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Bericht von einer Demonstration, die von der AGMV (Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen) diakonischer Einrichtungen in Berlin-Brandenburg-Oberlausitz mit Unterstützung der Gewerkschaft Ver.di am 18.5.09 veranstaltet wurde
Ein alter Hut? Immerhin ist seit diesem Ereignis schon einige Zeit vergangen. Ich habe damals an dieser Demo teilgenommen und meiner alten MAV (Mitarbeitervertretung) versprochen, über dieses Ereignis noch einmal einen Bericht zu verfassen. Es haperte dann bei mir an der Technik mit der Übermittlung von Fotos, da brauche ich als „Dinosaurier“ noch Nachhilfe. Heute habe ich aber wenigstens mein Manuskript fertiggestellt, das ich zeitgleich an meine ehemalige MAV schicke.
Nach der Demo v. 18.5.09 ist vor der nächsten …
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Auch wenn jetzt schon etwas Zeit seit dieser Demonstration vergangen ist, möchte ich dennoch einen kurzen Bericht darüber verfassen und einige Fotos von damals anfügen. Denn so, wie sich uns die Situation darbietet, wird dies noch lange nicht die letzte erforderliche Demonstration sein, um den Anliegen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in unserem diakonischen Bereich BBO [Berlin – Brandenburg – Oberlausitz] Nachdruck zu verleihen und Verbesserungen zu erzielen!
Konkretes Anliegen war es am 18.5., der Dienstgeberseite im AK (arbeitsrechtliche Kommission) die Zusage zu einer Einmalzahlung abzuringen. Überfällig wären natürlich auch prozentuale Lohnerhöhungen, denn unser Diakonie-Distrikt hinkt allen anderen im Lande weit hinterher… Immerhin hat es aber mittlerweile mit der Einmalzahlung über eine Zwangsschlichtung geklappt; das zeigt aber auch, dass die Verhandlungssituation zwischen Dienstnehmer- und Dienstgeberseite bis zum Zerreißen gespannt ist und wahrscheinlich auch bleiben wird.
Die Diakonie darf bekanntlich nach eigenen Spielregeln leben. Die in anderen Bereichen des Arbeitslebens üblichen Tarifverträge mit Gewerkschaften gibt es nicht (der sog. „zweite Weg“), stattdessen sollen in paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommissionen Dienstgeber und Dienstnehmer sich über tarifliche Fragen einigen, zunehmend mit Sand im Getriebe und äußerst frustrierend für die Dienstnehmerseite (der sog. „dritte Weg“). Immer wieder versuchen Einrichtungen, diese ohnehin eher „lasche“ Möglichkeit der Mitbestimmung auszuhebeln und „nach Gutsherrenart“ auf dem „ersten Weg“ mit autoritären einseitigen Festlegungen Tarifliches zu regeln. Dies abzuwehren, bedeutet für die Dienstnehmerseite in den Kommissionen einen ständigen aufreibenden Kampf.
So wurde auf der Demo zur Warnung der „dritte Weg“ symbolisch zu Grabe getragen. Ob er in der Realität noch eine Zukunft hat? Seit 2002 hat es in Berlin – Brandenburg – Oberlausitz keine nennenswerte Tariferhöhung mehr gegeben. Redner auf der Versammlung schätzten den Verlust an Realeinkommen auf 10% … Es soll mittlerweile nicht selten sein, dass Diakonie-Mitarbeiter eine Hartz-IV-Aufstockung beantragen müssen. Besonders dramatisch ist die Situation in den völlig unterfinanzierten Diakoniestationen.
Die Zukunft diakonischer Mitarbeiter - immerhin über 50.000 in unserem Bereich!! – dürfte eindeutig nur darin liegen, sich stärker den Gewerkschaften gegenüber zu öffnen und sich z.B. bei Ver.di zu organisieren. Ohne deren organisatorische Hilfe hätte auch diese Demo ziemlich schwach ausgesehen.
Zwar erschien bei der Abschlusskundgebung vor dem Gebäude des Diakonischen Werks in der Paulsenstr. in Berlin-Steglitz sogar der Dienstgebervertreter Herr Rosenberg (eine Aufwertung der Demonstration, denn bei früheren, an denen ich teilgenommen hatte, hatte sich kein Vertreter der Arbeitgeberseite dazu „bequemt“, mit den protestierenden Dienstnehmern zu reden), aber Perspektiven ergaben sich daraus auch nicht, eher ein „Austausch“ der üblichen Pro- und Contra-Argumente.
Abschließend haben wir alle das folgende Lied gesungen, das auf den AGMV-Demos schon Tradition hat. Es folgt in der Melodie dem bekannten „Danke für diesen Morgen…“:
Danke
Danke für unsre Arbeitsplätze
Danke für die Geborgenheit
Danke für all das Wertgeschätzte
und die Leiharbeit
Danke für unsre Lohnerhöhung
Danke, das ist fünf Jahre her
Danke, doch seit die Preise klettern
reicht uns das nicht mehr
Bitte, dass genug Knete da wär
Bitte für unsre Arbeitskraft
Bitte – wir hoffen, Euch ist klar wer
Euch das Geld ranschafft
Bitte, wir ham auf Lohn verzichtet
Bitte, das hamwer gern getan.
Bitte – Ihr konntet jahrelang
auf unsern Knochen sparn
Schluss jetzt – es geht um unser Essen,
Schluss jetzt mit der Bescheidenheit
Schluss jetzt – wir wollen angemessnen
Lohn für die Arbeit.
Da ich mittlerweile „auf dem Altenteil“ sitze, bekomme ich die tariflichen Auseinandersetzungen in der Diakonie nur noch mit zeitlichem Abstand mit. Ich wünsche allen Kolleginnen und Kollegen Durchhaltekraft für weitere Aktionen! Lassen Sie Sich nicht unterkriegen! Organisieren Sie Sich gewerkschaftlich! (Der nicht vermeidbare Beitrag schließt immerhin eine Rechtschutzversicherung für alle arbeitsrechtlichen Probleme mit ein, sehr beruhigend in diesen Zeiten!)
Vergessen Sie nie: Sie tun eine sehr wertvolle Arbeit, aber schenken tut Ihnen dafür niemand etwas, wenn Sie nicht selbstbewusst selbst einen angemessenen Teil am „großen Kuchen“ fordern! Arbeitgeber und Politiker werden Sie immer wieder darauf hinweisen, dass dieser „Kuchen“ leider nicht wachsen kann oder sogar schrumpfen muss, da er von der Gesellschaft nicht länger im bisherigen Maße finanzierbar ist. Das ist eine Lüge!!! Es gibt z.B. von Ver.di hervorragende Konzeptionen, wie sich in unserem Land der Staat – d.h. wir !! – deutlich verbesserte Einnahmen verschaffen kann, die für verbesserte soziale Leistungen zur Verfügung stehen würden. Im September ist Bundestagswahl! Die Parteien unterscheiden sich deutlich erkennbar bei solchen Fragestellungen!!!
Mit freundlichen Grüßen Jürgen Lüder
(Dieser Artikel wurde, allerdings mit anderen Fotos, veröffentlicht in "MAV-Aktuell der Samariteranstalten Fürstenwalde, Ausgabe 2/09, Oktober 2009")