekordhöhen. Gleichzeitig machen Banken und ihre Manager schon wieder richtig Kasse. Etwa die Deutsche Bank: 1,4 Milliarden Euro allein im 3. Quartal 2009.
Obama will „jeden Cent eintreiben, den die Banken den Steuerzahlern schulden“. Er will die „riesigen Gewinne und obszönen Boni“ mit einer Sonderabgabe belegen. Auch die Briten und die Franzosen wollen eine Sondersteuer auf Bonuszahlungen für Bankmanager.
Und die deutsche Regierung? Die hält sich vornehm zurück. Gleichzeitig kündigt Finanzminister Schäuble harte Einschnitte und Kürzungsmaßnahmen ab 2011 an.Zu unseren Lasten! Die CDU verlautbart zwar, sie sei für eine Finanztransaktionssteuer. Aber nur weltweit. Bisher sträuben sich die USA dagegen. So kann man folgenlos dafür sein.
Es muss Schluss sein mit diesen Ausreden. Wir brauchen Taten statt Worte. Die Banken sollen das Geld zurückzahlen, mit dem sie gerettet wurden. Mit höheren Steuern auf Bankengewinne, Managergehälter, Boni und einer Finanztransaktionsteuer. Das Casino muss geschlossen werden.
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Eva Tenzer hat in der aktuellen Ausgabe von Psychologie Heute (Januar 2010) einen Artikel unter dem Titel „Permanent online: Wie die neuen Medien das Leben verändern“ (S. 32 – 36) veröffentlicht, in dem sie Vorzüge, vor allem aber auch Gefahren der immer rasanter anwachsenden Internetnutzung darstellt. Ist unser Gehirn überhaupt für eine solche Datenflut gebaut? Welche sozialen Konsequenzen haben die neuen Internetdienste wie „Twitter“ und „Facebook“ und all die anderen Möglichkeiten? Sie hat die Meinungen einiger Koryphäen zusammengetragen und mit dem Psychotherapeuten Götz Mundle ein Interview geführt. Ich zitiere hier einige Stellen, in denen mir die aufscheinenden Probleme besonders gut dargestellt erscheinen:
- Was da auf allen Diensten an uns herangetragen wird, ist eine gewaltige Datenmenge: „Die Crux an der Sache: Um die Rosinen herauszupicken, muss man sich durch eine Menge Datensalat hindurcharbeiten.“ (S. 33)
- Günter Weick und Wolfgang Schur verstehen die Attraktivität der Botschaften darin, dass sie eine Art „Steinzeitreflex“ aktivierten. „Neue Informationen, das hat uns die Evolution gelehrt, sind lebenswichtig. Wir können deshalb nicht anders, als beim Auftauchen einer neuen Nachricht den Eingangskanal automatisch ein- und alle anderen Prozesse auf Standby zu schalten.“ (S. 34)
- Alle Experten seien sich einig, dass das Gehirn Ruhepausen brauche, um Aufgaben optimal zu bewältigen. Werde man durch eingegangene Nachrichten ständig aus der aktuellen Tätigkeit gerissen, leide auf Dauer die Konzentration. (S. 34)
- Die dann eintretenden Auswirkungen benennt besonders Ernst Pöppel: „Wenn man kontinuierlich sozial vernetzt ist und sich keine Zeit mehr für sich selbst nimmt, zum eigenen Nachdenken, dann können sich keine kreativen Prozesse entfalten. Wir vernichten unsere kreativen Potenziale durch den Terror der Kommunikation“. (S. 34) Und: Ein echtes Multitasking könne es aufgrund unserer Hirnorganisation nicht geben. (S. 35)
- Noch schwerwiegender scheinen aber die sozialen Wirkungen zu sein, wenn Pöppel als Gefahr sieht, dass Nutzer zunehmend in einer virtuellen Welt leben, zu „funktionellen Autisten werden und nicht mehr in der Lage sind, in der Wirklichkeit einem Gegenüber in die Augen zu schauen. Der Verlust an empathischen Bezügen scheint mir durchaus möglich.“ So könne aus der Sicht von Sozialpsychologen das Internet niemals reale Beziehungen ersetzen, und es bestehe die Gefahr, dass mancher Nutzer dauerhaft in einer Pseudowelt lebe. (S. 35)
- Diese Befürchtung wird noch verstärkt durch die folgende Äußerung von Gerald Hüther: “Wenn jemand ständig im virtuellen Raum kommuniziert, hat es offenbar mit den realen Beziehungen nicht geklappt. Jemand, der drei gute Freunde hat und täglich sieht, braucht keine Internetplattformen.“ (S.35)
Im Folgenden zitiere ich jetzt die Kernaussagen von Götz Mundle aus dem abschließenden Interview, das vieles noch einmal „auf den Punkt“ bringt (alles S. 36):
- Grundsätzlich bieten sie [die neuen Internetplattformen, J.L.] hervorragende Möglichkeiten, sich zu vernetzen. Wie bei jeder neuen Technik liegt die Gefahr im exzessiven Umgang. Wir bemerken, dass im Onlinezeitalter viele Menschen die Fähigkeit verlernt haben, geistig und seelisch offline zu gehen, also abzuschalten, sich zu besinnen und die Seele baumeln zu lassen.
- Seelische Gesundheit entsteht nicht durch das Immermehr, sondern eher durch das bewusste Immerweniger. Aber das haben viele Daueronliner verlernt.
- Süchtiges Verhalten ist oft eine Kompensation für den Mangel an Verbundenheit mit anderen und sich selbst. Manche Menschen stürzen sich in das mediale Dauerfeuer, um persönliche Probleme zu verdrängen. Statt auf ihre innere Stimme und Warnsignale ihres Körpers zu hören, betäuben sie sich. In der Therapie stellen wir fest, dass die Antworten und Lösungen in den Patienten verborgen liegen, jedoch ganz häufig mit Müll aus dem Internet zugeschüttet sind.
- Die neuen Medien erfordern neue Wege des Stressmanagements und der Entspannung: geistigen Leerlauf, Übungen der Stille, Zeiten der Kontemplation. Wer online sein möchte, muss auch aktiv offline gehen können. Hierfür sind aktive Innenschau und die Kommunikation mit den eigenen Bildern notwendig.
- Künftige Generationen werden sicher einen noch unverkrampfteren Umgang mit den neuen Medien haben. Dennoch: Notwendig wird die Fähigkeit sein, auch ohne diese Medien leben zu können. Allerdings wird die Geschwindigkeit eher noch zunehmen, der Arbeitsstress weiter steigen. Die Zahl derjenigen, die da nicht mehr mithalten können, nimmt zu. Das macht es umso wichtiger, diese Fähigkeiten zu trainieren.
Eva Tenzer hat dies sehr ernst genommen und deshalb ihrem Artikel fünf „Strategien gegen den Infostress“ beigefügt (S. 34). Wer sie lesen möchte, möge sich den ganzen sehr instruktiven Artikel im Original beschaffen. Es lohnt sich!
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Ein schönes Zitat zum Wochenbeginn!
Bücher lesen, heißt wandern gehen
in ferne Welten,
aus den Stuben, über die Sterne.
Jean Paul
Gefunden in: Kurt Franz: Lesen macht stark. dtv junior 7919.
(In meiner Sammlung seit dem 10.11.1980.)
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Meine neueste „Lesefrucht“, frisch gepflückt!
Leben ist jetzt
Die Kunst des Älterwerdens
Älter werden wir von alleine. Zu wissen, wie man auf gute Weise älter wird, das ist eines der schwierigsten Kapitel der Lebenskunst. Aber wir können es lernen. Darum geht es: Das Leben nicht auf später verschieben, sondern das tun, was jetzt ansteht. Gelassenheit entwickeln im Vertrauen darauf, was man schon alles bewältigt hat. Dunkle Seiten akzeptieren lernen. Die hellen Seiten genießen. Sich in Dankbarkeit einüben.
Die Kunst des Lebens besteht darin, sich dem inneren Wandlungsprozess des Lebens zu überlassen. In dieser Kunst können wir uns jeden Tag üben. Leib und Seele sind wichtig, Beziehungen, aber auch Sinnfragen. Der Blick auf das Alter verschärft nur die Fragen, die eigentlich für das ganze Leben gelten. Leben ist jetzt. Und wir leben ja schließlich nicht, um jung zu bleiben, sondern um alt zu werden.
Gefunden als Klappentext von: Anselm Grün: Leben ist jetzt. Die Kunst des Älterwerdens. – Freiburg u. a.: Herder 2009.
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Ein schönes Zitat zum Wochenbeginn!
Wer die Liebe hat,
dem kann vieles fehlen.
Wem die Liebe fehlt,
dem fehlt alles.
MARTIN BUBER
Gefunden auf einem Kalenderblatt, kein Datum, keine Quelle
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Wandlung ist angesagt! Auch diese berühmten Goethe-Zeilen gehören zu meinen Lieblingszitaten und haben einen Ehrenplatz in meiner Sammlung.
Lange hab´ ich mich gesträubt,
Endlich gab ich nach:
Wenn das alte Ich zerstäubt,
Wird das neue wach.
Und solang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde!
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.
JOHANN WOLFGANG v. GOETHE
Aus dem „West-östlichen Divan“.
Zitiert nach: Josef Rattner (Hrsg.), Menschenkenntnis durch Charakterkunde, Hamburg 1983, S. 234.
[in meiner Sammlung seit dem 19.1.1985]
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Vor Monaten habe ich mir dieses Stichwort notiert und wollte unbedingt darüber schreiben. Was löst es heute in mir aus? Wenn ich über Tage hinweg nicht an den Computer gehen kann und etwas für meinen Blog schreibe, fehlt mir mittlerweile zutiefst etwas. Als wäre etwas in mir stecken geblieben, was nicht heraus kann. Aber es ist auch meine Form von Selbstbestätigung: wenn ich schreibe, denke ich und Nebelhaftes wird fassbarer. In den meisten Fällen gefällt es mir sogar. Ich bin wieder präsent, für mich selbst erlebbar und mein eigener Fels in der Brandung herumschwirrender Gedanken.
Vielleicht haben andere Menschen ganz andere Herangehensweisen, um immer wieder ein positives Gefühl für sich aufzubauen, vielleicht gibt es ja auch Glückliche, bei denen es dauerhaft vorhanden ist. Für mich ist dies jetzt aber meine Form von Selbstvergewisserung!
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In meinem letzten Blog über „Wende-Kinder“ (9.1.2010) wurde für mich deutlich, dass junge Leute fest in ihrem Jetztzeit-Rahmen stecken. Er ist für sie Realität und Bewertungsmaßstab gleichzeitig. Wie sollte es auch anders sein, haben sie doch kaum gelebte Lebenszeit-Geschichte hinter sich gebracht, die emotional Spuren in ihnen hinterlassen und mehr als eine Perspektive eröffnet haben könnte.
Allmählich begreife ich dieses Faktum und lerne es zu akzeptieren. Es ist so gegenläufig zu meinem eigenen Lernprozess, mich zunehmend mehr für Berichte aus älteren Zeiten zu interessieren und mir dabei die Relativität von Lebensperspektiven, Zielsetzungen und Bewältigungsstrategien für das „kurze Erdenleben“ verschiedenster Menschen aus unterschiedlichen Bedingungen heraus klar zu machen. Dabei suche ich nach Vorbildern für mich selbst und nach Hinweisen, was von diesen Einstellungen auch Generationen und Zeiten übergreifend weiterhin Bestand haben könnte und nicht nur eine vorübergehende Laune der jeweiligen Zeit-Mode ist.
Früher habe ich von Älteren häufiger gehört, dass sie gerne Biographien lesen, auch von Menschen aus früheren Jahrhunderten. Ich habe das manchmal „mild belächelt“, wenn meine Mutter z.B. über irgendeine deutsche Gräfin aus der Romantik-Epoche etwas las und mir davon vorschwärmte. Das wird voraussichtlich auch weiterhin nicht meine Lektüre sein, aber ich habe jetzt viel mehr Verständnis für ihre Vorlieben – rückwärts gewandt, in (vermeintlich) heilere Zeiten, denn sie hatte die Schrecken der Flucht 1945 miterlebt. Mein erwachtes historisches Interesse schließt allerdings gerade solche schlimmen geschichtlichen Ereignisse ein, dafür bin ich zum Ausgleich in meinem eigenen Leben von einer vergleichbaren Dramatik bisher verschont geblieben.
Wenn ich hierüber nachdenke, fällt mir ein Erlebnis aus meiner Fachschullehrer-Zeit wieder ein, das mich damals schon sehr nachdenklich gemacht hat. Es liegt etwa fünf Jahre zurück. Im Zusammenhang mit der Präsentation eines älteren Films über das Leben von Janusz Korczak im Kulturzentrum unserer Stadt gab es eine Vorführung, in der der Regisseur des Films, ein mittlerweile stark ergrauter älterer Herr, anwesend war und anfänglich über die Entstehungsbedingungen des Films berichtete bzw. plauderte. Für mich eine hoch spannende Angelegenheit!! Meine durchwegs schon etwas älteren Schüler, mit denen ich gemeinsam zu dieser Vorführung gegangen war, berichteten hingegen hinterher einhellig, dieser völlig überflüssige Vorspann sei furchtbar langweilig gewesen und sie hätten die ganze Zeit über nur darauf gewartet, dass endlich der Film gestartet wird.
So können Perspektiven voneinander abweichen!
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Die Dinosaurier werden immer jünger!!
Im SPIEGEL 48/09 v. 23.11.09 schreibt der SPIEGEL-Reporter und Autor Matthias Matussek noch einmal über seine Erlebnisse im Ost-Berlin von 1989, insbesondere über die prominenten Wende-Mitgestalter, die er seinerzeit interviewt hat. Er hat sie in den letzten Monaten noch einmal aufgesucht und schildert, darauf basierend, die Veränderungen in 20 Jahren.
Sein Lebensthema!? Immerhin hat er kurz danach seine Ehefrau im Osten kennengelernt, mit der er gemeinsam einen 15jährigen Sohn hat. Das erinnert mich daran, dass ich ohne die Wende niemals ins Land Brandenburg gezogen wäre und meine Frau nie getroffen hätte und es entsprechend unseren kleinen Sohn nicht gäbe. Ich kenne Herrn Matussek nicht, vermute aber doch, dass er bei den erwähnten biographischen Stationen jünger ist als ich vom Jahrgang 1947, deshalb die Vorbemerkung.
Neben vielen hochinteressanten Passagen in diesem Artikel finde ich besonders bemerkenswert, was Matthias Matussek über den Umgang der Nach-Wende-Generation mit den Ereignissen von 1989 schreibt, sicherlich im Einklang mit seinen Erlebnissen mit seinem eigenen Sohn und dessen Alterskameradinnen und Kameraden.
Mich hat es so nachdenklich gemacht, dass ich die Schlusspassage aus seinem Artikel hier zitieren möchte:
Meine Frau und ich haben 1991 geheiratet. Unser Sohn ist 15. Er hört die alten Geschichten wie Legenden aus grauer Vorzeit, in der es noch keine virtuellen Welten und kein YouTube gab, und das gilt für die alte BRD genauso wie für die alte DDR.
Wo beide geblieben sind? Sie sind in die neuen Biografien eingegangen, in die der Einheitsgeneration. Für die ist die Frage, ob nun der Westen den Osten geprägt hat oder umgekehrt, völlig uninteressant geworden. (A.a.O. S. 151).
Ist die „Halbwertszeit“ des Bedeutungszerfalls geschichtlicher Ereignisse schon so weit gesunken? Ich glaube Matthias Matussek das nur teilweise. An der Oberfläche mag er recht haben, derartige Fragen werden kaum Gesprächsstoff unter Jugendlichen sein, eher schon die Frage, in welcher Region Deutschlands sie nach einer erfolgreichen Ausbildung/Studium noch die besten Chancen haben, einen halbwegs gut bezahlten Job zu finden. (Junge Frauen sollen z.B. weiterhin eher in westliche Bundesländer umziehen.) Aber sind die jungen Leute wirklich so frei vom Leben ihrer Altvorderen?? Die umfangreiche Literatur über die Nachwirkungen der NS-Zeit und der Kriegs- und Fluchterlebnisse auf die Kinder- und Enkelgeneration der unmittelbar Betroffenen zeigen etwas anderes.
Einschneidende Ereignisse – und das dürfte die Wende für alle Älteren in der DDR gewesen sein – hinterlassen Spuren im Gemüt der Betroffenen, die sie g a r a n t i e r t gefühlsmäßig in irgendeiner Form an ihre Kinder und Enkel weiterreichen, die sie großziehen und beeinflussen. Ebenso sind ja auch nicht alle Erzieherinnen, Lehrkräfte und Uni-Dozenten „ausgewechselt“ worden und werden deshalb ihre gefühlsmäßige Stellungnahme, sicherlich oft damit ihre Verunsicherung und auch Entwurzelung, ebenfalls weitergegeben haben und geben. Bis so etwas "den Erzogenen" auffällt und bearbeitet wird, können allerdings Jahrzehnte vergehen.
Ohne Kenntnis der Zeit, aus der wir kommen, ist die Gefahr sehr groß, dass wir die Fehler unserer Vorfahren wiederholen! Das haben schon viele kluge Leute betont. Auch der jetzt aufwachsenden Generation wird diese Wahrheit irgendwann „auf die Füße fallen“, wenn sie sie nicht wahrhaben will. Dafür sind die jungen Leute aber wahrscheinlich wirklich noch zu jung…
Und wie sieht es mit dem Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schulen aus? Sicherlich ist es für Lehrer mühsam, Inhalte zu behandeln, für die sich Kinder und Jugendliche nicht sonderlich interessieren. Aber gerade hier in meinem Wohnort Fürstenwalde gab es schon völlig gegenläufige Ereignisse! Die Ortszeitung berichtete von der Eingabe einer Gymnasiastin, die sich darüber beschwerte, dass in ihrem Geschichtsunterricht viel zu wenig Zeit für die Behandlung der DDR-Vorgeschichte gewesen sei, d.h. die Lehrer hätten dieses wichtige Thema nur unvollständig behandeln wollen oder können. Sie ist mit dieser Kritik an die Öffentlichkeit gegangen und hat wohl sogar einen Brief an das einschlägige Ministerium geschrieben. Leider habe ich diesen Vorfall nicht weiter verfolgt und kann deshalb nicht über Reaktionen informieren. Jedenfalls dürfte doch, zumindestens bei einigen jungen Leuten, ein Interesse dafür vorliegen, jenseits von Legenden genauere Kenntnis über die jüngste Vergangenheit zu erlangen. Das macht mich hoffnungsfroh!
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Als ich ein kleiner Junge war, so in den 50er Jahren, machte mein Vater am Wochenende gerne Fahrradausflüge mit uns um unseren damaligen Heimatort herum. Damit wir uns nicht verfuhren und auch noch ein paar neue Wege kennenlernen konnten, kaufte er eine Umgebungskarte mit genauem Maßstab, damals wohl noch eine Kostbarkeit. Vielleicht war mein Vater aber auch nur sparsam, praktisch und auf längere Zeit vorausdenkend: Er ließ nämlich diese Karte auf Leinen aufziehen, so dass sie an den Kanten nicht mehr verschleißen konnte. Eine teure Maßnahme, aber diese Karte hielt dadurch auch ewig. Ich erinnere mich noch an die Pausen auf unseren Radtouren, auf denen es Bonbons gab, ich nach Steinen suchte, die die Eiszeit dort hinterlassen hatte (sozusagen meine kindliche kleine Geschiebesammlung) und mein Vater diese Karte studierte, um die Route für die Weiterfahrt zu finden. Manchmal diskutierte er dann auch mit meinem Bruder und mir über die beste Strecke.
Irgendwann wurden mir diese Touren jedoch als Jugendlicher „zu eng“ und mein armer Vater musste dann alleine fahren. Geblieben ist mir aber sein Vorbild, selbst den Weg zu suchen und meine Route auf einer Karte nachzuvollziehen. So hat es auch heute für mich noch einen Reiz, mir auf einer Karte meine augenblickliche Umgebung „einzuverleiben“, in den Ferien, manchmal aber auch im Alltag, daneben der Stolz, ohne fremde Hilfe Orte und Straßen selbst zu finden und ein Ziel eigenständig zu erreichen.
Ich will nicht arrogant sein, auch wenn meine folgenden Worte leicht so auszulegen sind. Aber ich erlebe es schon als Kränkung, dass meine jahrzehntelange Übung und der dabei investierte Grips heutzutage „auf den Müll der (Technik)Geschichte“ gehört! Denn in der Gegenwart findet „Hinz und Kunz“ ohne irgendwelchen intellektuellen Aufwand beliebig zu den kompliziertesten Stellen. Man muss ja nur die gesuchte Adresse in den Router eingeben, alles weitere richtet dann schon der Computer!
Praktisch ist so ein Gerät durchaus, das habe ich als Beifahrer auf Autotouren in mir unbekannten Gegenden schon miterlebt. Aber irgendwie geht es mir doch „gegen die Ehre“, und so studiere ich für meine eigenen Bedürfnisse weiterhin Karten, unverbesserlich! Außerdem: kann man sich nur aufgrund von Router-Meldungen so etwas wie eine innere „Landkarte“ errichten und eine Gegend wirklich einprägen? Tägliche Wege werden sich durch die Gewohnheit einschleifen, aber größere Zusammenhänge dürften verloren gehen oder garnicht erst entstehen. Auch ein Bildungselend.
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Allen aktiven, aber auch allen kalten Kriegern, Zornmütigen, auf Rache sinnenden echten oder vermeintlichen Opfer ins Gästebuch geschrieben! Aber das trifft viel zu kurz. Wenn ich mich selbst ernsthaft prüfe, habe ich Veranlassung genug, mich ebenfalls gemeint zu fühlen. Es wird eine tiefe Wahrheit in diesen Buddha-Worten angesprochen, fast zu schwer für durchschnittliche Menschen, sie in Taten umzusetzen. Dabei zeigt der Zustand dieser Welt, wie sehr unser menschliches Weiterbestehen geschweige denn eine kulturelle Weiterentwicklung von der Verwirklichung derartiger Maximen abhängig sein wird. Und – niemand muss weit dafür gehen, es gibt aktuell auch hinreichend viele Beispiele hier bei uns selbst in Deutschland und in Brandenburg …
Lebensweisheit
Niemals in der Welt wird der Hass
durch den Hass vertrieben.
Niemals wird unter den Menschen die Gewalt
durch Gegengewalt beendet.
Niemals können wir Verletzungen durch Rache
und Vergeltungen wiedergutmachen.
Es bleibt uns nur der Weg der Versöhnung,
der Weg des Loslassens und der Verzeihung.
Dies ist die tiefe Weisheit des Lebens.
Dhammapada 5f. (Sammlung von Buddha-Sprüchen)
Gefunden im Publik-Forum newsletter 9/2009 v. 11.12.2009.
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Das folgende Zitat könnte gleichermaßen auch als Jahresmotto, nein: als Lebensmotto dienen!
Das Große ist nicht, dies oder das zu sein, sondern man selbst zu sein!
SÖREN KIERKEGARD
Gefunden in einem Werbe - Flyer für eine Selbsterfahrungswoche im Elbsandsteingebirge 2009
In jedem Jahr verschicken meine Frau und ich im Dezember einen Brief an Freunde und Verwandte, dem wir u.a. auch einen kurzen besinnlichen Text beifügen, um mit ihm allen Empfängern ein kleines Weihnachtsgeschenk zu machen. In diesem Jahr haben wir dafür eine kurze Geschichte selbst geschrieben, die von unserem Sohn Paul Jakob handelt. Mehreren Freunden und Verwandten hat sie so gefallen, dass sie sich ausdrücklich für diese Zeilen bedankt haben. Wahrlich ein Grund für mich, sie auch in meinen blog zu setzen!
Das Kamel
Ausgerechnet ein Kamel! Warum kein Weihnachtsengel oder einer von den Hirten? Nein, ein Kamel will er sein, das Kamel, das die Heiligen Drei Könige auf ihrer Suche nach dem Stern und der Krippe nach Bethlehem begleitet hat.
Das ist Paul Jakobs Wunsch für das diesjährige Krippenspiel, an dem er teilnehmen darf, weil er jetzt als Schüler auch zur Christenlehre geht.
Wir werden also als Eltern gespannt auf seinen Auftritt sein, wenn am Heiligen Abend die große Krippenspiel-Inszenierung im Familiengottesdienst im Fürstenwalder Dom vorgeführt wird. Vor hunderten von Augen wird unter den vielen Engeln, Hirten, Maria und Josef, dem Jesuskind, Caspar, Melchior und Balthasar auch ein Kamel auftreten, unser Paul Jakob! Hätte er sich nicht ein einfacheres Kostüm auswählen können? Zwei kleine Flügelchen bei den Engeln sind doch viel leichter anzukleben als zwei große Höcker … Nun, es sind noch einige Wochen bis dahin, kommt Zeit, kommt Rat …
Und: hat er nicht auch eine gute Wahl getroffen – fern ab der üblichen Gleise?
Kamele haben nämlich viele löbliche Eigenschaften: Sie sind gesellig und verträglich, sie sind genügsam und haben einen langen Atem und können lange, lange durchhalten, wenn sie die Wüste mit wenig Trinken tagelang durchlaufen. Fleißig sind sie dabei auch, gute Lasttiere und auch zum Reiten wohl geeignet. Was wollen wir mehr? Dabei sind sie zwar gutmütig, aber auch manchmal eigenwillig, auf jeden Fall haben sie den Kopf oben und können weit sehen, denn sie sind groß und stark.
Ist da nicht viel gemeinsam mit Paul Jakob? Auch er bewegt sich auf seinen eigenen Gleisen, denn er hat eine Entwicklung hinter sich fernab üblicher Wege. Angesichts dieser Schwierigkeiten hat er in seinem Leben schon einen langen Atem gezeigt.
So halten wir Kamele und Paul Jakob wunderbar dafür geeignet, Geschenke zum Jesuskind zu bringen: nach alter Tradition Weihrauch, Gold und Myrrhen, das ist doch was!
Ein tolles Tier! Wer hat da gerade gesagt „Du altes Kamel“ oder „Du Trampeltier“? Welch Unfug und welche Gemeinheit und Verkennung der Wirklichkeit!
Wir sind stolz auf Paul Jakob! Was kann uns Besseres zu Weihnachten passieren als: Zwei Höcker!